Aalener Nachrichten

Ein Leben voller Angst

Charlotte Link setzt mit „Ohne Schuld“ihre Kate-Linville-Reihe fort

- Von Regina Wank

Zwei Frauen werden Opfer eines Angriffs. Doch bis auf die Tatwaffe haben die Fälle nichts gemeinsam. Die Ermittler in „Ohne Schuld“tappen im Dunkeln – bis sie einem Geflecht aus Rache, falschen Entscheidu­ngen und tief vergrabene­r Schuld auf die Spur kommen.

Ein heißer Sommertag, eine langweilig­e Zugfahrt – bis im Zug von London nach York ein Fremder mit einer Pistole auf eine Frau zielt. Die Kommissari­n Kate Linville rettet die Frau in letzter Sekunde, doch dem Täter gelingt die Flucht.

Kurz darauf wird wieder auf eine Frau ein Anschlag verübt: Sie stürzt mit ihrem Fahrrad, weil jemand einen Draht über den Weg gespannt hat.

Den darauf folgenden Schuss hört sie schon nicht mehr. Das Projektil verrät: Es ist die gleiche Waffe wie beim Attentat im Zug.

Doch die Ermittler wissen einfach nichts anzufangen mit den losen Fäden dieses Falls, die sie in den Händen halten. Welche Verbindung gibt es zwischen Xenia Paget, der unscheinba­ren Frau aus dem Zug, und der jungen Lehrerin Sophia Lewis, die scheinbar keine Feinde hatte und nun für den Rest ihres Lebens im Rollstuhl sitzen wird? Gibt es überhaupt eine Verbindung? Eines ist klar: Die beiden Frauen sind weiterhin in großer Gefahr.

Im dritten Band der Kate-LinvilleRe­ihe der deutschen Bestseller-Autorin Charlotte Link baut sich die Spannung schleichen­d auf. Wer schnelle Action und blutige Morde sucht, ist hier falsch. Über weite Strecken ähnelt die Geschichte eher einem psychologi­schen Kammerspie­l. Die Autorin zeichnet in aller Ruhe eine düstere Atmosphäre aus Angst und erzählt verschacht­elt, zu welch tragischen Verstricku­ngen nur eine einzige richtige oder falsche Entscheidu­ng führen kann – und wie dadurch das ganze Leben zerstört werden kann.

Für Ermittleri­n Kate Linville wird dieser Fall zur Nagelprobe. Selten schwebte sie selbst in solch großer Gefahr – zumal sie den neuen Posten bei der Polizei in Scarboroug­h eigentlich nur angetreten hatte, um in Caleb Hales Team zu arbeiten. Der kämpft nach einem dramatisch schiefgela­ufenen Einsatz jedoch mit seinen Dämonen, ist suspendier­t und Kate auf sich allein gestellt.

So wie die meisten Figuren in dem Buch umweht auch sie eine drückende Einsamkeit. Nicht alle Personen überzeugen gleicherma­ßen, viele wirken blutarm, auch die Hauptperso­n Kate bleibt in ihrem dritten Fall für die Leserinnen und Leser eher distanzier­t. Doch die Geschichte ist clever konstruier­t, sehr nah am Menschen und mit außergewöh­nlichen Wendungen und Fallstrick­en. Wo Krimis oft eher nichtssage­nde Titel haben, ist hier der Titel Programm: Nicht alle Tragödien haben einen Schuldigen.

Das Katz-und-Maus-Spiel mit dem Täter kommt zwar ein wenig behäbig und nicht immer schlüssig daher. Doch am Ende zeigt die gebürtige Frankfurte­rin Link, warum sie als Meisterin ihres Fachs gilt und ihr neues Buch schon wieder auf den Bestseller­listen ist: Zum einen ist das menschlich­e Drama, um das das Buch kreist, sehr berührend. Zum anderen weicht Charlotte Link auch von der klassische­n Krimi-Klimax ab. Das Buch endet nicht nur mit einem gelösten Fall und erleichter­ten Hauptfigur­en. Hier bleiben Verlierer, offene Fragen und ein bitterer Beigeschma­ck. (dpa)

Charlotte Link: Ohne Schuld,

Blanvalet Verlag München, 543 Seiten, 24 Euro.

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FOTO: URSULA DÜREN/DPA Die Schriftste­llerin Charlotte Link hat ihre Krimireihe mit „Ohne Schuld“fortgesetz­t.
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