Kein Job für Weicheier
Augen zu und durch: Bei der Kläranlage Schönau reinigen Berufstaucher in dieser Woche den Faulturm
- Der Faulturm der größten Ellwanger Sammelkläranlage in Schönau wird gerade gereinigt – und zwar von Berufstauchern. In Ellwangen ist das eine Premiere. Die Männer müssen hart im Nehmen sein und dürfen eines auf gar keinen Fall haben: Angst vor totaler Dunkelheit.
Alle zehn Jahre muss man ran an den Faulturm der Sammelkläranlage in Schönau. Dann ist hier sprichwörtlich so viel Sand im Getriebe, dass die technische Anlage freigeräumt werden muss. In der Vergangenheit war das stets mit einem enormen Aufwand für die Mitarbeiter der Kläranlage verbunden. Der Faulbehälter musste für derartige Arbeiten über mehrere Monate still gelegt werden. Vor allem deshalb, weil der im Turm befindliche Klärschlamm irgendwie zwischengelagert werden musste, ehe die Reinigung beginnen konnte.
In diesem Jahr ist das anders. Der technische Betriebsleiter der Anlage, Hubert Traub geht davon aus, dass die Arbeiten dieses Mal innerhalb einer Woche erledigt sein werden. Verantwortlich dafür sind die vier Industrietaucher des Eschauer Unternehmens Dauth. Angeführt vom Tauch-Einsatzleiter Patrick Heusinger saugen die Männer mit schwerem Gerät seit vergangenem Montag den Grund des Faulturms frei. Es gilt, eine rund fünf Meter dicke Sandschicht vom Boden des Turms abzutragen. Eine schweißtreibende Arbeit, die viel Kraft und ein noch besseres Nervenkostüm erfordern. Denn: Im Faulturm befindet sich nicht nur der abgelagerte Sand, sondern auch nach wie vor noch rund 2500 Kubikmeter Klärschlamm. Hier müssen sich die Männer in schwerster Taucherausrüstung, inklusive Helm, Bleiweste und Gewichten an den Füßen, in völliger Dunkelheit durchwühlen – bis sie auf Sand stoßen. Gearbeitet wird aktuell in 13,5Meter Tiefe. Die Temperaturen im Turm sind hoch. Der Klärschlamm ist bis zu 36 Grad warm.
Maximal 70 Minuten halten die Männer einen solchen Tauchgang durch. Dann muss das Personal zwingend gewechselt werden. „Das Tauchen in Faultürmen ist die absolute Königsdisziplin“, sagt Patrick Heusinger. Der 41-Jährige muss es wissen. Heusinger arbeitet seit über 20 Jahren als Industrietaucher. Er und seine Männer erledigen als Taucher alle nur erdenklichen Arbeiten.
Die Spezialisten schweißen, bohren und betonieren auf Baustellen unter Wasser. Oder sie steigen in die Faultürme von Kläranlagen. Was laut Heusinger übrigens durchaus mit gewissen Risiken verbunden ist. Es bestünde in den Türmen die Gefahr, dass der Sand in Bewegung gerät und die Taucher bei der Arbeit verschüttet werden können. Weshalb zu den Männern im Turm auch ständig Funkkontakt gehalten wird. Außerdem könnten selbst einem hartgesottenen Taucher in dieser Situation auch mal die Nerven einen Streich spielen, sagt der Einsatzleiter.
„Das soll zwar nicht passieren. Aber ich kenne keinen einzigen Taucher, der es nicht schon mal mit der Angst zu tun bekommen hat. Dafür haben wir alle im Job schon oft genug brenzlige Situationen erlebt.“
Die Stadt lässt sich den Tauchgang übrigens einiges kosten. Rund 20 000 Euro werden investiert. Das sei laut dem Betriebsleiter Hubert Traub aber gut angelegtes Geld. Die Reinigung der Anlage mittels Taucher sei unter dem Strich, die schnellste und überdies auch sicherste Variante, um einen Faulturm wieder auf Vordermann zu bringen.