„Nach Corona kommt hoffentlich die Goldgräberstimmung“
Dehoga-Chef Hämmerer ermutigt Restaurants, einen Lieferservice anzubieten - Auch für Minijobber soll es Unterstützung geben
- Im Umgang mit der CoronaKrise zeigt sich die Gastro-Branche kreativ. Viele Betriebe bieten ihren Gästen einen Liefer- oder Abholservice an. Im Gespräch mit Redakteurin Eva Stoss lobt der Dehoga-Vorsitzende des Ostalbkreises, Dagobert Hämmerer (67), die Initiative unserer Zeitung „Bringt zusammen“. Er hofft für die Restaurants und Hotels in der Region auf eine Art „Goldgräberstimmung“, wenn nach dem Stillstand alle wieder öffnen dürfen.
Wie ist die aktuelle Situation der Gastronomie in der Region? Bisher war das größte Problem, dass niemand wusste, was nun gilt. Bund, Land und der Dehoga haben unterschiedliche Dinge gesagt: Die einen dürfen öffnen, die anderen nicht. Für uns war der Dehoga maßgeblich. Zum Glück gibt es jetzt eine klare Linie. Wir hier in Baden-Württemberg sind jetzt gut versorgt mit Informationen. Jeder weiß, was zu tun ist, jede Gaststätte hat zu gemacht.
Was bedeutet das jetzt konkret?
Die Gaststätten sind geschlossen, Hotels dürfen ihre Gäste nur noch auf den Zimmern verpflegen, gemeinsame Gasträume darf es nicht mehr geben.
Hotels dürfen also geöffnet haben?
Ja, Übernachtungen sind noch möglich, allerdings nur geschäftliche, die notwendig sind für die Wirtschaft. Vereinzelt gibt es noch Monteure, die in den stillgelegten Betrieben jetzt Maschinen warten oder aufstellen. Doch es kommt aber kaum noch etwas nach.
Was könnnen die Betriebe tun?
Viele Gastronomen haben bereits reagiert, sie bieten einen Lieferservice an oder auch die Möglichkeit, das Essen selbst abzuholen. Das Portal Ihrer Zeitung bietet uns dafür tolle Möglichkeiten. Hier können alle Gasthäuser und Restaurants ihren Service kostenlos anbieten. Ich habe in einer Rundmail alle Mitglieder angeschrieben, mir ihre Website und E-Mail-Adresse zu schicken. Wir wollen möglichst viele Mitglieder im Ostalbkreis in diese Aktion einbinden. Wir sind rührig. Mein Kollege, Martin Hald vom Landgasthof Hirsch in EllwangenNeunheim, und ich sind die treibenden Kräfte, die neben ihrem eigenen
Betrieb versuchen, die Branche nach vorne zu bringen.
Sind die ganzen Maßnahmen gut umsetzbar?
Sicher. Wir sind froh, dass es jetzt eindeutige Anweisungen gibt - alles ist zu, ob städtisches Café oder Landgasthof. Jeder Wirt hat die Möglichkeit sein Essen im Lieferservice oder To go anzubieten. Er kann es in Einmachgläsern, Dosen, vakuumverpackt oder in Styropor-Boxen herausgeben - ob fertig gekocht oder nur vorbereitet. Kreativität ist gefragt und die Wirte sind kreativ.
Reicht das, um die nächsten Monate überstehen zu können?
Wichtig ist, dass jetzt alle an einem Strang ziehen. Die Gäste können uns unterstützen, indem sie ihr Lieblingsessen bei den Lokalen vor Ort bestellen. Das Finanzamt spielt mit und stundet alle Steuern bis Ende des Jahres, die Berufsgenossenschaft setzt die Beiträge aus. Die Hausbanken geben günstige Kredite und informieren über Fördermöglichkeiten. Kredite werden von der Bürgschaftsbank bis 80 oder 90 Prozent besichert. Über hohe Beträge bis 250 000 Euro wird in maximal drei Tagen entschieden. Das ist doch ein Wort.
Sie klingen sehr zuversichtlich?
Ja, weil sehr viel getan wird, alle helfen zusammen. Die Zuschüsse, die jetzt an die kleinen Betriebe fließen, abhängig von der Zahl der Beschäftigten, verschaffen uns Luft. Allerdings zählen Minijobber nicht mit, die fallen hinten runter. Sie bekommen auch kein Kurzarbeitergeld. Es ist uns ein Anliegen, dass diese Kräfte auch unterstützt werden. Der Dehoga ist an dem Thema dran.
Also, alles nicht so dramatisch?
Doch, das ist es. Schon im Februar hatten viele Gastronomen Rückgänge bis zu 70 Prozent, das hat eine Mitgliederbefragung ergeben. Der Tourismus
liegt am Boden und die Restaurants trifft es hart: das Ostergeschäft fällt weg, Kommunionen und Konfirmation, Firmung alles bricht weg. Auch das Tagungsgeschäft entfällt. Umsätze, die wir jetzt nicht machen, holen wir nicht nach oder nur zum Teil. Es wird Existenzen kosten. Gerade auf dem Land, wo wir das Wirtshaus-Sterben haben, werden Betriebe aufgeben, die sowieso schon mit vielen Widrigkeiten kämpfen. Für die könnte Corona der Todesstoß sein.
Gibt es ein Leben nach Corona?
Wir hoffen auf Goldgräberstimmung. Viele Gäste werden gerne wieder unter Leute gehen und sich im Restaurant verwöhnen lassen. Wir hoffen, viele Hochzeiten, Taufen, Kommunionen werden im Herbst nachgeholt. Wir werden uns alle für die Gäste sehr anstrengen und den Tourismus wieder aufleben lassen.
Was ist jetzt wichtig?
Wir rufen unsere Mitglieder zur Solidarität auf. Vor allem sollten sie jetzt nicht in einen Preiskampf gehen und damit eine Abwärtsspirale in Gang setzen. Unsere Produkte sind gut und sind ihr Geld wert.