Österreich geht in den dritten Lockdown
Auch Schweiz mit neuen Maßnahmen – Skigebiete der Eidgenossen weiter geöffnet
(dpa) - Die Alpenländer Österreich und Schweiz haben am Freitag neue Corona-Maßnahmen beschlossen. Österreich geht ab dem
26. Dezember für mindestens drei Wochen erneut in den coronabedingten Lockdown, mit Ausgangsbeschränkungen, geschlossenem Handel und Schulen. In der Schweiz müssen ab Dienstag Restaurants, Kinos, Museen und Sportclubs schließen, aber Geschäfte und die Skigebiete dürfen trotz Kritik aus dem Ausland offen bleiben.
In Österreich soll ab dem 18. Januar der Handel sowie erstmals seit November auch Kultur und Gastronomie wieder öffnen – allerdings nur für Menschen, die bei einem der dann landesweit umsonst angebotenen Corona-Schnelltests negativ getestet werden. „Für alle, die nicht bereit sind, sich testen zu lassen, gelten die Regelungen des Lockdowns bis
24. Januar, also eine Woche länger“, sagte Kanzler Sebastian Kurz am Freitagabend. Tests seien die Voraussetzung für Lockerungen in der Pandemie. „Ohne Einschränkungen gibt es keine Möglichkeit, durch diese Pandemie zu kommen.“
Konkret sieht der Plan für den dritten Lockdown in der Alpenrepublik vor, dass Ausgangsbeschränkungen vom 26. Dezember bis 24. Januar wieder den ganzen Tag gelten. Das Haus darf nur aus triftigen Gründen verlassen werden, zu denen neben diversen Grundbedürfnissen wie Einkauf oder Arztbesuch sowie etwa Arbeit oder Bildung auch die Erholung im Freien zählt.
Bis auf Geschäfte des täglichen Bedarfs bleiben der Handel und körpernahe Dienstleister wie Friseure bis zum 17. Januar geschlossen, Schüler lernen im Online-Unterricht.
Über die Öffnung von Skigebieten und Liften, die für den 24. Dezember angekündigt war, sollen Bundesländer und Bezirke eigenständig entscheiden. Die Bundesländer Tirol, Salzburg und Vorarlberg erklärten am Freitagabend, die Lifte wie geplant zu öffnen. „Klar ist, dass alle Sicherheitsmaßnahmen und -konzepte eingehalten werden müssen. Die sportliche Betätigung und Bewegung an der frischen Luft steht im Vordergrund“, sagte Tirols Landeshauptmann Günther Platter. Da in Österreich dann Quarantänepflicht für Einreisende aus den meisten Ländern gilt, ist der Betrieb größtenteils auf Einheimische beschränkt.
Ab dem 18. Januar sollen Schulen, Handel, Gastronomie, Tourismus wieder öffnen – unter der Bedingung der Vorlage eines negativen AntigenSchnelltests,
der nicht älter als eine Woche ist. Der Verzicht auf einen Test bedeute bis zum 24. Januar ganztägige Ausgangsbeschränkungen und das verpflichtende Tragen einer FFP2-Maske etwa beim Einkaufen oder auf dem Weg zur Arbeit. Auch Schüler und Lehrer ohne negativen Test müssen eine FFP2-Maske tragen.
Anschließend sollen bestimmte Berufsgruppen weiterhin wöchentlich getestet werden – Gesundheitsberufe oder Lehrer, aber auch Angestellte mit Kundenkontakt. Kurz räumte ein, dass der Antigen-Test aus medizinischer Sicht nur eine auf höchstens 48 Stunden befristete Aussagekraft habe. Ein Test pro Woche biete aber größere Sicherheit als gar keine Tests, argumentierte er am Freitag.
Österreich hatte erst am 7. Dezember wieder landesweit die Geschäfte und Schulen nach einer dreiwöchigen Schließung mit Ausgangsregeln rund um die Uhr geöffnet. Kultur, Gastronomie, Hotels und die meisten Freizeiteinrichtungen sind seit Anfang November geschlossen, außerdem gilt seither eine nächtliche Ausgangsbeschränkung mit Ausnahmen nur zu triftigen Gründen, zu denen auch die Erholung im Freien zählt.
Die Corona-Infektionszahlen, die vor dem zweiten Lockdown täglich neue Rekordwerte erreichten, sanken seitdem deutlich, der Rückgang stagnierte zuletzt aber. In den vergangenen sieben Tagen zählte Österreich Stand Freitag noch 206 Infektionen pro 100 000 Einwohner, Mitte November waren es noch über 550. Experten warnen jedoch vor einem deutlichen Wiederanstieg über die Feiertage. Rund 500 der bis zu 850 verfügbaren Intensivbetten für Corona-Patienten sind derzeit belegt.
Angesichts der steigenden Zahl von Neuinfektionen hat auch die Schweizer Regierung eine Verschärfung ihrer Corona-Maßnahmen angekündigt. „Die epidemiologische Lage ist besorgniserregend“, hieß es in einer Erklärung des Bundesrates am Freitag. Krankenhäuser und Pflegepersonal seien seit Wochen überlastet, und die nahenden Festtage würden das Risiko einer beschleunigten Ausbreitung des Virus erhöhen.
Die Inzidenz pro 100 000 Einwohnern sei dreimal höher als in Spanien oder Frankreich, begründete Gesundheitsminister Alain Berset die Maßnahmen. „Wir liegen viel zu hoch.“Das Bundesamt für Gesundheit meldete am Freitag knapp 4500 neue Infektionen. Das entsprach über 14 Tage 664 Fällen pro 100 000 Einwohner.
Wenn die Lage in der Schweiz sich nicht bessere, gebe es im kommenden Jahr noch strengere Regeln, sagte Präsidentin Simonetta Sommaruga. Die Kantone könnten die Skigebiete schließen. Der Kanton Wallis, in dem etwa Zermatt und Saas Fee liegen, hat bereits eine Genehmigung für den Betrieb fast aller Lifte und Bergbahnen erteilt.
Die Regeln lassen jedoch Ausnahmen zu. So sollen beispielsweise Hotels weiterhin ihre Gäste bewirten dürfen und Kantinen weiter geöffnet bleiben. Außerdem sollen weniger stark betroffene Kantone die Maßnahmen lockern dürfen.
Die Infektionszahlen in der Schweiz gehören – im Verhältnis zur Einwohnerzahl – zu den höchsten in Europa. Dennoch waren Bundesregierung und Kantone bislang zurückhaltend. Erst vergangene Woche waren öffentliche Veranstaltungen verboten worden und es wurde eine Sperrstunde für Restaurants um 19 Uhr eingeführt – allerdings gab es dazu Ausnahmen.
Ärzte und Wissenschaftler schlagen seit Wochen Alarm, dass die Maßnahmen zu lasch sind. Die Krankenhäuser sagen, dass sie an der Kapazitätsgrenze arbeiten. „Wie lange sollen diese Warnungen denn noch gehen, bevor etwas passiert???“, twitterte Isabelle Eckerle, deutsche Virologin am Universitätsspital Genf, diese Woche.