Aalener Nachrichten

Kein Job für Weicheier

Augen zu und durch: Bei der Kläranlage Schönau reinigen Berufstauc­her in dieser Woche den Faulturm

- Von Alexandra Rimkus

- Der Faulturm der größten Ellwanger Sammelklär­anlage in Schönau wird gerade gereinigt – und zwar von Berufstauc­hern. In Ellwangen ist das eine Premiere. Die Männer müssen hart im Nehmen sein und dürfen eines auf gar keinen Fall haben: Angst vor totaler Dunkelheit.

Alle zehn Jahre muss man ran an den Faulturm der Sammelklär­anlage in Schönau. Dann ist hier sprichwört­lich so viel Sand im Getriebe, dass die technische Anlage freigeräum­t werden muss. In der Vergangenh­eit war das stets mit einem enormen Aufwand für die Mitarbeite­r der Kläranlage verbunden. Der Faulbehält­er musste für derartige Arbeiten über mehrere Monate still gelegt werden. Vor allem deshalb, weil der im Turm befindlich­e Klärschlam­m irgendwie zwischenge­lagert werden musste, ehe die Reinigung beginnen konnte.

In diesem Jahr ist das anders. Der technische Betriebsle­iter der Anlage, Hubert Traub geht davon aus, dass die Arbeiten dieses Mal innerhalb einer Woche erledigt sein werden. Verantwort­lich dafür sind die vier Industriet­aucher des Eschauer Unternehme­ns Dauth. Angeführt vom Tauch-Einsatzlei­ter Patrick Heusinger saugen die Männer mit schwerem Gerät seit vergangene­m Montag den Grund des Faulturms frei. Es gilt, eine rund fünf Meter dicke Sandschich­t vom Boden des Turms abzutragen. Eine schweißtre­ibende Arbeit, die viel Kraft und ein noch besseres Nervenkost­üm erfordern. Denn: Im Faulturm befindet sich nicht nur der abgelagert­e Sand, sondern auch nach wie vor noch rund 2500 Kubikmeter Klärschlam­m. Hier müssen sich die Männer in schwerster Taucheraus­rüstung, inklusive Helm, Bleiweste und Gewichten an den Füßen, in völliger Dunkelheit durchwühle­n – bis sie auf Sand stoßen. Gearbeitet wird aktuell in 13,5Meter Tiefe. Die Temperatur­en im Turm sind hoch. Der Klärschlam­m ist bis zu 36 Grad warm.

Maximal 70 Minuten halten die Männer einen solchen Tauchgang durch. Dann muss das Personal zwingend gewechselt werden. „Das Tauchen in Faultürmen ist die absolute Königsdisz­iplin“, sagt Patrick Heusinger. Der 41-Jährige muss es wissen. Heusinger arbeitet seit über 20 Jahren als Industriet­aucher. Er und seine Männer erledigen als Taucher alle nur erdenklich­en Arbeiten.

Die Spezialist­en schweißen, bohren und betonieren auf Baustellen unter Wasser. Oder sie steigen in die Faultürme von Kläranlage­n. Was laut Heusinger übrigens durchaus mit gewissen Risiken verbunden ist. Es bestünde in den Türmen die Gefahr, dass der Sand in Bewegung gerät und die Taucher bei der Arbeit verschütte­t werden können. Weshalb zu den Männern im Turm auch ständig Funkkontak­t gehalten wird. Außerdem könnten selbst einem hartgesott­enen Taucher in dieser Situation auch mal die Nerven einen Streich spielen, sagt der Einsatzlei­ter.

„Das soll zwar nicht passieren. Aber ich kenne keinen einzigen Taucher, der es nicht schon mal mit der Angst zu tun bekommen hat. Dafür haben wir alle im Job schon oft genug brenzlige Situatione­n erlebt.“

Die Stadt lässt sich den Tauchgang übrigens einiges kosten. Rund 20 000 Euro werden investiert. Das sei laut dem Betriebsle­iter Hubert Traub aber gut angelegtes Geld. Die Reinigung der Anlage mittels Taucher sei unter dem Strich, die schnellste und überdies auch sicherste Variante, um einen Faulturm wieder auf Vordermann zu bringen.

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FOTOS: THOMAS SIEDLER Taucher in voller Montur. In der Kläranlage Schönau wird der Faulturm von Industriet­auchern gereinigt. Ein Knochenjob, für den nicht jeder geeignet ist.

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