Senioren und Pfleger zuerst
Spahn präsentiert Reihenfolge für Impfungen
(dpa) - Inmitten einer zunehmenden Corona-Ausbreitung – das Robert-Koch-Institut vermeldete am Freitag mehr als 30 000 Neuinfektionen – stehen die Regeln für die Reihenfolge der ersten Impfungen in Deutschland fest. „Die Schwächsten zu schützen, das ist das erste Ziel unserer Impfkampagne“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin. Ältere über 80 Jahre, Bewohner und Personal in Pflegeheimen sollen zuerst zum Zug kommen, wenn die Impfungen am 27. Dezember anlaufen. Andere Menschen bat Spahn wegen der begrenzten Impfstoffmengen um Geduld. Im Gegensatz zu den Empfehlungen der Impfkommission gibt es in Spahns Verordnung nicht sechs sondern drei Kategorien. In Kategorie zwei sind etwa Polizisten, in der dritten Gruppe Lehrer und Erzieher.
Derweil sorgen sich viele Bürgerinnen und Bürger vor möglichen Nebenwirkungen.
- Kurz vor dem geplanten Start der Corona-Impfungen hat die Bundesregierung festgelegt, wer wann Anspruch auf die Immunisierung hat. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) veröffentlichte am Freitag die entsprechende Rechtsverordnung. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:
Wer darf sich zuerst impfen lassen?
Laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geht es zunächst darum, „die Schwächsten zu schützen“. Da jeder zweite Todesfall in dieser Pandemie über 80-Jährige betreffe, beginne die Impfung in den ersten Tagen nach dem Start in Pflegeeinrichtungen. Während die Ständige Impfkommission sechs Gruppen vorschlug, die nacheinander immunisiert werden sollten, hat Spahn drei Gruppen in die Impfverordnung geschrieben. Höchste Impfpriorität haben neben den über 80-Jährigen auch Mitarbeiter in der stationären und ambulanten Pflege, medizinisches Personal mit sehr hohem Infektionsrisiko auf Intensivstationen, in Notaufnahmen, Rettungsdiensten, Impfzentren sowie in der Onkologie und Transplantationsmedizin. Zur zweitwichtigsten Gruppe zählen demnach alle Menschen, die das 70. Lebensjahr vollendet haben, aber auch Personen mit Trisomie 21, Demenz und transplantierten Organen, Betreuer von geistig behinderten Menschen sowie Polizisten, die bei Demonstrationen eingesetzt werden, und Angestellte der Gesundheitsämter. Erst danach folgen in der Gruppe drei über 60-Jährige, chronisch Kranke (beispielsweise Diabetiker, Asthmatiker, Rheumatiker und stark Übergewichtige), Soldaten, Polizisten, Feuerwehrleute, Kassiererinnen und Lehrer.
Wie weist man nach, zu einer schnellen Impfung berechtigt zu sein?
Dass man über 80 Jahre alt ist, lässt sich natürlich leicht durch den Personalausweis belegen. Für Patienten mit einer chronischen Erkrankung sollen Hausärzte Impfatteste ausstellen können. Das wird allerdings je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. Laut Spahn kann es anstelle der Atteste auch ein Einladungsverfahren in Kooperation mit den Krankenkassen geben. Auf keinen Fall solle man versuchen, sich selbst einen Termin zu besorgen oder sich ohne Termin bei einem Impfzentrum anzustellen. Man werde grundgen, sätzlich immer von den Behörden angeschrieben oder angesprochen. „Man wird erfahren, wann man dran ist“, so Spahn.
Wie lange wird es dauern, bis die Angehörigen der drei Gruppen geimpft sein werden?
