Verhandlungen um Ganztagsbetreuung
Eisenmanns Forderung nach neuer Richtlinie erfolglos – Vorschlag aus Berlin
(thg) - Im Streit um Bundesmittel für den Ausbau schulischer Ganztagsbetreuung hält der Bund an seiner Verwaltungsvereinbarung fest. Das geht aus einem Brief an die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hervor. Trotzdem besteht die Möglichkeit, dass auch kommunale Betreuungsangebote für Grundschüler im Südwesten vom Geld aus Berlin profitieren könnten. Man arbeite derzeit an einer Lösung, heißt es aus dem Kultusministerium. Doch die Zeit drängt.
- Weil Baden-Württemberg in der Betreuung von Grundschulkindern einen Sonderweg geht, schwelt seit Monaten ein Streit mit dem Bund. Der würde den Ländern gerne Geld geben, damit sie Ganztagsangebote für Grundschüler schaffen. 15 Bundesländer wollen die Vereinbarung unterschreiben oder haben es bereits getan – Baden-Württemberg aber nicht. Bleibt es dabei, gehen auch die anderen Länder leer aus. Jetzt ist klar: Der Bund will an der entsprechenden Verwaltungsvereinbarung festhalten. Trotzdem könnte es für Baden-Württemberg eine Lösung geben.
Hintergrund des Streits ist das Recht auf Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern, das ab 2025 gilt. Die Länder sollen dafür ihre Ganztagsangebote an Grundschulen ausbauen, also in Räume, Konzepte und Personal investieren. Mit 3,5 Milliarden Euro will der Bund sie unterstützen. Die ersten 750 Millionen Euro sollen nun fließen, rund 98 Millionen Euro davon in den Südwesten. Der blockiert derzeit aber als einziges Land das Vorhaben noch.
Denn die Betreuung ist in BadenWürttemberg anders geregelt als in anderen Ländern. 80 Prozent der Ganztagesangebote für Grundschulkinder wären im Südwesten nach aktuellem Stand nicht mit Bundesmitteln förderfähig, weil sie unter kommunaler Aufsicht stehen. Im Gegensatz zu den anderen Ländern verantworten also vor allem die Städte und Gemeinden die Betreuungsgruppen, nicht das Land.
Südwest-Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hatte deshalb gefordert, dass der Bund auf die Sondersituation Baden-Württembergs eingeht. Auch mit Blick auf den hohen qualitativen Anspruch sei es unabdingbar, dass Betreuungsangebote, die in Baden-Württemberg traditionell unter der bewährten Aufsicht der kommunalen Schulträger stehen, angemessen einbezogen werden, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Man habe deshalb bereits im Sommer 2020 die baden-württembergische Staatskanzlei, die für den Südwesten die Verhandlungen geführt hat, aufgefordert, sich gegenüber dem Bund dafür einzusetzen, dass auch kommunale Betreuungsangebote gefördert werden sollen. Als sich jedoch abzeichnete, dass keine Änderungen im Sinne Baden-Württembergs an der Verwaltungsvereinbarung mehr vorgenommen werden sollen, habe sich Frau Eisenmann in Telefonaten und Schreiben an den Bund gewandt, um die Situation Baden-Württembergs zu erläutern, heißt es aus dem Kultusminsterium. Vergangene Woche wurde Eisenmann dann schließlich sogar persönlich nach Berlin eingeladen, um sich mit Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) zu treffen.
Anschließend hieß es von allen Beteiligten, das Gespräch sei konstruktiv verlaufen. Jetzt steht fest: Der Bund hält an der Verwaltungsvereinbarung fest. In einem Brief von Karliczek und Giffey an Eisenmann, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, stellen die beiden Bundesministerinnen klar: Eine Änderung der Verwaltungsvereinbarung ist keine Option. Trotzdem zeigen die beiden Bundesministerinnen einen Weg auf, wie die Verwaltungsvereinbarung auch in Baden-Württemberg umgesetzt werden könnte. Konkret heißt es im Brief: „Kommunale Betreuungsangebote müssen (...) unter Schulaufsicht stehen, damit sie gemäß der Verwaltungsvereinbarung (...) förderfähig sind.“Betreuungsangebote, die in Trägerschaft der Kommunen sind, müssen also unter die Aufsicht der Schulen gestellt werden, damit Geld vom Bund fließen kann.
Wie das in Baden-Württemberg konkret aussehen könnte, ist noch unklar. „Sofern dies rechtlich möglich ist, könnte zum Beispiel eine Übertragung von Aufgaben auf Kommunen bzw. Schulträger erfolgen“, schlagen die beiden Bundesministerinnen in ihrem Brief vor. In Stuttgart werden die Möglichkeiten nun geprüft. „Wir arbeiten derzeit an einer Lösung“, sagt eine Sprecherin des Kultusministeriums. „Wir sind zuversichtlich, dass wir schon bald eine Lösung präsentieren können, die im Sinne unseres Landes ist und auch die kommunalen Betreuungsangebote berücksichtigt.“Viel Zeit scheint Eisenmann dafür nicht mehr zu bleiben. Im Brief der Bundesministerinnen heißt es: „Bitte teilen Sie uns hierzu schnellstmöglich Ihre Rückmeldung mit. Es sollte unser gemeinsames Ziel sein, das Programm jetzt zu starten. Daher bitten wir herzlich um zeitnahe Unterzeichnung der Verwaltungsvereinbarung.“Das würde auch die anderen Bundesländer freuen. Schließlich könnten dann die ersten Überweisungen erfolgen. In Bayern gibt man sich trotzdem zurückhaltend: „Bund und Länder stehen bei der Konzeption der Förderprogramme vor der Herausforderung, die für den Bereich Schule bzw. Kinder- und Jugendhilfe verschiedenen Systeme in ihrer Unterschiedlichkeit zu berücksichtigen“, heißt es aus dem bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus. „Der Freistaat Bayern ist zuversichtlich, dass es gelingen wird, hierfür Lösungen zu finden.“