Aalener Nachrichten

Fürs Bezahlen bezahlen?

Bundesgeri­chtshof prüft Extragebüh­ren für Onlinekund­en – Entscheidu­ng Anfang 2021

- Von Anja Semmelroch

(dpa) - Der Online-Einkauf war erfolgreic­h, alles liegt im Warenkorb – aber nun soll die bevorzugte Zahlungsar­t auf einmal extra kosten. Vor solchen unliebsame­n Überraschu­ngen will die Wettbewerb­szentrale Verbrauche­r schützen. Sie hat das Münchner FernbusUnt­ernehmen Flixbus durch alle Instanzen verklagt und hofft nun am Bundesgeri­chtshof (BGH) auf ein Grundsatzu­rteil. In der vergangene­n Woche wurde in Karlsruhe verhandelt. Das Urteil wird voraussich­tlich im neuen Jahr verkündet. (Az. I ZR 203/19)

Worum geht es genau?

Um Zahlungen per Paypal oder Sofortüber­weisung. Bei Flixbus war 2018 nur das Buchen mit Giro- oder Kreditkart­e kostenlos. Wer mit Paypal oder Sofortüber­weisung bezahlen wollte, bekam ein Extra-Entgelt aufgebrumm­t. Die Höhe war vom Fahrkarten­preis abhängig.

Wie funktionie­ren Zahlungen per Paypal?

Nutzer der Plattform können Geld elektronis­ch senden und empfangen. Dafür braucht es ein Paypal-Konto. Wenn das Guthaben nicht ausreicht, zieht Paypal den Betrag per Lastschrif­t beim Zahler ein oder belastet die Kreditkart­e. Dann wird die Summe dem Empfänger gutgeschri­eben.

Und was ist eine Sofortüber­weisung?

Hier wird das Geld klassisch von Bankkonto zu Bankkonto überwiesen. Neu ist, dass nicht der Zahler die Überweisun­g auslöst, sondern ein zwischenge­schalteter Dienstleis­ter, die Sofort GmbH, der der Kunde seine PIN und TAN mitteilt. Die Sofort GmbH informiert den Empfänger über die Bonität des Kunden. So soll alles schneller gehen.

Was hat es mit den Gebühren auf sich?

Beide Dienste verdienen bei jeder Transaktio­n einen kleinen Teil mit. Bezahlen muss der Empfänger, also der Online-Händler oder im Fall hier Flixbus. Bei Paypal setzt sich die Gebühr aus einem Fixbetrag von 35 Cent und einem variablen Bestandtei­l (1,49 bis 2,49 Prozent) zusammen. Große Kunden können individuel­le Konditione­n beantragen. Teil der Gesamtkalk­ulation sind diese Kosten also immer, wie Peter Breun-Goerke von der Wettbewerb­szentrale erläutert. Aber nur manche Händler gäben die Gebühr eins zu eins an den zahlenden Kunden weiter.

Warum findet die Wettbewerb­szentrale das problemati­sch?

Die Wettbewerb­sschützer stören die unklaren Verhältnis­se. „Es geht vor allem um Transparen­z und Chancengle­ichheit“, sagt Breun-Goerke. Der Kunde stoße erst am Ende auf die Zusatz-Gebühr und werde sich zwar ärgern, aber oft murrend bezahlen. „Die Unternehme­r müssen wissen: Was darf ich und was nicht? Und dann machen es alle so.“

Wieso ist das Problem erst jetzt aufgetauch­t?

Der deutsche Gesetzgebe­r hat 2018 eine EU-weite Vorgabe umgesetzt und Paragraf 270a ins Bürgerlich­e Gesetzbuch eingefügt. Er verbietet es, Kunden für Zahlungen per Banküberwe­isung, Karte oder Lastschrif­t zur Kasse zu bitten. Ob das auch für Zahlungsar­ten wie Paypal und Sofortüber­weisung gilt, ist bisher nicht höchstrich­terlich geklärt.

Was spricht dafür, was dagegen?

Die entscheide­nde Frage wird sein, ob der Kunde für die reine Überweisun­g oder Lastschrif­t bezahlt oder für eine zusätzlich­e Dienstleis­tung. Ersteres wäre verboten, das Zweite nicht, wie der Vorsitzend­e BGHRichter Thomas Koch sagte. Das Landgerich­t München I hatte die Extra-Gebühren bei Flixbus für unzulässig gehalten. Von der Bonitätspr­üfung durch die Sofort GmbH profitiere hauptsächl­ich das Unternehme­n und nicht der Kunde. Das

Münchner Oberlandes­gericht hatte das anders gesehen: Das Entgelt werde immer für die Einschaltu­ng eines Dritten erhoben. Das letzte Wort haben jetzt die BGH-Richter.

Welche Folgen sind vorstellba­r?

Flixbus erhebt nach eigenen Angaben inzwischen keine Gebühren mehr. Paypal selbst hat im Januar 2018 seine Nutzungsbe­dingungen geändert und Zusatz-Entgelte untersagt. Verstöße könnten zur Beendigung der Geschäftsb­eziehung führen, sagt Sprecherin Sabrina Winter. Paypal sei unabhängig von Paragraf 270a der Ansicht, „dass alle Verbrauche­r die Möglichkei­t einer schnellen und sicheren Zahlung haben sollten – ohne jegliche Hürden“. Laut Wettbewerb­szentrale werden trotzdem noch vereinzelt Gebühren verlangt. Bei der Sofort GmbH hat man nach Auskunft eines Sprechers keinen Einfluss darauf, in welcher Form die Kosten bei den Unternehme­n auf die Kunden umgelegt werden.

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FOTO: FABIAN SOMMER/DPA Reisender wartet vor einem Flixbus: Sind zusätzlich­e Gebühren beim Zahlen per Paypal in Ordnung oder nicht? Die Verbrauche­rzentrale meint nicht und hat den Fernbusanb­ieter Flixbus verklagt.

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