Das lässt sich noch nicht seriös beantworten. Spahn sprach am Freitag von ein bis zwei Monaten, die es brauche, um Heimbewohner, über 80-Jährige und deren Betreuer zu immunisieren. Die Ständige Impfkommission schätzt die gesamte Gruppe eins auf 8,6 Millionen Menschen. Laut Spahn wird Deutschland voraussichtlich bis zum Ende des ersten Quartals 2021 elf bis 13 Millionen der bei Biontech bestellten 69 Millionen Impfdosen erhalten – was 5,5 bis 6,5 Millionen geimpfte Menschen bedeutet, da ja zwei Impfunim Abstand von etwa drei Wochen, nötig sind. Die Lage kann sich aber schnell verbessern, wenn neue Vakzine zugelassen werden.
Viele Menschen werden im Sommer noch ohne Impfschutz sein. Was bedeutet das für die Urlaubsplanung?
Ob sich Kunden impfen lassen oder nicht, ist bei Touristikunternehmen bisher kein Thema. Ausgeschlossen ist es aber nicht, dass Reiseveranstalter eine Zweiklassen-Gesellschaft einrichten könnten. „Grundsätzlich sind private Anbieter frei in der Gestaltung ihrer Verträge“, sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums. Explizit nannte er Restaurantund Hotelbetreiber. Aber auch Reiseunternehmen könnten wohl selbst bestimmen, ob sie nur Geimpfte und bereits von Covid-19 Genesene befördern beziehungsweise in die Unterkünfte lassen. Am besten fragt man also vor der Buchung beim jeweiligen Anbieter nach – wobei man davon ausgehen kann, dass diese nicht einen Großteil ihrer potenziellen Kunden vor den Kopf stoßen wollen.
Müssen Nichtgeimpfte und Impfverweigerer mit sonstigen Nachteilen rechnen?
In Geschäften und bei Veranstaltungen, ob Fußballspiel oder Konzert, wäre es im Prinzip möglich, dass ihnen der Zutritt verwehrt wird. Denn für private Unternehmen gilt eben das Prinzip der Vertragsfreiheit. Sie können sich aussuchen, unter welchen Bedingungen sie ein Geschäft machen wollen, solange eine Zutrittsbeschränkung einen sachlichen Grund hat. Das hat allerdings Grenzen: Würden alle Supermärkte und Bäcker flächendeckend nur noch Geimpfte in die Läden lassen, wäre das wohl nicht rechtmäßig, weil sich jeder mit dem alltäglichen Bedarf eindecken können muss.
Kann mein Arbeitgeber mir vorschreiben, dass ich mich impfen lasse?
Nein. Eine Impfpflicht für alle Bürger ist nicht geplant. Da das Recht auf körperliche Unversehrtheit im Grundgesetz festgeschrieben ist, gilt das Gleiche wie bei der Grippeimpfung: Der Arbeitgeber kann seine Beschäftigten nicht zu einer CoronaImpfung verpflichten, betont die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Er darf auch nicht mit Nachteilen drohen – das könnte Nötigung sein. Allerdings halten Juristen Ausnahmen für denkbar bei Arbeitsplätzen etwa im Gesundheitsbereich für bestimmtes Personal in Kliniken, Arztpraxen oder Altersheimen, bei denen eine Impfung zwingend erforderlich sein könnte. Bisher hatte etwa der Marburger Bund, die Gewerkschaft der Klinikärzte, eher gefordert, Personal in medizinischen Einrichtungen bevorzugt zu impfen. Er sieht bei den Ärzten eine große Bereitschaft, sich freiwillig impfen zu lassen.
Was sagen Arbeitgeber und Gewerkschaften?
Die Arbeitgeber setzen auf Freiwilligkeit. „Gerade für Mitarbeiter, die mit gefährdeten Personengruppen arbeiten, ist die Bereitschaft zur Impfung nicht nur ein Zeichen von Pflichtgefühl und Arbeitsbereitschaft, sondern auch Ausdruck von Rücksichtnahme auf ihre Mitmenschen“, sagte ihr Spitzenverband BDA. Der DGB wollte sich nicht äußern.