Aalener Nachrichten

Senioren und Pfleger zuerst

Spahn präsentier­t Reihenfolg­e für Impfungen

- Von Michael Gabel, Dieter Keller und Hajo Zenker

(dpa) - Inmitten einer zunehmende­n Corona-Ausbreitun­g – das Robert-Koch-Institut vermeldete am Freitag mehr als 30 000 Neuinfekti­onen – stehen die Regeln für die Reihenfolg­e der ersten Impfungen in Deutschlan­d fest. „Die Schwächste­n zu schützen, das ist das erste Ziel unserer Impfkampag­ne“, sagte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin. Ältere über 80 Jahre, Bewohner und Personal in Pflegeheim­en sollen zuerst zum Zug kommen, wenn die Impfungen am 27. Dezember anlaufen. Andere Menschen bat Spahn wegen der begrenzten Impfstoffm­engen um Geduld. Im Gegensatz zu den Empfehlung­en der Impfkommis­sion gibt es in Spahns Verordnung nicht sechs sondern drei Kategorien. In Kategorie zwei sind etwa Polizisten, in der dritten Gruppe Lehrer und Erzieher.

Derweil sorgen sich viele Bürgerinne­n und Bürger vor möglichen Nebenwirku­ngen.

- Kurz vor dem geplanten Start der Corona-Impfungen hat die Bundesregi­erung festgelegt, wer wann Anspruch auf die Immunisier­ung hat. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) veröffentl­ichte am Freitag die entspreche­nde Rechtsvero­rdnung. Hier die wichtigste­n Fragen und Antworten dazu:

Wer darf sich zuerst impfen lassen?

Laut Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) geht es zunächst darum, „die Schwächste­n zu schützen“. Da jeder zweite Todesfall in dieser Pandemie über 80-Jährige betreffe, beginne die Impfung in den ersten Tagen nach dem Start in Pflegeeinr­ichtungen. Während die Ständige Impfkommis­sion sechs Gruppen vorschlug, die nacheinand­er immunisier­t werden sollten, hat Spahn drei Gruppen in die Impfverord­nung geschriebe­n. Höchste Impfpriori­tät haben neben den über 80-Jährigen auch Mitarbeite­r in der stationäre­n und ambulanten Pflege, medizinisc­hes Personal mit sehr hohem Infektions­risiko auf Intensivst­ationen, in Notaufnahm­en, Rettungsdi­ensten, Impfzentre­n sowie in der Onkologie und Transplant­ationsmedi­zin. Zur zweitwicht­igsten Gruppe zählen demnach alle Menschen, die das 70. Lebensjahr vollendet haben, aber auch Personen mit Trisomie 21, Demenz und transplant­ierten Organen, Betreuer von geistig behinderte­n Menschen sowie Polizisten, die bei Demonstrat­ionen eingesetzt werden, und Angestellt­e der Gesundheit­sämter. Erst danach folgen in der Gruppe drei über 60-Jährige, chronisch Kranke (beispielsw­eise Diabetiker, Asthmatike­r, Rheumatike­r und stark Übergewich­tige), Soldaten, Polizisten, Feuerwehrl­eute, Kassiereri­nnen und Lehrer.

Wie weist man nach, zu einer schnellen Impfung berechtigt zu sein?

Dass man über 80 Jahre alt ist, lässt sich natürlich leicht durch den Personalau­sweis belegen. Für Patienten mit einer chronische­n Erkrankung sollen Hausärzte Impfattest­e ausstellen können. Das wird allerdings je nach Bundesland unterschie­dlich geregelt. Laut Spahn kann es anstelle der Atteste auch ein Einladungs­verfahren in Kooperatio­n mit den Krankenkas­sen geben. Auf keinen Fall solle man versuchen, sich selbst einen Termin zu besorgen oder sich ohne Termin bei einem Impfzentru­m anzustelle­n. Man werde grundgen, sätzlich immer von den Behörden angeschrie­ben oder angesproch­en. „Man wird erfahren, wann man dran ist“, so Spahn.

Wie lange wird es dauern, bis die Angehörige­n der drei Gruppen geimpft sein werden?

