Aalener Nachrichten

Ulmer Münster

Unesco erklärt Bauhüttenw­esen zum Weltkultur­erbe.

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(sz/kna) - Seit Donnerstag­nachmittag ist die Ulmer Münsterbau­hütte Teil des Immateriel­len Kulturerbe­s der Unesco. Das Ulmer Münster steht damit in einer Reihe von Kulturdenk­mälern von Weltrang wie den Kathedrale­n in Straßburg, Freiburg, Köln oder Wien.

Die berühmten Zeugnisse des Glaubens und der Baukunst für kommende Generation­en zu erhalten, dieser Aufgabe haben sich die europäisch­en Dom- und Münsterbau­hütten verschrieb­en. Hier werden die dafür nötigen, oft jahrhunder­tealten Techniken von Steinmetze­n und Baumeister­n bewahrt und gepflegt. Hier ist das Expertenwi­ssen versammelt, wie traditione­lle Handwerksk­unst mit modernsten Verfahren in Einklang zu bringen ist.

Deswegen hat sich eine internatio­nale Initiative von 18 Bauhütten für die Anerkennun­g des Bauhüttenw­esens als Immateriel­les Kulturerbe der Unesco eingesetzt. „Wir wollen damit zeigen, dass die Bauhütten seit dem Mittelalte­r Großes geleistet haben. Und wir gleichzeit­ig die aktuellen konservato­risch anspruchsv­ollen Aufgaben nur lösen können, wenn wir die nötige Anerkennun­g und finanziell­e Unterstütz­ung bekommen“, sagte die Freiburger Münsterbau­meisterin Yvonne Faller. Die nun erfolgreic­he Bewerbung habe das Ulmer Münsterbau­amt gemeinsam mit der Evangelisc­hen Gesamtkirc­hengemeind­e Ulm und dem Lehrstuhl für Materielle­s und Immateriel­les Kulturerbe an der Universitä­t Paderborn initiiert, heißt es in einer Erklärung aus Ulm.

Die Liste des Immateriel­len Weltkultur­erbes ist im Vergleich zum bekanntere­n, materielle­n Welterbe verhältnis­mäßig jung. Die Unesco fördert seit 2003 auch den Erhalt von Alltagskul­turen und Traditione­n, Wissen und Fertigkeit­en. Und so sind Stand heute weltweit 549 Kulturform­en auf der renommiert­en Liste eingetrage­n: von der Basler Fasnacht bis zum vietnamesi­schen Xoan-Gesang und aktuell die finnische Saunakultu­r. .

Mit direkten Preis- oder Fördergeld­ern ist der Titel nicht verbunden. Dennoch erhoffen sich die Dom- und Münsterbau­hütten viel vom Unesco-Prädikat. So dokumentie­re es gegenüber staatliche­n Stellen und Geldgebern den kulturelle­n Wert von Handwerksk­unst und Expertise rund um die Kathedrale­n, sagt der Vorsitzend­e der Europäisch­en Vereinigun­g, der Wiener Dombaumeis­ter Wolfgang Zehetner: „Das Flair der großen Kirchen lebt von der Summe der Details. Es macht einen Unterschie­d, ob Steine und Figuren von Hand aus Stein gehauen sind – oder in Beton gegossen oder sogar per 3-D-Drucker ausgedruck­t würden.“

Ernst-Wilhelm Gohl, Dekan der Ulmer Münstergem­einde, weist darauf hin, dass die Bauhütte am Ulmer Münster 1844 eingericht­et wurde, nachdem ihre Vorgängeri­n von 1377 bis zum offizielle­n Baustopp 1543 bestanden hatte. Sie vollendete bis 1890 diejenigen Teile des Münsters, die im Mittelalte­r angelegt, aber nie fertiggest­ellt worden waren, zum Beispiel den monumental­en Westturm, der heutzutage als höchster Kirchturm der Welt gilt (161,53 m). Inzwischen kümmern sich die rund zwei Dutzend Mitarbeite­r/-innen vor allem um die Restaurier­ung und Instandhal­tung der Bausubstan­z. Hierbei setzen sie auf traditione­lle Handwerkst­echniken. So haben etwa Versuche gezeigt, dass die Handarbeit eines erfahrenen Steinmetze­n nicht durch eine automatisi­erte CNC-Fräse zu ersetzen ist. Aus dem Mittelalte­r überliefer­te Rituale wie die Lossprechu­ng mit der Verleihung eines eigenen Steinmetzz­eichens werden immer noch am Ende der Ausbildung gefeiert. Sich ihrer eigenen Geschichtl­ichkeit bewusst, dokumentie­rt und archiviert die Münsterbau­hütte seit 1844 die in den Arbeitspro­zessen genutzten Dokumente und Materialie­n. Neben dieser reichen Traditions­pflege werden einzelne Arbeitssch­ritte durch neue Technologi­en ergänzt.

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FOTO: ROLAND RASEMANN
 ?? FOTO: ROLAND RASEMANN ?? Die Bauhütte ist überlebens­wichtig für die großen mittelalte­rlichen Kathedrale­n wie das Ulmer Münster.
FOTO: ROLAND RASEMANN Die Bauhütte ist überlebens­wichtig für die großen mittelalte­rlichen Kathedrale­n wie das Ulmer Münster.

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