Kimmich stellt den Sekt kalt
Dank des genialen Lupfers des Rottweilers zum 1:0-Sieg beim BVB dürfte der FC Bayern wieder Meister werden
(SID/dpa/sz) - Joshua Kimmichs Triumphgeschrei kam als vielstimmiges Echo von den verwaisten Tribünen zurück. „Ja! Komm jetzt! Ja! Jaaaaa!“, brüllte der Nationalspieler und gebürtige Rottweiler, der den packenden Geistergipfel der FußballBundesliga mit einem genialen Lupfer entschieden hatte. Das Tor für Bayern München zum achten Meistertitel in Serie steht durch das verdiente 1:0 (1:0) beim Verfolger Borussia Dortmund sperrangelweit offen. Mit sieben Punkten Vorsprung gehen die Bayern in die finalen sechs Runden: Ein derartiges Polster hat noch keine Mannschaft verspielt. „Wir haben ein gutes Polster auf Dortmund. Für sie wird es mental schwierig, da dran zu bleiben“, sagte Kimmich.
Und so animierte Thomas Müller seine Mitspieler schon mal zum Feiern, Robert Lewandowski setzte zur La Ola vor dem leeren Auswärtsblock an, und Karl-Heinz Rummenigge feixte unter seiner weißen Schutzmaske. Die Dynastie der titelgierigen Bayern im deutschen Fußball wird wohl vorerst kein Ende nehmen.
Das musste auch der Ex-Münchner Mats Hummels einsehen. „Ich denke, damit sind alle anderen Mannschaften raus. Wir müssen auf drei Ausrutscher in sechs Spielen hoffen. Sollte sich irgendeine Chance ergeben, wollen wir da sein. Aber jetzt entscheiden nur noch die Bayern, was passiert“, sagte der BVB-Kapitän frustriert.
Kimmich nannte sein Tor in der 43. Minute „brutal wichtig: Ich habe mich umgesehen, ob jeder verstanden hat, wie wichtig das war.“Müller verriet, Kimmich habe „so was am Morgen schon angedeutet“. Dass Lewandowski in der 83. Minute noch den Pfosten traf, spielte keine Rolle mehr. „Das war ein ganz wichtiges Zeichen“, sagte Torhüter Manuel Neuer vornehm zurückhaltend.
BVB-Trainer Lucien Favre kündigte genervt an, er werde sich nach Saisonende grundlegend über die anhaltende Kritik an seiner Arbeit äußern. Dass er nicht fähig sei, den BVB zum Titel zu führen, „das sagt man hier seit Monaten“, antwortete der Schweizer dem Sky-Reporter: „Ich werde in ein paar Wochen darüber sprechen.“
Da Abwehrchef Hummels rechtzeitig fit wurde, hatte Favre derselben Startformation wie bei den Siegen gegen Schalke (4:0) und in Wolfsburg (2:0) vertraut. Bayern-Coach Hansi Flick nahm gegenüber dem Heimsieg gegen Frankfurt (5:2) eine Änderung vor: Nationalspieler Serge Gnabry ersetzte den kroatischen Vize-Weltmeister Ivan Perisic.
„Wenn wir um die Meisterschaft mitspielen wollen, sollten wir das Spiel gewinnen“, hatte BVB-Sportdirektor Michael Zorc gefordert. Daraus wurde nichts, obwohl die Gastgeber auch ohne die Wucht der „gelben Wand“forsch begannen. Nach einer leicht missglückten Rettungsaktion Neuers schob Erling Haaland dem Nationaltorhüter
den Ball durch die Beine, doch Jérome Boateng klärte nach gut 30 Sekunden auf der Linie.
Die Aktion diente als Mutmacher. Geschickt überspielte der BVB zu Beginn die Münchner Pressing-Linie und verschaffte sich so Räume, spielte einige starke Situationen aber unsauber zu Ende. Die Bayern fanden nach 15 Minuten besser ins Spiel und hatten durch Gnabry ihre erste Großchance. Seinen Schuss klärte Lukasz Piszczek für den geschlagenen Bürki kurz vor der Linie (19.). Die Bayern strahlten nun Dominanz aus, Bürki parierte aber problemlos gegen Kingsley Coman (24.) und Leon Goretzka (40.). Bei Kimmichs überraschendem Lupfer von der Strafraumkante machte der Schweizer aber eine eher unglückliche Figur.
Favre reagierte auf den Rückstand mit einem Doppelwechsel zur Pause. Jadon Sancho und Emre Can ersetzten Julian Brandt und Thomas Delaney. Doch die erste Gelegenheit hatte der Tabellenführer, Bürki reagierte gut gegen Goretzka (54.). Auf der anderen Seite rettete der starke Boateng vier Minuten später in höchster Not gegen Sturm-Juwel Haaland – dabei berührte er den Ball im Fallen mit dem Oberarm. Ein Pfiff von Schiedsrichter Tobias Stieler blieb aus.Dortmund forci erte nun zwar das Offensivspiel, es mangelte aber an Ideen. Die Bayern standen meist sicher, hatten im Spiel nach vorne zwar nicht mehr viel zu bieten, brachten die Partie, die am Ende durch viele Fouls kaum mehr Spielfluss hatte, aber abgeklärt und meisterlich nach Hause.