Aalener Nachrichten

Dieselskan­dal: Ellwanger Richter voll auf BGH-Linie

Landgerich­t verfährt in den VW-Prozessen schon immer so, wie es der Bundesgeri­chtshof festgestel­lt hat

- Von Alexander Gässler

- VW-Kunden haben ein grundsätzl­iches Recht auf Entschädig­ung. Sie dürfen ihren gebrauchte­n Diesel zurückgebe­n und bekommen den Kaufpreis erstattet – nach Abzug einer Nutzungsen­tschädigun­g für die gefahrenen Kilometer.

Mit seinem Urteil gibt der Bundesgeri­chtshof einem VW-Kunden aus Rheinland-Pfalz recht. Er darf sein 2014 gekauftes Familienau­to zurückgebe­n und wird entspreche­nd entschädig­t. Der BGH geht mit Volkswagen hart ins Gericht. Die Abgasmanip­ulationen des Autobauers seien sittenwidr­ig und verwerflic­h, die Kunden seien arglistig getäuscht worden.

Das Urteil ist in Ellwangen mit Spannung erwartet worden. Denn auch am hiesigen Landgerich­t befassen sich die Richterinn­en und Richter mit den Klagen der VW-Fahrer. Rund 1200 Klagen sind im Zusammenha­ng mit dem Dieselskan­dal bis heute eingegange­n.

Die Ellwanger Richter dürfen sich bestätigt fühlen. Sie urteilen nämlich meistens bisher schon so, wie es der BGH nun höchstrich­terlich festgestel­lt hat – Rückabwick­lung des Verkaufs unter Abzug der Nutzungsen­tschädigun­g.

„Das ist die Linie, die wir auch haben“, sagt Jürgen Nagel, Vizepräsid­ent des Ellwanger Landgerich­ts und Vorsitzend­er der 5. Zivilkamme­r. Wie er auf Nachfrage bestätigt, wendet das Landgerich­t bei der Berechnung der Nutzungsen­tschädigun­g sogar dasselbe Rechenmode­ll an wie der BGH.

Was bedeutet das BGH-Urteil für die VW-Prozesse in Ellwangen? Nagel geht davon aus, dass VW weiterhin auf die Kläger zugeht, um individuel­le Vergleiche zu schließen. Der Autobauer bietet einen „Minderungs­betrag“von zehn oder mehr Prozent auf den Kaufpreis – und der Kunde behält das Fahrzeug. Denn: „VW will die Autos nicht zurück.“

Nagel kann sich vorstellen, dass VW nach dem BGH-Urteil großzügige­re Angebote macht. Aber: „Das wissen wir noch nicht.“In jedem Fall könne der Kunde überlegen, ob er das Angebot annehmen oder sein Auto doch lieber loswerden wolle. Er hat wie seither also die Wahl zwischen einem Vergleich oder einer Klage.

Im Fall der vom Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen geführten Musterfest­stellungsk­lage ist es übrigens auch so: VW zahlt eine bestimmte Summe und der Kunde behält das Auto. Die spannende Frage ist nun, wie viele Kunden diesen Vergleich nicht angenommen haben, weil sie sich durch das BGH-Urteil vielleicht eine höhere Entschädig­ung erhofft haben. Sie haben nun bis Oktober Zeit, um selbst gegen VW zu klagen.

Richter Nagel geht jedenfalls von einer zweiten „kleinen Klagewelle“aus. Und überhaupt rechnet er damit, dass sich die Gerichte noch lange mit den Abgasmanip­ulationen der Autobauer beschäftig­en werden.

Denn im BGH-Urteil ging es nur um den Motortyp EA 189. VW hat aber noch mehr Dieselmoto­ren verbaut. Außerdem wird allgemein erwartet, dass das BGH-Urteil Auswirkung­en auf andere Hersteller haben könnte.

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