Eine kleine Kampfansage
Verfolger Bayern München stimmt sich auf Leverkusen und den letzten Kraftakt 2020 ein
- Klappe, die 13. – und dann ist Weihnachten. An diesem Wochenende geht die Fußball-Bundesligasaison in ihre 13. Runde, vier Spieltage früher als üblich fällt der Vorhang im Kalenderjahr. Wegen der coronabedingten Terminverschiebungen konnte die aktuelle Spielzeit erst am 18. September beginnen, also dauerte die nicht vollendete Hinrunde nur drei statt sonst vier Monate.
Wer kann sich die Tabelle an den Weihnachtsbaum hängen? Für wen erklingt „Oh, du fröhliche, oh du selige Spitzenreiterzeit“? Am Samstagabend (18.30 Uhr/Sky) fordert Bayer Leverkusen die Bayern, der Erste will den Ansturm des Jägers in ungewohnten Kleidern überstehen. Mit 28 Punkten liegen die ungeschlagenen Leverkusener einen Zähler vor dem Rekordmeister. Fünf Tage vor Heiligabend geht es also am Rhein um die „Weihnachtsmeisterschaft 2020“– der virtuelle Titel „Herbstmeisterschaft“, lediglich eine gedankliche Trophäe, wird erst Mitte Januar, spätestens aber nach dem 17. Spieltag (19./20.1.) entschieden.
Und trotz der arg kurzen Weihnachtsunterbrechung (nur 15 Tage nach dem Leverkusen-Spiel geht es für den FC Bayern am 3. Januar mit dem Heimspiel gegen Mainz 05 weiter) benutzte Hansi Flick am Freitag an der Säbener Straße die übliche Winterpausenrhetorik: „Unser Ziel ist es, auf Platz eins zu überwintern“, sagte der Bayern-Trainer und formulierte es vor dem letzten Aufraffen anno 2020 so: „Ich hoffe, dass wir noch mal eine Top-Leistung abrufen können. Wenn jeder mit 100 Prozent dabei ist, wird es für Leverkusen schwer, uns zu schlagen.“Eine kleine Kampfansage, ganz old school. Nach 21 Pflichtspielen (die Nationalspieler der Münchner hatten zusätzlich maximal sechs Einsätze in der Nations League) wollen die Bayern die letzten Kräfte herauskitzeln und dem leichten Negativtrend der letzten Wochen trotzen: „Für uns ist es noch mal ein kleines Finale“, sagte Welttorhüter Manuel Neuer, während der ebenfalls frisch ausgezeichnete Weltfußballer Robert Lewandowski meinte: „Wir haben Spieler mit starker Mentalität. Wir sind bereit für Leverkusen, werden 100 Prozent geben.“
Mittelfeldspieler Leon Goretzka (zuletzt mit muskulären Problemen, trainierte am Freitag nur 20 Minuten individuell) wird nach seinem Fehlen gegen Wolfsburg (2:1) auch in Leverkusen nicht dabei sein. Offen ließ Flick das Mitwirken von Joshua Kimmich fünfeinhalb Wochen nach der Meniskus-OP im Knie. Die Tendenz nach den Aussagen bei der Pressekonferenz: eher nicht. Der BayernTrainer: „Ich bin keiner, der Druck aufbaut. Wir wollen Fehler minimieren, nichts überstürzen. Joshua hat noch eine große und lange Karriere vor sich.“Sein Trainer sieht Kimmich sogar als möglichen Nachfolger von Lewandowski. Nicht als Torjäger und Mittelfeldstürmer, sondern – ja, richtig gehört – als Weltfußballer-Kandidat.
„Ich hoffe, dass er irgendwann mal da steht, wo Robert am Donnerstag stand“, sagte Flick und hofft auf einen Extraschub sowie Motivationshilfe durch die FIFA-Wahl. „Titel wie die von Robert und Manu sind auch eine gewisse Verpflichtung, wieder an diese Leistungen heranzukommen und diese zu bestätigen. Ich hoffe, dass dieser Abend noch das eine oder andere freisetzt, dass wir am Samstag alles herausholen, was in uns steckt. Wir werfen noch mal alles rein und versuchen, das Jahr mit einem Dreier zu beenden. Dann machen wir den Deckel drauf auf 2020. Danach können wir die Akkus etwas aufladen.“Allerdings nur bis zum 29. Dezember. Dann sieht man sich wieder bei einer Einheit Cyber-Training und den obligatorischen Corona-Tests.
Ein Erfolg in Leverkusen und das damit verbundene Überholmanöver an die Spitze wäre „die Kirsche auf der Sahnetorte dieses Jahres“, betonte Flick. Aber auch in Leverkusen ist man zuversichtlich vor dem Topspiel. „Dafür arbeiten Trainer und Spieler, um solche Spiele zu erreichen“, sagte Chefcoach Peter Bosz. „Große Spiele muss man genießen, dann gibt das Energie.“Rudi Völler, Geschäftsführer Sport der Leverkusener, hofft auf Bayers ersten Titel seit dem Pokalsieg 1993: „Wir sind stabiler als in den letzten Jahren. Wir machen viele Dinge richtig und verdienen uns auch das Spielglück“, sagte der ehemalige deutsche Nationaltrainer, bleibt aber Realist: „Wir freuen uns, dass wir mal wieder Tabellenführer sind. Aber wir können das gut einschätzen.“