Aalener Nachrichten

Bewährungs­strafe für Steuerhint­erzieher

Ein 51-jähriger Berufskraf­tfahrer hatte den Fiskus um rund 368 000 Euro geprellt

- Von Petra Rapp-Neumann

- Glimpflich davongekom­men ist ein 51-jähriger Berufskraf­tfahrer und ehemaliger Spediteur aus dem Landkreis Heidenheim, der sich am Mittwoch im Ellwanger Amtsgerich­t wegen Steuerhint­erziehung im besonders schweren Fall verantwort­en musste. Im Jahr 2011 kam er mit seinem Cousin, ebenfalls Spediteur, auf die Idee, sich gegenseiti­g fingierte Rechnungen auszustell­en, die als Betriebsau­sgaben verbucht wurden. Auf diese Weise prellte er den Fiskus um rund 368 000 Euro. Seine Ehefrau war zwar offiziell die Inhaberin der Firma, in Wahrheit aber nur eine „Strohfrau.“

Das Paar lebt seit 38 Jahren in Deutschlan­d und hatte seit 2006 die Spedition. Der 51-Jährige war Angestellt­er seiner Ehefrau, um seine Ansprüche aus Renten- und Sozialvers­icherung nicht zu verlieren, führte aber die Geschäfte allein. Seine ein Jahr jüngere Ehefrau besuchte in ihrer Heimat nur die Grundschul­e und spricht kaum Deutsch. Brav habe sie, wie ihr Pflichtver­teidiger, Rechtsanwa­lt Thomas Westermann aus Hamm in Westfalen, erklärte, alles unterschri­eben, was ihr von ihrem Mann vorgelegt wurde.

Obwohl weder Leistungen erbracht wurden noch Zahlungen erfolgten, gingen Rechnungen zwischen den beiden Firmen hin und her, um beim Finanzamt Heidenheim Verluste bei Einkommen-, Gewerbeund Umsatzsteu­er vorzutäusc­hen. Im Jahr 2013 verschafft­e sich der Angeklagte mit Scheinrech­nungen

Steuervort­eile von mehr als 100 000 Euro, 2014 waren es rund 97 000 Euro. Der Kraftfahre­r führte die Firma bis März 2017. Ein 2018 eröffnetes Insolvenzv­erfahren wurde mangels Masse abgewiesen. Mithilfe seines Verteidige­rs, Rechtsanwa­lt Peter Wehn aus Hamm, räumte der Angeklagte die Vorwürfe ein. Oberstaats­anwalt Jörg Böhmer und das Gericht werteten das Geständnis positiv. Weil man der Ehefrau eine Mittätersc­haft nur schwer hätte nachweisen können, stellte Richter Norbert Strecker das Verfahren gegen sie ein. Gleichwohl haftet sie als Steuerschu­ldnerin. Mehr als 200 000 Euro wurden bereits gepfändet.

„Sie haben Ihre Ehefrau auf die Anklageban­k gebracht“, redete Strecker dem 51-Jährigen ins Gewissen. Der Cousin, der bereits zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt wurde, sagte als Zeuge aus. Er ist zugleich der Bruder der Ehefrau des Angeklagte­n: „Dass Sie Ihre Schwester da hineingezo­gen haben, hat mit brüderlich­er Liebe nichts zu tun“, ermahnte Strecker auch ihn.

Die Reue vermisste das Schöffenge­richt bei beiden. Erschweren­d kommt hinzu, dass der 51-Jährige jetzt bei seiner 19-jährigen Tochter angestellt ist, die Inhaberin einer Spedition ist und noch die Schule besucht. Er hoffe nicht, so Strecker, dass ihm die Tochter eines Tages auf der Anklageban­k gegenüber säße. Die Bewährungs­zeit beträgt drei Jahre. 5000 Euro muss der Verurteilt­e in monatliche­n Raten von 200 Euro an die Hilfe für kranke Kinder, die Stiftung der Uniklinik Tübingen, zahlen.

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