Der unbekannte Beethoven
Es muss nicht die x-te Neueinspielung der Sonaten oder der Klavierkonzerte sein, wenn sich Matthias Kirschnereit dem Jubilar Beethoven widmet.
Der seit Langem an der Musikhochschule in Rostock lehrende Pianist zeichnet vielmehr ein Lebensbild en miniature, angefangen von einem sprudelnden C-Dur-Rondo des zwölfjährigen Bonner Schülers bis hin zu einem tiefsinnigen Kleinod von 13 Takten, das er im Jahr 1825 schuf.
„Der unbekannte Beethoven“ist hier auf einer CD von Berlin Classics eingefangen, die in Zusammenarbeit mit dem Deutschlandfunk entstanden ist. Sonatensätze, Bagatellen, Einzelstücke und Variationen sind hier versammelt – so bunt und facettenreich wie die gemalte BeethovenFigur, die dem Pianisten auf dem CDCover gleichsam über die Schulter schaut. Es sind Charakterstücke wie die Polonaise op. 89, die das Programm mit großer Geste eröffnet, wie die sonnigen Ländlerischen Tänze
oder die liebevoll gezeichneten Ecossaisen.
Meist entstammen die Stücke der großen Gruppe der „Werke ohne Opuszahl (WoO)“, doch auch die Variationen op. 34 in der Nachbarschaft der „Eroica-Variationen“bilden Beethovens Tiefe des Ausdrucks und die Fülle der Beleuchtungswechsel ab. Beethovens Handschrift ist immer deutlich, doch will Matthias Kirschnereit in diesem schön ausgeleuchteten Album zugleich einen, wie er im Booklet sagt, „zutiefst menschlichen, auch alltäglichen“Komponisten vorstellen. Einen, der seine Wurzeln in der Klaviermusik von Haydn und Mozart hat, sich aber auch in eine nächtliche Zwiesprache mit J. S. Bach versenkt. Eine lohnenswerte CD voller Entdeckungen und pianistischer Anschlagskultur! (gla)
Solo Piano Works, Matthias Kirschnereit, Berlin Classics 0301409BC.