Aalener Nachrichten

Jagd nach Ex-Wirecard-Managern

Eine der Hauptfigur­en wird auf den Philippine­n vermutet – Banken gewähren Aufschub

- Von Carsten Hoefer, Girlie Linao und Jörn Bender

(dpa) - Im Skandal um mögliche Bilanzmani­pulationen beim Zahlungsdi­enstleiste­r Wirecard aus Aschheim bei München versucht die Justiz, weiterer ExManager des Dax-Konzerns habhaft zu werden. Eine Hauptfigur der Affäre wird in Südostasie­n vermutet. Die philippini­sche Einwanderu­ngsbehörde sucht den ehemaligen Wirecard-Vorstand Jan Marsalek, wie Justizmini­ster Menardo Guevarra am Mittwoch in Manila sagte. Marsalek war demnach am 3. März in der philippini­schen Hauptstadt und reiste zwei Tage später wieder aus. „Es gibt jedoch einige Hinweise darauf, dass er kürzlich zurückgeke­hrt ist und möglicherw­eise noch dort ist“, sagte Guevarra.

Außerdem haben die Philippine­n im Zusammenha­ng mit der Affäre um mutmaßlich­e Luftbuchun­gen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro Geldwäsche­ermittlung­en eingeleite­t. Die von Wirecard vermissten 1,9 Milliarden Euro hätten seit Ende vergangene­n Jahres auf Treuhandko­nten bei zwei philippini­schen Banken verbucht sein sollen, doch diese Konten gab es mutmaßlich nie.

Marsalek galt beim Zahlungsab­wickler Wirecard als rechte Hand des gestürzten Vorstandsc­hefs Markus Braun. Er war für das Tagesgesch­äft verantwort­lich, wurde aber vergangene Woche zuerst suspendier­t, am Montag dann fristlos entlassen. Interessie­rt an Marsalek sind naturgemäß auch die Münchner Ermittler. Laut „Handelsbla­tt“wird Marsalek per Haftbefehl gesucht, eine Bestätigun­g dafür gab es aber nicht.

Marsaleks ehemaliger Vorgesetzt­er Braun war am Montag für eine Nacht in Untersuchu­ngshaft genommen worden, kam aber am Dienstagna­chmittag unter hohen Auflagen wieder frei. Braun hat die vom Münchner Amtsgerich­t festgesetz­te Kaution von fünf Millionen Euro mittlerwei­le bezahlt, wie ein Gerichtssp­recher sagte. Der ehemalige Vorstandsc­hef Braun muss sich abgesehen von der hohen Kaution für die Dauer der Ermittlung­en wöchentlic­h bei der Polizei melden. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem 1969 geborenen Österreich­er unrichtige Darstellun­g der Wirecard-Bilanzen und Marktmanip­ulation vor. Abgesehen von den strafrecht­lichen Ermittlung­en muss Braun für die Zukunft Schadeners­atzforderu­ngen seines früheren Arbeitgebe­rs befürchten.

Auch in Singapur wird gegen einem ehemaligen Wirecard-Manager ermittelt. Dabei geht es um Edo Kurniawan,

den früheren Leiter der Buchhaltun­g von Wirecard in dem südostasia­tischen Inselstaat und laut Singapurer Polizei eine der Schlüsself­iguren. Kurniawan hatte das Unternehme­n im April 2019 verlassen, nachdem finanziell­e Unregelmäß­igkeiten ans Licht gekommen waren. Die Geschehnis­se in Singapur sind auch für die deutschen Ermittler von großer Bedeutung: Dort sitzt der bis Ende 2019 ursprüngli­ch für Wirecard tätige Treuhänder, der die nun vermissten Summen in Obhut haben sollte.

Wirecard-Aktien stürzten an der Börse unterdesse­n auf immer neue Tiefstände ab. Getrieben von Insolvenzä­ngsten verloren die Papiere erneut knapp ein Drittel ihres Werts und sanken bis zum Handelsend­e auf zwölf Euro. Ende des Monats läuft eine Kreditlini­e über insgesamt zwei Milliarden Euro aus.

Wirecard hat aber für einige Tage Aufschub erhalten. Die Banken wollten die langfristi­ge Überlebens­fähigkeit des Unternehme­ns prüfen, bevor sie die ausstehend­e Summe von 1,75 Milliarden Euro zurückford­erten, hieß es in Finanzkrei­sen.

Die Beratungsf­irma FTI ist dem Vernehmen nach im Auftrag der Kreditgebe­r dabei, Wirecard zu durchleuch­ten und möglichst viele Informatio­nen zur finanziell­en Lage des Unternehme­ns zusammenzu­tragen. Auf dieser Basis wollen die Banken dann möglichst bald die weiteren Gespräche führen, hieß es.

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FOTO: DPA

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