Plädoyer für Gestrandete
Tatort: Unten (ARD, So., 20.15
Uhr) - Es ist kalt in Wien. Kommissar Eisner friert in seiner Wohnung, und viele Obdachlose kämpfen um einen Schlafplatz und ums Über- leben. Für den Wohnsitzlosen Gregor Aigner ist der Kampf vorbei. Er liegt tot in einem verlassenen Industriegebäude. Schnell greifen da stereotype Erklärungen: betrunken, in einen Streit verwickelt und runtergefallen oder gestoßen. Milieu halt.
Zwei junge Obdachlose, die den Todesfall bei der Polizei gemeldet haben, werden sofort selbst verdächtigt. Doch Kommissarin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) wirkt seltsam nachdenklich. Sie identifiziert den Toten als ehemaligen Informanten und recherchiert mit ihrem Kollegen Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) trotz Vorhaltungen des Vorgesetzten weiter. Dabei decken sie schier unglaubliche kriminelle Machenschaften unter dem Deckmantel der Fürsorge auf und rehabilitieren den Toten als einen Journalisten, der für seine kompromisslose Suche nach der Wahrheit teuer bezahlte.
„Tatort“-Debütant Daniel Prochaska hat das Buch von Samuel R. Schultschik und Thomas Christian Eichtinger mit feinem Gespür für Spannung inszeniert. So beginnt der Fall erst sehr verhalten, fast belanglos. Dann aber führt Prochaska scheinbar unabhängige Handlungsstränge bis zum packenden Finale zusammen, und erst da wird das Ausmaß von Unmenschlichkeit und blinder Geldgier deutlich. Ein Plädoyer für Gestrandete.