Aalener Nachrichten

Kritik an Haseloff

Sachsen-Anhalt stoppt Erhöhung des Rundfunkbe­itrags

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(dpa) Ungeachtet zahlreiche­r Warnungen hat die CDU in Sachsen-Anhalt – im Sinne der AfD – die geplante Erhöhung des Rundfunkbe­itrags gestoppt. Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) zog den Gesetzentw­urf zum Staatsvert­rag vor der Abstimmung im Magdeburge­r Landtag zurück. Faktisch bedeutet das eine Blockade der Beitragsan­passung. Haseloff sagte, er habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass das Vorhaben im Landtag keine Mehrheit finden werde. Für ihn habe daraufhin die Stabilität des Landes durch eine „Koalition der Mitte“Priorität gehabt. Haseloffs CDU regiert mit SPD und Grünen. Teile der CDU-Fraktion waren geneigt, mit der AfD-Fraktion gegen den Gesetzentw­urf zu stimmen.

Südwest-Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) sagte in Stuttgart, es gehe nicht um 86 Cent Erhöhung, sondern um Grundsätzl­iches. Es dürfe für die CDU „keine Zusammenar­beit mit der in Teilen verfassung­sfeindlich­en AfD geben“.

Von André Bochow, Dominik Guggemos und Dorothee Torebko

- Die CDU in SachsenAnh­alt entgeht der Gefahr, gemeinsame Politik mit der AfD zu machen. Darauf wäre es hinausgela­ufen, wenn dem Landtag die Entscheidu­ng über die 86-Cent-Erhöhung der Rundfunkge­bühren vorgelegt worden wäre. Denn die CDU-Fraktion hatte klar signalisie­rt, sich, wie die AfD, gegen die Erhöhung ausspreche­n zu wollen. Ein gemeinsame­s Votum der CDU mit der AfD hätte wohl das Ende der Koalition aus CDU, SPD und Grünen bedeutet.

Weil nun Ministerpr­äsident Haseloff die eigene Vorlage zurückgezo­gen hat, verhindert er nicht nur das Ende des „Kenia-Modells“, sondern auch die Erhöhung der Rundfunkge­bühren zum 1. Januar, die von allen anderen Bundesländ­ern befürworte­t wird. Haseloff, der kommenden Juni bei der Landtagswa­hl erneut den Ministerpr­äsidentenp­osten anstrebt, sieht „die Koalition gefestigt“. Allerdings wird sie ohne den frisch entlassene­n Innenminis­ter Holger Stahlknech­t (CDU) auskommen müssen, Stahlknech­t hatte sich in einem Interview für eine CDU-Minderheit­sregierung unter Duldung der AfD ausgesproc­hen. Die wiederum sieht sich bestätigt. Beatrix von Storch, stellvertr­etende Bundesspre­cherin, erklärte „die Botschaft aus Magdeburg“laute: „Eine sinnvolle Sachpoliti­k im Sinne der Bürger ist möglich, aber eben nur mit der AfD.“Es gebe „politische Mehrheiten für einen Richtungsw­echsel – auch über Sachsen-Anhalt hinaus“.

Lob bekam Haseloff vom SPDLandesv­orsitzende­n Andreas

Schmidt. „Er hat jetzt der CDU-Fraktion die Brandfacke­l aus der Hand genommen“, sagte Schmidt dem MDR. Und wie die SPD wollen auch die Grünen an der Kenia-Koalition festhalten. „In dieser schweren Situation können wir das Land nicht einer in der Tendenz handlungsu­nfähigen CDU überlassen – und erst recht nicht einer rechtsextr­emen AfD“, so Grünen-Landeschef Sebastian Striegel. „Normalerwe­ise würde man die Koalition verlassen. Aber wir haben keine normale Situation“, sagte der Bundesvors­itzende Robert Habeck, mit Blick auf die politische Verantwort­ung angesichts der dramatisch­en Corona-Lage.

Scharfe Kritik kommt von der Linksparte­i. „Mit dem Zurückzieh­en des Rundfunk-Staatsvert­rages betreibt Haseloff antidemokr­atischen Populismus“, sagte der scheidende Parteichef Bernd Riexinger. Haseloff greife die Unabhängig­keit des öffentlich-rechtliche­n Rundfunks an und entziehe die Entscheidu­ng der demokratis­chen Debatte im Parlament. Jan Korte, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Linken im Bundestag, sieht die Bundes-CDU in der Pflicht, die „ein für alle Mal klar machen muss, dass es eine Öffnung der CDU zu den Rechtsextr­emisten von der AfD nicht geben darf.“

Am Nachmittag kündigten ZDF, die ARD-Anstalten und das Deutschlan­dradio unabhängig voneinande­r an, wegen der Blockade vor das Bundesverf­assungsger­icht zu ziehen. Der ARD-Vorsitzend­e Tom Buhrow betonte: „Eine Verfassung­sbeschwerd­e ist leider unausweich­lich. Ohne die ausreichen­de, unabhängig ermittelte Finanzieru­ng wird das Programman­gebot, das in allen Regionen Deutschlan­ds verwurzelt ist, darunter leiden.“

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