Warum man sich vor Abschluss von Versicherungen unbedingt Zeit nehmen sollte:
Dr. Peter Grieble, der bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg unter anderem für das Thema Versicherungen zuständig ist, hat den Fall auf Nachfrage unserer Zeitung eingeordnet. Laut Grieble zeichne sich die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) von Sabine Bauer in erster Linie durch eines aus: einen schwachen Tarif mit tückischen Klauseln.
Zu solchen Fußangeln in einem BU-Vertrag zählten zum Beispiel Verweisklauseln, wie etwa der Hinweis: „Die vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren Beruf
auszuüben (...) “
Wie Grieble erklärt, seien solche „Fallstrickklauseln“früher weit verbreitet gewesen. Noch heute gelte: Wer eine BU abschließt, sollte genau darauf achten, dass solche Formulierungen nicht im Vertrag auftauchen.
Wobei der Verbraucherschützer anmerkt, dass sich diese Klauseln vor Gericht schon oft als „eher stumpfes Schwert für die Versicherer“erwiesen hätten. Denn: Der von der Versicherung angemahnte neue Job müsse in Sachen Gehalt, soziales Prestige und Ausbildungsanspruch ähnlich sein. „Und da beginnt meistens das
Gebäude der Versicherer einzustürzen“.
Das Richterrecht in Deutschland habe gezeigt, dass Versicherer mit dieser Klausel nicht so ohne Weiteres durchkommen. „Richter haben oft allzu dreiste Verweisversuche der Versicherer gestoppt“, so Grieble.
Für den konkreten Fall aus Ellwangen sei das alles aber womöglich gar nicht so bedeutend. Denn laut Grieble könne niemand dazu gezwungen werden, unter starken Schmerzen zu arbeiten. Ob nun als Zahnmedizinische Fachassistentin. oder als Bürokraft. Der Experte empfiehlt aus diesem Grund, einen sogenannten Versicherungshonorarberater einzuschalten, der die Chancen vor Gericht objektiv einschätzt. Je nachdem, wie diese Einschätzung ausfällt, könne danach ein Fachanwalt hinzugezogen werden. Abschließend betont Peter Grieble, dass der Fall von Sabine Bauer „die ganze Dramatik“aufzeige, die sich in vertraglichen Klauseln von Versicherungen verstecken kann.
„Es ist deshalb wirklich wichtig, sich bei Vertragsabschluss Zeit zu nehmen. Heute kann man im Internet ja innerhalb von zwei Minuten einen neuen Versicherungsvertrag abschließen. So etwas ist in bestimmten Versicherungssparten, zum Beispiel bei der Berufsunfähigkeit, auf gar keinen Fall zu empfehlen.“(rim)