Mit Optimismus ins neue Jahr
Kunstwerke im Dialog – Direktorin Ute Stuffer stellt das Programm des Ravensburger Kunstmuseums für 2021 vor
- Wer sich dieser Tage mit Kulturschaffenden unterhält, bekommt oft ein Klagelied zu hören. Nicht so von Ute Stuffer. Die Direktorin des Ravensburger Kunstmuseums jammert nicht, sondern hat mit ihrem Team tapfer das Ausstellungsjahr 2021 geplant, unter anderem mit einer Max-Ernst-Schau und einer Retrospektive des SPUR-Mitbegründers Helmut Sturm.
Die Stadt Ravensburg geht gerade über die Bücher und überprüft alle Posten. Wo lässt sich etwas einsparen? Auch beim Kunstmuseum? „Ja“, sagt Ute Stuffer. Man werde die Öffnungszeiten am Dienstag um drei Stunden verkürzen. Doch da das Museum sehr stark von privater Unterstützung lebt, fallen die kommunalen Einsparungen momentan nicht so sehr ins Gewicht. Allerdings habe sie dieses Jahr schon gemerkt, dass sich manche Unternehmen etwas zurückhaltender beim Sponsoring gezeigt haben. Wer womöglich gerade Kurzarbeit in der eigenen Firma angeordnet hat, möchte oder kann nicht noch Mittel für die Kultur bereitstellen. Doch ohne dieses kontinuierliche private Sponsoring seien international aufgestellte Projekte wie die nun bis Februar verlängerte Ausstellung des nigerianischen Künstlers Emeka Ogboh oder die für Ende des Jahres geplante erste Einzelschau der deutsch-französischen Mixed-Media Künstlerin Caroline Achaintre nicht mehr möglich. Doch Ute Stuffer gibt sich zuversichtlich: „Es haben sich manche zurückhaltender gezeigt, aber es sind auch neue dazugekommen.“
Ein Problem sei natürlich auch die eingeschränkte Reisemöglichkeit für die Künstler. „Das sind ungeheure Herausforderungen, denen man sich da stellen muss: Kann der Künstler zum Ausstellungsaufbau kommen? Wird er bei der Vernissage dabeisein?
Bekommt er seinen Test rechtzeitig?“Es bleibe spannend. „Aber die Kulturlandschaft, wir Museen, sind bestens vorbereitet, um bei den Ersten zu sein, wenn wieder geöffnet werden kann. Die Hoffnung stirbt zuletzt.“
Digitale Angebote würden sicher in Zukunft immer wichtiger, meint die Museumsdirektorin. Aber es reiche nicht, einfach einen Ausstellungsrundgang abzufilmen. Da müsse man schon an einer zweiten Rezeptionsebene arbeiten.
Das erste neue Projekt im Jahr 2021 ist die internationale Gruppenausstellung „Auszeit“. Ausgehend von der Sammlung Selinka soll das Thema ausgeleuchtet werden – von Augenblicken des Genusses und des Müßiggangs bis hin zu Formen des Protests und des Widerstands. Dass das Thema durch die Pandemie bedingten Schließungen, Homeoffice et cetera so aktuell werden würde, war bei der Planung der Ausstellung nicht absehbar. Um genau darauf zu reagieren, hat das Kunstmuseum den rumänischen Künstler und BiennaleTeilnehmer Dan Perjovschi (*1961) eingeladen. Er versteht seine pointierten Zeichnungen, die er direkt auf die Wände malt, als aktuelle Interventionen. Es sind flüchtige Kunstwerke, nach den Ausstellungen werden die Wände wieder frisch gestrichen. Das wird auch in Ravensburg so sein.
Die Aufbruchstimmung der 1960er-Jahre soll in der Retrospektive mit Arbeiten von Helmut Sturm (1932–2008) lebendig werden. Die Ausstellung über den Mitbegründer der einst avantgardistischen Künstlergruppe SPUR ist aus der Kooperation mit der Kunsthalle Emden und dem Museum Lothar Fischer entstanden.
Ein wenig stolz ist Ute Stuffer auf die Ausstellung Max Ernst (1891–1976). Mit über 40 Arbeiten aus der Sammlung Wilfried und Gisela
Fitting sowie aus der Sammlung Hans Bolliger des Kunstmuseums Bonn – darunter intime Gemälde, Aquarelle, Collagen, Grafiken und einige plastische Arbeiten – schlägt die Werkschau einen Bogen von den Anfängen bis zum Spätwerk seines Schaffens.
Im zweiten Stock wird es parallel dazu die erste Einzelausstellung in einem deutschen Museum von Caroline Achaintre (51) geben. „Da gibt es Anknüpfungspunkte an Max Ernst, beide Werke sind Einladungen an das freie Spiel der Vorstellungskraft. Die in London lebende französische Künstlerin überführt tradierte Techniken wie Tapisserie, Keramik und Aquarell in die Gegenwart und erkundet dabei die Grenzen zwischen Abstraktion und Gegenständlichem“, erklärt Ute Stuffer. Ihr haben es vor allem die großformatigen Wandteppiche der Künstlerin angetan. „Es wird ein Parcours der Entdeckung.“
Verlängert bis 28. Februar 2021
Emeka Ogboh: The way earthly things are going. (2. OG) Fokus: Expressionismus. Sammlung Selinka. (1.OG)
Für Kinder: Der blaue Vogel (EG) 20. März bis 11. Juli
Auszeit. Von Pausen und Momenten des Aufbruchs 31. Juli bis 1. November
Helmut Sturm - Retrospektive des Mitbegründers der Künstlergruppe SPUR
20. November 2021 bis
20. Februar 2022
Max Ernst - 40 Arbeiten aus der Sammlung Wilfried und Gisela Fitting sowie aus der Sammlung Hans Bolliger des Kunstmuseums Bonn (1.OG)
Caroline Achaintre – erste museale Einzelausstellung in Deutschland der 1969 geborenen deutsch-französischen Künstlerin, (2.OG)