Experte Lauterbach kontra DFL-Konzept
Spieler und Trainer müssen sich in der Bundesliga auf ungewöhnliche Neuerungen einstellen
(SID) - SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat scharfe Kritik am Hygienekonzept der Deutschen Fußball Liga (DFL) geübt. „Spieler werden doch nicht begreifen, dass sie auf dem Platz alles dürfen, derweil sie in der Kabine nichts dürfen“, sagte Lauterbach am Mittwoch. Dies sei eine „schizophrene Position“. Das von der DFL erarbeitete Konzept bezeichnete Lauterbach als „löchrig“. Am Samstag nimmt die Bundesliga den Spielbetrieb wieder auf.
(SID) - Erling Haaland schaut noch einmal kurz auf und nimmt Maß. Dann saust sein wuchtiger Linksschuss in die Maschen – doch anstatt nach seinem DerbyTreffer vor der bebenden Südtribüne mit seinen Mitspielern eine Jubeltraube zu bilden, freut sich der Ausnahmestürmer von Borussia Dortmund allein. Keine Umarmung, kein Abklatschen. Dafür ein flüchtiger Ellenbogenkontakt oder kurzes Füßeln. So oder zumindest so ähnlich könnte es aussehen, wenn am Wochenende auf dem Platz Tore gefeiert werden. Doch diese Vorgabe des Hygienekonzepts ist beileibe nicht die einzige Neuerung, auf die sich Fußballfans beim Neustart der Bundesliga einstellen müssen.
Gewöhnungsbedürftig dürfte vor allem der Anblick von Trainern und Wechselspielern mit Mundschutz werden, denn an der Seitenlinie herrscht in der sogenannten technischen Zone coronabedingte Maskenpflicht. Die Trainer dürfen den Nasen-Mund-Schutz nur zum Rufen von Anweisungen bei eingehaltenem Mindestabstand abnehmen, die Spieler beim Warmlaufen.
Leipzig-Coach Julian Nagelsmann kündigte bereits an, das Tragen eines Mundschutzes im Training zu simulieren, „weil das in der Koordination schon etwas abverlangt. Kurz bevor ich anfangen will zu schreien, muss ich den Mundschutz runterziehen und kurz nachdem ich aufhöre, muss ich ihn wieder aufsetzen.“
Auch bei den Spielerwechseln könnte es am Wochenende zu einem Novum kommen. Bis zu fünf Wechsel statt bisher drei pro Team sind im Gespräch. Die DFL zeigte sich bereits aufgeschlossen, final darüber entschieden werden soll auf einer Mitgliederversammlung der 36 Proficlubs am Donnerstag.
Möglich macht den neuen Wechselwucher ein Vorschlag der Regelhüter des International Football Association
Board (IFAB), das den Weg für eine solche Regel wegen des erwarteten höheren Spielaufkommens in den kommenden Wochen frei gemacht hatte. Die neue Regel kann ab sofort in allen Wettbewerben, die bis zum 31. Dezember 2020 abgeschlossen werden, angewendet werden.
Auch Nagelsmann begrüßte die Aussicht auf mehr Wechselmöglichkeiten: „Vom Grundsatz her halte ich schon etwas davon, weil man mehr einwirken und die Belastung besser steuern kann.“Mit Blick auf den Spielfluss bleiben die Chancen zum Auswechseln aber gleich. Jedem Team stehen während der regulären Spielzeit maximal drei Gelegenheiten für Auswechslungen zur Verfügung, so soll übermäßiges Zeitspiel verhindert werden.
Als durchweg positiv dürften die meisten Zuschauer das neue Spuckverbot wahrnehmen. Denn im Zuge der Hygieneverordnung bekommt eine der unappetitlichen Begleiterscheinungen des Fußballs die Rote Karte. Spieler werden aufgefordert, nicht mehr auf den Platz zu spucken. Rudelbildungen sind nach den neuen Corona-Vorgaben ebenfalls untersagt. Nicht nur nach Toren.
Und dann ist da noch eine Neuerung, die zwar nur im Ausnahmefall greift, aber ebenfalls eine Zäsür bisher unerreichten Ausmaßes darstellt. Beim Wiederbeginn der Saison könnte es zu Heimspielen in fremden Stadien kommen, sollte dies aus rechtlichen, organisatorischen oder sicherheitstechnischen Gründen erforderlich sein. Laut der Tagesordnung für die Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga sollen die 36 Proficlubs bei dem virtuellen Treffen am Donnerstag die entsprechende Satzungsänderung beschließen, wonach die DFL einen Wechsel des Spielortes anordnen kann.
Merkwürdige, und lange unvorstellbare, neue Fußballwelt.