Nichts verstanden
Seit Monaten schon gibt es einen Wettlauf unter Wissenschaftlern. In fast jedem Land der Welt suchen Forscher nach Erkennt- nissen über das neuartige Coronavirus und die Krankheit Covid-19. Und auch wenn am Ende die Menschen in allen Ländern von den Ergebnissen profitieren sollen, zeichnet sich schon ab: Deutschland steht in diesem Wettlauf enorm gut da. Zwar kommen nicht die meisten Studien von deutschen Forschern, dafür aber die mit der höchsten Qualität.
Das hat etwas mit Geld zu tun und mit den guten Strukturen hierzulande. Am Ende hängt es aber auch an jedem einzelnen Wissenschaftler. Deshalb ist es so wichtig, dass sich jetzt Forscherkollegen mit Christian Drosten solidarisieren, nachdem die „Bild“-Zeitung versucht hat, eine Kampagne gegen den Virologen von der Berliner Charité loszutreten. Zurecht wehren sie sich dagegen, von der
Boulevardzeitung instrumentalisiert zu werden. Ungewöhnlich offensiv bestreiten sie, dass Drosten „grob falsch“gelegen und Erkenntnisse verschwiegen hat. Und selbst dort, wo sie Drosten widersprechen, tun sie das nicht, um einen Gelehrtenstreit vom Zaun zu brechen. Sie führen die Debatte, um Argumente und Wissen gegeneinander abzuwägen, so zu bestmöglichen Ergebnissen zu kommen und anschließend möglichst schnell möglichst viele Leben zu retten. Dazu gehört es übrigens auch, Wissensstände zu korrigieren, wenn sie nicht mehr von Fakten gedeckt sind. Das alles ist natürlich unübersichtlich und auch fürchterlich unbequem. Doch nur so kann Wissenschaft funktionieren. Wer das nicht sieht, der hat ihr Wesen schlicht und einfach nicht verstanden. Oder – warum auch immer – nicht verstehen wollen.