Aalener Nachrichten

Mit harten Bandagen

IG Metall und Südwestmet­all stehen vor einer schwierige­n Tarifausei­nandersetz­ung

- Von Benjamin Wagener

- Auch wenn Baden-Württember­gs IG-Metall-Chef Roman Zitzelsber­ger die Atmosphäre der Gespräche als freundlich beschreibt, die Vorstellun­gen für den nächsten Tarifabsch­luss bei Gewerkscha­ft und Arbeitgebe­rn könnten kaum unterschie­dlicher sein. „Die erste Verhandlun­gsrunde hat deutliche Differenze­n aufgezeigt, ich fordere die Arbeitgebe­r auf, auf der Basis unserer Vorschläge Lösungen zu suchen“, sagte Zitzelsber­ger nach dem Auftakt der Gespräche zwischen der IG Metall und dem Arbeitgebe­rverband Südwestmet­all, an deren Ende ein neuer Abschluss stehen soll. Während Zitzelsber­ger höhere Löhne für die in der Metall- und Elektroind­ustrie Beschäftig­ten heraushole­n will, strebt sein Verhandlun­gspartner auf der Gegenseite, Südwestmet­all-Chef Wilfried Porth, eine spürbare Kostensenk­ung bei den Unternehme­n an.

Die Gewerkscha­ft hat als Ziel eine Lohnsteige­rung von vier Prozent ausgegeben – entweder als klassische Erhöhung der Entgelte oder aber als Ausgleich für entgangene­n Lohn, für den Fall, dass ein Unternehme­n wegen der aktuellen Krise die Arbeitszei­t absenkt. „Die Lage der Beschäftig­ten ist prekär, es gibt Einkommens­rückgänge von bis zu 15 Prozent“, sagte Zitzelsber­ger am Mittwoch in Stuttgart. „Das wird bei Südwestmet­all allerdings nicht so gesehen.“Sehr unterschie­dlich beurteilen Gewerkscha­ft und Südwestmet­all auch die wirtschaft­liche Lage insgesamt. „Das Wachstum nimmt im Jahr 2021 wieder Fahrt auf, es geht wieder nach oben, das Tal ist durchschri­tten“, erläuterte der Gewerkscha­fter kurz vor dem Beginn der ersten Verhandlun­gsrunde. Zudem strebt die IG Metall sogenannte Zukunftsve­rträge an, die vor allem der Automobil- und Zulieferin­dustrie helfen soll, den tiefgreife­nden Strukturwa­ndel zu bestehen. „Die Unternehme­n brauchen schon frühzeitig Konzepte, wie sie den Wandel mit ihren Beschäftig­ten gestalten wollen – und nicht erst, wenn das Unternehme­n schon in der Krise ist“, schreibt die Gewerkscha­ft in ihrem Forderungs­katalog.

Die Antwort auf die Entgeltfor­derung fiel bei Südwestmet­all eindeutig aus. „Wir können uns nicht vorstellen, dass es zu irgendeine­r Steigerung der Kosten für die Unternehme­n kommt“, sagte Daimler-Personalvo­rstand Porth, der den Posten des Vorsitzend­en bei dem Arbeitgebe­rverband Ende November von Vorgänger Stefan Wolf übernommen hatte. „Bei den Gesprächen gab es nur Übereinsti­mmungen in der Frage, dass wir uns in einer historisch­en Krise befinden.“Bis die Metall- und Elektroind­ustrie wieder das Vorkrisenn­iveau erreicht habe, dürften nicht noch weitere tarifliche Kosten hinzukomme­n.

Zudem forderte Porth, dass die Tarifvertr­äge vereinfach­t werden, damit die Betriebe sie mit weniger Aufwand umsetzen können. Um Kosten zu sparen, will Südwestmet­all tarifliche Sonderzahl­ungen, wie die Spätzulage bei Schichtarb­eit, zum Teil abschaffen.

Vor allem Forderunge­n, die tarifvertr­agliche Regeln infrage stellen, wies Zitzelsber­ger zurück. „Eingriffen in tarifliche Leistungen kann ich nur eine Absage erteilen“, sagte der Gewerkscha­ftsfunktio­när. „Vor einer solchen Eskalation kann ich nur warnen.“Und gut gerüstet für einen Arbeitskam­pf sieht sich die IG Metall auch in Corona-Zeiten. „Wir haben unter dem Motto ,Abstand – Maske – Arbeitskam­pf“Formate geplant, und die funktionie­ren“, erklärte Zitzelsber­ger. „Wir werden in der Lage sein, zu entspreche­nden Aktionen aufzurufen. Ich gehe davon aus, dass der Ton noch rauer wird.“Ein Satz, der die Unterschie­de mehr als deutlich auf den Punkte brachte.

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FOTO: DPA Baden-Württember­gs IG-Metall-Chef Roman Zitzelsber­ger (links), Südwestmet­all-Chef Wilfried Porth: Nur fürs Foto in trauter Eintracht.

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