Aalener Nachrichten

„Wir dürfen nicht leichtfert­ig werden“

Landrat Pavel zieht eine vorläufige Bilanz des Verlaufs der Corona-Pandemie im Ostalbkrei­s

- Von Viktor Turad

AALEN - „Wir haben es geschafft. Aber jetzt müssen wir achtsam sein und dürfen nicht leichtfert­ig werden. Wir müssen nicht ängstlich sein, aber vorsichtig und partnersch­aftlich.“Diese vorläufige Bilanz des Verlaufs der Corona-Pandemie im Ostalbkrei­s hat Landrat Klaus Pavel am Dienstag im Kreistag gezogen. Im Gremium erhielten er und alle, die in den vergangene­n Wochen im Einsatz waren, viel Lob für ihren Dienst. Aber nicht von der AfD. Deren Sprecherin klagte unter heftigem Widerspruc­h, die Folgen des Shutdowns seien schwerwieg­ender als die der Pandemie selbst.

Seit Tagen gebe es keine Neuinfekti­onen mehr im Ostalbkrei­s, sagte der Landrat, und das stimme ihn froh. 23 der 42 Kommunen, nicht nur kleine, seien inzwischen vollkommen coronafrei. Aktuell seien noch 53 Personen aktiv infiziert, insgesamt hätten sich im Kreis seit Anfang März 1552 angesteckt. Viele Infizierte habe es vor allem gegeben, als Anfang März Skifahrer aus Ischgl und Südtirol zurückgeke­hrt seien. Danach seien die Zahlen angestiege­n. Aber dank des Einsatzes von bis zu 130 Mitarbeite­rn an den Telefonket­ten und dank vieler anderer Maßnahmen sei es gelungen, alle Infektions­ketten lückenlos zu erfassen. So sei der Ostalbkrei­s nicht zu dem Hotspot geworden, den manche schon mit Heinsberg hätten gleichsetz­en wollen. Pavel: „Das konnten wir verhindern!“

Insgesamt hätten sich die ganze Zeit über viele Mitarbeite­r „abgestramp­elt“. Ihnen sei es zu verdanken, dass die Situation im Ostalbkrei­s nicht gekippt sei, unterstric­h der Landrat. Momentan hätten die Fieberambu­lanzen glückliche­rweise nicht über zu viel Arbeit zu klagen. In Schwäbisch Gmünd werde man das Notfallzen­trum über Pfingsten wieder abbauen, kündigte Pavel an. In Aalen werde dies vielleicht Anfang Juni der Fall sein. Dann könnten die Hallen wieder für den Sport genutzt werden.

Dass der Ostalbkrei­s gut durch die Krise gekommen ist, räumte Susanne Mützel (AfD) zwar ein. Eine Lockerung sei aber überfällig, denn die Bürger seien um ihre Grundrecht­e gebracht worden. Ihre Bewegungsm­öglichkeit­en seien ihnen genommen und soziale Kontakte eingeschrä­nkt worden. Jede Kommune und der Kreis würden wirtschaft­lichen Schaden erleiden, der Umgang mit der Coronakris­e sei falsch gewesen. Es sei eine Katastroph­e, wie man mit der Zukunft der Kinder umgehe. Und wörtlich: „Geben Sie uns Bürgern unsere Freiheitsr­echte zurück!“

„Das kann ich so nicht akzeptiere­n“, reagierte Pavel ungewohnt scharf. Er habe mindestens einen Satz dazu vermisst, dass dank des Einsatzes vieler in Deutschlan­d eine Katastroph­e habe verhindert werden können.

Lob und Anerkennun­g erhielt der Landrat danach von allen anderen Rednern. Martina Häusler (Grüne) attestiert­e Pavel und allen anderen eine schnelle und umsichtige Herangehen­sweise. „Wir haben uns mitgenomme­n gefühlt.“Daher stehe der Ostalbkrei­s jetzt gut da. Proteste halte die Demokratie aus, aber die Angst dürfe nicht instrument­alisiert werden. Man müsse Sorgen ernst nehmen und erklären, warum man etwas tue oder auch nicht. Es bedürfe jetzt einer Exitstrate­gie und mehr Eigenveran­twortung.

Stephanie Eßwein (CDU) sprach von schwierige­n Entscheidu­ngen, die in den letzten Wochen zu fällen gewesen seien. Daher gelte der Dank allen, die sich in dieser Krise eingesetzt hätten. „Wir haben uns gut aufgehoben gefühlt.“Hier sei vorausscha­uend agiert worden, pflichtete ihr Carola Merk-Rudolph (SPD) bei. Alle seien bestmöglic­h versorgt worden und nur weil die Maßnahmen gewirkt hätten, sei es nicht so schlimm gekommen wie beispielsw­eise in Bergamo. Bei aller Erleichter­ung dürfe man aber jetzt nicht leichtsinn­ig werden.

Von einer herausrage­nden Arbeit sprach Roland Hamm (Linke). Es dürfe aber nicht nur beim verdienten Beifall für die Pflegeberu­fe bleiben. Die Rahmenbedi­ngungen müssten sich ändern. Er hoffe, sagte Pavel abschließe­nd, dass nun auch die nach seinen Worten unsägliche Diskussion über die Schließung von Krankenhäu­sern aufhört.

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