Fast erstochen – und immer noch verliebt
(dpa) - Heiratsantrag und Versöhnung noch im Gerichtssaal: Ein Strafprozess um einen lebensgefährlichen Messerstich ist in Bonn mit einer Umarmung sowie der gemeinsamen Heimfahrt von Täterin und Opfer zu Ende gegangen. Das Schwurgericht hatte eine 33-jährige Frau aus Mechernich wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Bonner Richter hoben nach dem Urteil aber überraschend den Haftbefehl für die Mutter von zwei Kindern auf. So konnte die Frau mit dem Vater eines gemeinsamen Kindes zusammen das Gerichtsgebäude verlassen. Ob sie gegen die Strafe in Berufung gehen wird und wann sie ihre Haft letztlich antreten muss, war zunächst nicht bekannt.
Laut Urteil hatte die Frau am Abend des 13. Dezembers 2019 ihren Lebensgefährten mit einem kräftigen Messerstich in die Brust töten wollen. Der Mann überlebte knapp. Im Prozess hatte der 40-Jährige überraschend die Aussage verweigert und stattdessen der Angeklagten einen Heiratsantrag gemacht: „Ich liebe sie und werde sie – wenn sie wieder freikommt – heiraten.“Auch die Angeklagte hatte ihre Liebe beteuert und sich bei ihrem Verlobten für die Tat entschuldigt. An jenem Abend sei sie verzweifelt gewesen, weil er mit zwei Kumpels auf Sauftour gegangen sei und dafür das ganze Weihnachtsgeld – rund 200 Euro – eingesteckt habe. Auch sie hatte den Angaben zufolge exzessiv Alkohol getrunken; laut Gutachter war die 33-Jährige vermindert schuldfähig. Im Urteil hieß es: Es sei nur Zufall, dass der 40-Jährige überlebt habe. Und: „Folglich ist es auch nur ein Zufall, dass es noch zur Liebeserklärung und zu einem glücklichen Ende gekommen ist.“