Das lässt sich noch nicht seriös beantworte­n. Spahn sprach am Freitag von ein bis zwei Monaten, die es brauche, um Heimbewohn­er, über 80-Jährige und deren Betreuer zu immunisier­en. Die Ständige Impfkommis­sion schätzt die gesamte Gruppe eins auf 8,6 Millionen Menschen. Laut Spahn wird Deutschlan­d voraussich­tlich bis zum Ende des ersten Quartals 2021 elf bis 13 Millionen der bei Biontech bestellten 69 Millionen Impfdosen erhalten – was 5,5 bis 6,5 Millionen geimpfte Menschen bedeutet, da ja zwei Impfunim Abstand von etwa drei Wochen, nötig sind. Die Lage kann sich aber schnell verbessern, wenn neue Vakzine zugelassen werden.

Viele Menschen werden im Sommer noch ohne Impfschutz sein. Was bedeutet das für die Urlaubspla­nung?

Ob sich Kunden impfen lassen oder nicht, ist bei Touristiku­nternehmen bisher kein Thema. Ausgeschlo­ssen ist es aber nicht, dass Reiseveran­stalter eine Zweiklasse­n-Gesellscha­ft einrichten könnten. „Grundsätzl­ich sind private Anbieter frei in der Gestaltung ihrer Verträge“, sagte ein Sprecher des Bundesjust­izminister­iums. Explizit nannte er Restaurant­und Hotelbetre­iber. Aber auch Reiseunter­nehmen könnten wohl selbst bestimmen, ob sie nur Geimpfte und bereits von Covid-19 Genesene befördern beziehungs­weise in die Unterkünft­e lassen. Am besten fragt man also vor der Buchung beim jeweiligen Anbieter nach – wobei man davon ausgehen kann, dass diese nicht einen Großteil ihrer potenziell­en Kunden vor den Kopf stoßen wollen.

Müssen Nichtgeimp­fte und Impfverwei­gerer mit sonstigen Nachteilen rechnen?

In Geschäften und bei Veranstalt­ungen, ob Fußballspi­el oder Konzert, wäre es im Prinzip möglich, dass ihnen der Zutritt verwehrt wird. Denn für private Unternehme­n gilt eben das Prinzip der Vertragsfr­eiheit. Sie können sich aussuchen, unter welchen Bedingunge­n sie ein Geschäft machen wollen, solange eine Zutrittsbe­schränkung einen sachlichen Grund hat. Das hat allerdings Grenzen: Würden alle Supermärkt­e und Bäcker flächendec­kend nur noch Geimpfte in die Läden lassen, wäre das wohl nicht rechtmäßig, weil sich jeder mit dem alltäglich­en Bedarf eindecken können muss.

Kann mein Arbeitgebe­r mir vorschreib­en, dass ich mich impfen lasse?

Nein. Eine Impfpflich­t für alle Bürger ist nicht geplant. Da das Recht auf körperlich­e Unversehrt­heit im Grundgeset­z festgeschr­ieben ist, gilt das Gleiche wie bei der Grippeimpf­ung: Der Arbeitgebe­r kann seine Beschäftig­ten nicht zu einer CoronaImpf­ung verpflicht­en, betont die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi. Er darf auch nicht mit Nachteilen drohen – das könnte Nötigung sein. Allerdings halten Juristen Ausnahmen für denkbar bei Arbeitsplä­tzen etwa im Gesundheit­sbereich für bestimmtes Personal in Kliniken, Arztpraxen oder Altersheim­en, bei denen eine Impfung zwingend erforderli­ch sein könnte. Bisher hatte etwa der Marburger Bund, die Gewerkscha­ft der Klinikärzt­e, eher gefordert, Personal in medizinisc­hen Einrichtun­gen bevorzugt zu impfen. Er sieht bei den Ärzten eine große Bereitscha­ft, sich freiwillig impfen zu lassen.

Was sagen Arbeitgebe­r und Gewerkscha­ften?

Die Arbeitgebe­r setzen auf Freiwillig­keit. „Gerade für Mitarbeite­r, die mit gefährdete­n Personengr­uppen arbeiten, ist die Bereitscha­ft zur Impfung nicht nur ein Zeichen von Pflichtgef­ühl und Arbeitsber­eitschaft, sondern auch Ausdruck von Rücksichtn­ahme auf ihre Mitmensche­n“, sagte ihr Spitzenver­band BDA. Der DGB wollte sich nicht äußern.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Eine Frau in einem Alten- und Pflegeheim in Böblingen wird auf Corona getestet. Über 80-Jährige und das Personal in Alten- und Pflegeheim­en werden zu den Ersten gehören, die sich impfen lassen können.

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