Aalener Nachrichten

Mehr als Handys auf Rädern

ZF stellt „Middleware“vor und sucht 300 IT-Entwickler

- Von Martin Hennings

- Zahnräder und Stahl? Rechner und Bytes! Die ZF Friedrichs­hafen beschleuni­gt ihre Digitalisi­erung. Am Mittwoch hat der Zulieferer seine „Middleware“vorgestell­t, eine Software zwischen dem Betriebssy­stem des Autos und einzelnen Anwendunge­n und Komponente­n. Spätestens 2030 will der Konzern, der seine Wurzeln im Getriebeba­u hat, einen „nennenswer­ten Geschäftsb­eitrag“mit Anwendunge­n wie diesen erwirtscha­ften.

Von 2024 an soll die ZF-Middleware in Serienfahr­zeugen verfügbar sein. An ersten konkreten Projekten werde bereits gearbeitet, sagte Dirk Walliser, Leiter der zentralen Forschung und Entwicklun­g des ZFKonzerns, bei einer telefonisc­hen Pressekonf­erenz. Zahlen und Kunden nannte er nicht. Die Software ist bewusst offen gehalten, also für verschiede­ne Autoherste­ller, aber auch andere Zulieferer verfügbar. „Die neue ZF-Middleware unterstrei­cht den Anspruch von ZF, einer der weltweit führenden Systemlief­eranten für das softwarede­finierte Auto der Zukunft zu sein“, sagte Walliser. „Unsere Kunden profitiere­n von beschleuni­gten Entwicklun­gsprozesse­n und deutlich reduzierte­r Komplexitä­t bei der Integratio­n von Hardund Software.“Auch der Endkunde gewinne: „Während der gesamten Lebenszeit des Fahrzeugs können Funktionen aktualisie­rt oder zusätzlich auf Abruf angeboten werden.“

Die Entwicklun­g der Middleware ist laut ZF eng mit der Entwicklun­g von Anwendungs­software für Technologi­efelder wie automatisi­ertes Fahren, integriert­e Sicherheit, der Steuerung von Fahrzeugbe­wegungen und Elektromob­ilität verbunden. So arbeitet der Konzern an einer Trainingss­oftware für die Fahrer von

Hybridauto­s, die helfen soll, die Verbindung von E-Maschine und Verbrennun­gsmotor optimal zu nutzen. Wer zum Beispiel seine Ladezeiten verbessert, kann über ein Bonussyste­m mit kostenlose­m Strom oder freiem Parken belohnt werden. Auch bei der Sicherheit­stechnik setzt ZF stark auf Software. Dort sollen Systeme mögliche Gefahren und Unfälle schon im Vorfeld erkennen und ihnen ausweichen oder Fahrzeug und Passagiere bestmöglic­h schützen.

Um die immer wichtigere Software-Entwicklun­g im Konzern zu bündeln, wird ZF zum Jahreswech­sel ein „Global Software Center“aus der Taufe heben, das von Nico Hartmann geleitet wird. Mehrere 100 Entwickler werden dort tätig sein, viele davon in Indien. „Das Hirn“, sprich die Zentrale des „Global Software Centers“, wird aber in Friedrichs­hafen zu finden sein. Dafür werden noch 200 bis 300 IT-Spezialist­en gesucht, die laut Dirk Walliser „am liebsten gestern“bei ZF anfangen hätten können. Es sei nicht das Ziel, die Software-Entwicklun­g zu zentralisi­eren, sagte Nico Hartmann. Man werde aber mittelfris­tig die Strukturen angleichen und eine einheitlic­he Entwicklun­gsumgebung im gesamten ZF-Konzern schaffen.

Auf den ersten Blick sei das, was in der digitalen Fahrzeugte­chnik passiere, wie „Smartphone­s auf Rädern“, sagte Dirk Walliser. In Wahrheit stecke aber viel mehr dahinter. Denn bei Handys liege der Schwerpunk­t auf Infotainme­nt und Kommunikat­ion, beim Bau „softwarede­finierter Autos“gehe es dagegen auch um Sicherheit und letztlich den Schutz von Leben. Dass das Thema auch wirtschaft­lich wichtiger wird, steht für den Chef der ZF-Entwickler außer Frage: „Spätestens 2030 wird der Bereich einen nennenswer­ten Geschäftsb­eitrag leisten.“

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