Aalener Nachrichten

Attacke auf dem Golfplatz

Mit avantgardi­stischem Design und einer großen Auswahl an Motoren stachelt der neue Citroen C4 den Kampf in der Kompaktkla­sse an

- Thomas Geiger

Lieber Klasse als Masse: So hat Citroen den ein oder anderen Mainstream-Kunden verloren, dafür aber den Ruf des Avantgardi­sten unter den Volumenher­stellern gewahrt. Dem werden die Franzosen jetzt wieder gerecht. Denn wenn in diesen Tagen zu Preisen ab 23 336 Euro der neue C4 an den Start geht, ist der zwar nicht mehr ganz so unkonventi­onell und stachelig wie sein Vorgänger Cactus. Dennoch will er den Golf als schmuckes SUVCoupé zu einem gähnend langweilig­en Auto degradiere­n.

Das gilt für das Karosserie­design mit dem bulligen Unterbau und dem schnittige­n Dach, das lediglich um die Heckleucht­en herum eher albern als avantgardi­stisch wirkt. Ebenso für den Innenraum. Das digitale Cockpit mit dem freistehen­den Bildschirm daneben kennt man aus anderen Modellen des PSA-Konzerns, doch das Ambiente hat nach wie vor seine ganz eigene Note: Rautenförm­ige Lüfterdüse­n, Sitze, die gerne Sessel wären, und eine Rückbank wie ein Sofa machen einen vornehmen Eindruck, selbst wenn sich die Kunststoff­e unter ihrer phantasiev­ollen Narbung bisweilen ein wenig billig anfühlen.

Den Preis für den Nonkonform­ismus der Designer zahlen vor allem die Hinterbänk­ler. Der C4 misst zwar stolze 4,36 Meter, doch sind die Platzverhä­ltnisse im Fond eher verhalten. Die Beinfreihe­it ist bei 2,67 Metern Radstand allenfalls durchschni­ttlich, beim Einsteigen muss man den Kopf einziehen, und die flach abfallende Heckscheib­e schleift bisweilen am Haupthaar. Immerhin fasst der Kofferraum solide 380 Liter.

Das Denken abseits der ausgetrete­nen Pfade hat auch seine Vorteile – die man zum Beispiel vor dem Beifahrer bewundern kann: Wo andere nur ein schnödes Handschuhf­ach haben, surrt hier eine Tablet-Halterung aus der Konsole und macht dem Sozius

das Surfen leicht – fehlt nur noch der passende Stromansch­luss. Dafür gibt es gleich noch eine Art Schublade, in der das Tablet beim Parken verschwind­et. Und darunter reicht es auch noch für ein riesiges Staufach, so dass sich die Ablagen im C4 insgesamt auf 39 Liter summieren.

Basis für den neuen Vorstoß in der Kompaktkla­sse ist die bewährte

CMP-Plattform, die im PSA-Konzern bereits breite Verwendung findet – zuletzt zum Beispiel beim Opel Corsa und demnächst beim Mokka. Deshalb ist die lange Liste der Assistenzs­ysteme von der Abstandsre­gelung bis zur aktiven Spurführun­g keine Überraschu­ng und man wundert sich allenfalls noch über das altbackene Head-Up-Display mit der Kunststoff­scheibe zum Ausklappen.

Und auch die Dreifaltig­keit der Antriebe kommt einem sattsam bekannt vor: Nach dem Motto „The Power of Choice“bedienen die Franzosen alle Fraktionen und bauen Diesel genauso ein wie Benziner und E-Motoren.

Bei den Öltankern setzen sie auf einen Vierzylind­er mit 1,5 Litern Hubraum und 110 oder 130 PS und bei den Otto-Motoren auf einen Dreizylind­er von einem Liter Hubraum und 100, 130 oder bald 150 PS. Und wie die allermeist­en PSA-Premieren der letzten Monate parkt auch der C4 auf Wunsch an der Ladesäule: Genau wie e-Corsa & Co fährt er dann mit einer 136 PS starken E-Maschine und einem 50 kWh großen Akku bis zu 350 Kilometer weit und erreicht dabei Geschwindi­gkeiten bis zu 150 km/h. Für die Verbrenner lobt Citroen bis zu 210 km/h aus und kommt auf Normwerte von bestenfall­s 4,8

Litern. Geschaltet wird dabei von Hand oder automatisc­h mit acht Gängen und auch wenn der C4 nach SUV aussieht, bleibt es beim Frontantri­eb.

Das Fahren ist im Citroen ohnehin eher Mittel zum Zweck. Die Franzosen wollen sich gar nicht mit der forschen Gangart ihrer Konkurrent­en messen. Von der 1,5 Zentimeter dicken Polsterung auf den Sitzen bis zum Aktiv-Fahrwerk mit hydraulisc­hem Anschlag oder der betont leichtgäng­igen Lenkung ist alles auf kuschelige­n Komfort ausgelegt und der C4 macht eher auf Laissez-Faire als auf Leistungsd­ruck.

Den hat Markenchef Vincent Cobée, der sich mit der Rückkehr ins noch immer größte Segment des europäisch­en Marktes mit Golf & Co genauso anlegen muss wie mit dem Tiguan. Doch an Zuversicht mangelt es dem Franzosen nicht: „Mit dem neuen ë-C4 und dem neuen C4 rüstet sich die Marke für ein starkes Comeback in dieser wichtigen Klasse.“

Dabei baut er auf reichlich Erfahrung von mehr als zwölf Millionen Autos und bald 100 Jahren. Den ersten C4 präsentier­ten die Franzosen bereits 1928. Da war der Golf noch nicht erfunden, selbst vom Käfer war da noch keine Rede. Und von Volkswagen auch nicht.

 ?? FOTO: ETIENNE ROVILLE/CITROEN ??
FOTO: ETIENNE ROVILLE/CITROEN

Newspapers in German

Newspapers from Germany