Arrivederci, Ferrari!
Der viermalige Formel-1-Weltmeister geht am Saisonende – wohin, bleibt die Frage
Die Liaison verlief anders als erhofft. Nun kündigte Sebastian Vettel an, dass er Ferrari nach Ablauf dieser Saison verlassen wird. Der viermalige Formel-1-Weltmeister konnte bei den italienischen Traditionsrennstall weder die Herzen der Fans noch allzu viele Rennen gewinnen.
Wohin ihn sein Weg nun führen wird, ist offen. Sogar über ein Ende der Formel-1-Karriere des 32-Jährigen wird spekuliert.
(SID/dpa) - Die Liebe ist erkaltet, die Beziehung nachhaltig gestört: Der viermalige Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel und Ferrari gehen nach sechs gemeinsamen Jahren zum Saisonende 2020 getrennte Wege. Beide Seiten wurden sich bei den Gesprächen über eine Verlängerung des auslaufenden Vertrages nicht einig – die Differenzen zwischen dem Deutschen und der stolzen Scuderia sind zu groß geworden.
„Um in diesem Sport das bestmögliche Ergebnis einzufahren, ist es für alle Parteien wichtig, in perfekter Harmonie zu funktionieren“, sagte Vettel: „Das Team und ich sind zu der Erkenntnis gekommen, dass der gemeinsame Wunsch, über die Saison hinaus weiter zusammenzuarbeiten, nicht mehr besteht.“
Vettels Projekt, wie sein Idol Michael Schumacher beim berühmtesten aller Rennställe den WM-Thron zu besteigen, könnte schon in gut einem halben Jahr endgültig scheitern. Nach 103 Grand Prix und 14 Siegen für die Roten fehlte Vettel offenbar die Anerkennung.
Finanzielle Aspekte hätten bei der Entscheidung keine Rolle gespielt, auch wenn Ferrari das Vertragsangebot an Vettel wohl an deutliche Gehaltseinbußen gekoppelt hat. Große Uneinigkeit soll bei der Laufzeit des neuen Kontrakts geherrscht haben. Ferrari soll Vettel nur eine Verlängerung
„Was in den letzten Monaten passiert ist, hat viele von uns dazu gebracht, darüber nachzudenken, was unsere wahren Prioritäten im Leben sind.“
Sebastian Vettel
für ein bis zwei Jahre angeboten haben. Zuletzt hatte Vettel vielsagend darauf hingewiesen, bisher „Drei-Jahres-Verträge unterzeichnet“zu haben: „Jetzt bin ich zwar älter, ich fühle mich jedoch nicht alt.“
Scuderia-Teamchef Mattia Binotto sagte, es habe keinen spezifischen Grund für die Trennung gegeben, außer dem gemeinsamen Glauben, „dass die Zeit gekommen ist, getrennte Wege zu gehen, um unsere jeweiligen Ziele zu erreichen“. Die Fronten sind also offenbar verhärtet. Vettels junger Teamkollege Charles Leclerc, der Vettel bei Ferrari überflügelt hat, zollte dem 32-Jährigen Respekt: „Es war mir eine große Ehre, mit dir in einem Team zu fahren. Wir hatten einige heikle Situationen auf der Strecke, aber der Respekt war immer da.“
Wie es ab 2021 mit Vettel weitergeht, ist unklar. Dem Renault-Werksteam wird ebenso wie McLaren Interesse am Deutschen nachgesagt, allerdings scheint auch ein Abschied aus der Formel 1 nicht unmöglich.
Er werde sich nun Zeit nehmen, um über seine Zukunft nachzudenken. Auch die Auswirkungen der CoronaKrise dürften dabei eine Rolle spielen.
„Was in den letzten Monaten passiert ist, hat viele von uns dazu gebracht, darüber nachzudenken, was unsere wahren Prioritäten im Leben sind“, sagte Vettel.
Die Priorität in der nahen Zukunft liegt bei Vettel auf der Saison 2020, die wegen der Corona-Pandemie noch immer nicht gestartet ist und Anfang Juli ohne Zuschauer beginnen soll. Dann beginnt Vettels Abschiedstour – und die letzte Chance auf den ersehnten Titel mit den Italienern. Mit Vettels Abschied nimmt derweil das Fahrer-Karussell Fahrt auf. Zur Saison 2021 wird das neben Mercedes begehrteste Cockpit der Formel 1 frei. Als Kandidaten gelten Daniel Ricciardo oder Carlos Sainz.
Auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff schloss ein Engagement Vettels nicht aus. „Mit Blick auf die Zukunft sind wir in erster Linie gegenüber unseren aktuellen Fahrern zu Loyalität verpflichtet“, sagte der Österreicher auf die Frage, ob man versuche, Vettel zu verpflichten: „aber wir können diese Entwicklung natürlich nicht außer Acht lassen“. Wolff lobte Vettel als großartigen Fahrer und große Persönlichkeit, er sei „für jedes Formel-1Team eine Bereicherung“.
McLaren-Pilot Sainz könnnte wiederum Vettel beerben, der Vertrag des 25-jährigen Spaniers läuft ebenfalls aus. Zu Spekulationen über eine Vettel-Verpflichtung wollte sich McLaren nicht äußern – Teamchef Andreas Seidl und Vettel schätzen sich seit der gemeinsamen Zeit bei BMW-Sauber. Vettel hatte 2007 in den USA sein Formel-1-Debüt im BMW gefeiert.