Mit harten Bandagen
IG Metall und Südwestmetall stehen vor einer schwierigen Tarifauseinandersetzung
- Auch wenn Baden-Württembergs IG-Metall-Chef Roman Zitzelsberger die Atmosphäre der Gespräche als freundlich beschreibt, die Vorstellungen für den nächsten Tarifabschluss bei Gewerkschaft und Arbeitgebern könnten kaum unterschiedlicher sein. „Die erste Verhandlungsrunde hat deutliche Differenzen aufgezeigt, ich fordere die Arbeitgeber auf, auf der Basis unserer Vorschläge Lösungen zu suchen“, sagte Zitzelsberger nach dem Auftakt der Gespräche zwischen der IG Metall und dem Arbeitgeberverband Südwestmetall, an deren Ende ein neuer Abschluss stehen soll. Während Zitzelsberger höhere Löhne für die in der Metall- und Elektroindustrie Beschäftigten herausholen will, strebt sein Verhandlungspartner auf der Gegenseite, Südwestmetall-Chef Wilfried Porth, eine spürbare Kostensenkung bei den Unternehmen an.
Die Gewerkschaft hat als Ziel eine Lohnsteigerung von vier Prozent ausgegeben – entweder als klassische Erhöhung der Entgelte oder aber als Ausgleich für entgangenen Lohn, für den Fall, dass ein Unternehmen wegen der aktuellen Krise die Arbeitszeit absenkt. „Die Lage der Beschäftigten ist prekär, es gibt Einkommensrückgänge von bis zu 15 Prozent“, sagte Zitzelsberger am Mittwoch in Stuttgart. „Das wird bei Südwestmetall allerdings nicht so gesehen.“Sehr unterschiedlich beurteilen Gewerkschaft und Südwestmetall auch die wirtschaftliche Lage insgesamt. „Das Wachstum nimmt im Jahr 2021 wieder Fahrt auf, es geht wieder nach oben, das Tal ist durchschritten“, erläuterte der Gewerkschafter kurz vor dem Beginn der ersten Verhandlungsrunde. Zudem strebt die IG Metall sogenannte Zukunftsverträge an, die vor allem der Automobil- und Zulieferindustrie helfen soll, den tiefgreifenden Strukturwandel zu bestehen. „Die Unternehmen brauchen schon frühzeitig Konzepte, wie sie den Wandel mit ihren Beschäftigten gestalten wollen – und nicht erst, wenn das Unternehmen schon in der Krise ist“, schreibt die Gewerkschaft in ihrem Forderungskatalog.
Die Antwort auf die Entgeltforderung fiel bei Südwestmetall eindeutig aus. „Wir können uns nicht vorstellen, dass es zu irgendeiner Steigerung der Kosten für die Unternehmen kommt“, sagte Daimler-Personalvorstand Porth, der den Posten des Vorsitzenden bei dem Arbeitgeberverband Ende November von Vorgänger Stefan Wolf übernommen hatte. „Bei den Gesprächen gab es nur Übereinstimmungen in der Frage, dass wir uns in einer historischen Krise befinden.“Bis die Metall- und Elektroindustrie wieder das Vorkrisenniveau erreicht habe, dürften nicht noch weitere tarifliche Kosten hinzukommen.
Zudem forderte Porth, dass die Tarifverträge vereinfacht werden, damit die Betriebe sie mit weniger Aufwand umsetzen können. Um Kosten zu sparen, will Südwestmetall tarifliche Sonderzahlungen, wie die Spätzulage bei Schichtarbeit, zum Teil abschaffen.
Vor allem Forderungen, die tarifvertragliche Regeln infrage stellen, wies Zitzelsberger zurück. „Eingriffen in tarifliche Leistungen kann ich nur eine Absage erteilen“, sagte der Gewerkschaftsfunktionär. „Vor einer solchen Eskalation kann ich nur warnen.“Und gut gerüstet für einen Arbeitskampf sieht sich die IG Metall auch in Corona-Zeiten. „Wir haben unter dem Motto ,Abstand – Maske – Arbeitskampf“Formate geplant, und die funktionieren“, erklärte Zitzelsberger. „Wir werden in der Lage sein, zu entsprechenden Aktionen aufzurufen. Ich gehe davon aus, dass der Ton noch rauer wird.“Ein Satz, der die Unterschiede mehr als deutlich auf den Punkte brachte.