Spahn warnt vor Spaltung der Gesellschaft
Gesundheitsminister sieht Parallelen zur Flüchtlingsdebatte – Mehrheit lobt Corona-Politik
(dpa/AFP/epd) - Die Infektionszahlen in Deutschland sinken weiter, die Bundesländer schreiten bei den Lockerungen voran, die Bundesregierung bringt weitere Hilfsmaßnahmen für Kurzarbeiter, Eltern und Wirte auf den Weg – und weiterhin regt sich Widerstand gegen die Anti-Corona-Maßnahmen im Land. Nun hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn davor gewarnt, dass die Corona-Krise zu einer ähnlichen Spaltung der Gesellschaft führen könnte wie die Debatte über die Flüchtlingspolitik in den Jahren 2015 und 2016. „Wir haben ein Wir-Gefühl erlebt. Jetzt müssen wir aufpassen“, sagte der CDU-Politiker der „Augsburger Allgemeinen“. Dass Debatten über Gesundheit oder Freiheitsrechte stattfänden, finde er richtig und wichtig. Aber: „Wir alle haben die Verantwortung, dass es nicht wieder so polarisierend wird wie teilweise in der Diskussion über die Migration. Wir müssen sehr aufpassen, dass uns das nicht wieder passiert.“
Spahn bekräftigte, Debatten seien lebensnotwendig für eine Demokratie. „Den Demonstranten sollte aber klar sein, mit wem sie demonstrieren. Man muss nach links und rechts schauen, wer da so dabei ist.“In den vergangenen Wochen hatten wiederholt Tausende in Deutschland gegen die ihrer Meinung nach zu starke Einschränkung der Freiheitsrechte im Kampf gegen das Coronavirus demonstriert. Darunter waren zahlreiche Extremisten von links und rechts sowie Impfgegner und Anhänger von Verschwörungstheorien.
Jedoch sind die Demonstranten laut einer aktuellen Erhebung klar in der Minderheit: Die im März beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus bewerten der repräsentativen Umfrage zufolge fast drei Viertel der Deutschen (74 Prozent) rückblickend als richtig. Für 15 Prozent der Befragten gingen sie zu weit, wie aus der am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des WDR hervorgeht. Für neun Prozent der Befragten gingen die Maßnahmen demnach nicht weit genug. Die Lockerungen der Einschränkungen halten demnach 58 Prozent der Deutschen für richtig. Jeder Vierte (25 Prozent) gab dagegen an, die Lockerungen gingen zu weit. Für 15 Prozent gingen sie nicht weit genug.
(dpa) - Der frühere Parteichef und jetzige Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat am Donnerstag den Vorwurf einer Mitverantwortung am Maut-Debakel zurückgewiesen. „Absolut“, sagte Seehofer vor Beginn des Untersuchungsausschusses des Bundestags auf die Frage, ob er bei der gescheiterten Pkw-Maut alles richtig gemacht habe. „ Ich würde es heute wieder machen“, sagte der Ex-CSU-Chef und lächelte sein harmlosestes Lächeln. Dann trat er in den Sitzungssaal, wo er von den Mitgliedern des parlamentarischen Untersuchungsausschusses gegrillt werden sollte.
Zu klären ist die Frage, warum Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Verträge mit den Maut-Betreibern unterschrieb, bevor der Europäische Gerichtshof sein Urteil über das Vorhaben gesprochen hatte. Seehofer wischte eine mögliche Mitverantwortung an dem kostspieligen Fehler mit wenigen Sätzen beiseite – und damit alles was den Ausschuss zur Pkw-Maut seit einem halben Jahr beschäftigt. Dabei war die Ausgangslage pikant. War doch Seehofer ausgerechnet von seinem Parteifreund und ExVerkehrsminister Peter Ramsauer schwer belastet worden. Dieser hatte Seehofer vorgeworfen, „sehenden Auges“eine „europarechtliche Unmöglichkeit“bei der Pkw-Maut in den Koalitionsvertrag von 2013 verhandelt zu haben und somit quasi die Ur-Schuld am Maut-Debakel zu tragen.
Seehofer wiederholte stets: Bundestag und Bundesrat hätten der Maut zugestimmt, ebenso wie die EU-Kommission später. „Ich war überzeugt, dass es möglich ist. Alle Verfassungsorgane haben das bestätigt.“
Ramsauer hatte ausgesagt, er habe schon früh seine europarechtlichen Bedenken geäußert. Zwar bestätigte Seehofer, dass er von seinem Parteifreund gewarnt worden sei. Doch er habe den Wählern in Bayern ein Versprechen gegeben: die Maut. „Wir halten uns an das, was wir versprochen haben.“