Ein Fall für den Gesundheitsminister
Wer den Schaden hat, braucht auf dieser Welt nicht lange auf Spott zu warten, das bekam auch der FC Schalke nach dem 0:1 gegen Bielefeld zu spüren, der 29. Partie in Serie ohne Sieg und der ersten unter seinem Jahrhundert-Kurzzeit-Nottrainer Huub
Stevens. Bereits sechs Punkte groß ist der Rückstand der Knappen auf Platz 16, noch nie hat ein Bundesligist, der nach 13 Runden nur vier Zähler hatte, den Klassenerhalt noch geschafft. Schnell machte also ein Witz über Social Media die Runde: „Die Schwächsten zuerst schützen – Spahn will Schalker Spieler noch 2020 impfen.“Fake News, klar, denn so weit, dass der Gesundheitsminister die Schalker betreut, ist es noch nicht. „Sollen wir denn aufgeben? Aufgeben ist das Allerletzte. Wir kämpfen weiter und hoffen auf ein Quäntchen Glück“, sagte Stevens, der am Dienstag im Pokal gegen Ulm noch Coach sein wird, danach aber sicher nicht mehr. „Lasst euch überraschen“, sagte er. „Aber ich möchte gern Weihnachten in Ruhe zu Hause sein. Auch an Silvester.“Schon am 2. Januar tritt Schalke bei Hertha BSC an, der „Knurrer aus Kerkrade“hat also ausgedient.
Er habe bereits einen Nachfolger im Kopf, sagte Sportdirektor Jochen Schneider, Favorit ist nach wie vor der Ex-Düsseldorfer Friedhelm Funkel. Auch der Ex-Stuttgarter Alexander Zorniger und Dimitrios Grammozis, der bereits im Herbst als Alternative für Manuel Baum gehandelt wurde, sind die Kandidaten. Egal, wer es wir: Er dürfte Arbeit bekommen. Schalke rannte und kämpfte zwar, das Abwehrverhalten beim Kopfballtor von Arminen-Stürmer Fabian Klos
(53.) war allerdings eines Erstligisten unwürdig. Und danach schoss Schalke nicht ein einziges Mal mehr aufs Tor. Schneiders Fazit: „Es ist ein katastrophales Jahr. Es ist unglaublich bitter, was passiert ist. Die Erfolglosigkeit schleppen wir alle mit uns rum.“
Ähnlich ergeht es – allerdings zwei, drei Stufen höher – dem Schalker Erzrivalen Borussia Dortmund, der durch das 1:2 bei Union Berlin nun bereits acht Zähler hinter den Bayern liegt und alle Titelträume begraben kann. Selbst um die Champions-LeagueQualifikation muss das Team von Favre-Nachfolger Edin Terzic in dieser Form bangen. Zwar führte der BVB durch das erste Tor von Youssoufa Moukoko, der nun mit 16 Jahren und 28 Tagen jüngster Liga-Schütze aller Zeiten ist, stellte am Ende bei zwei Standardsituationen aber das Verteidigen ein. Beim 1:1 durch Taiwo Awoniyi patzte Giovanni Reyna, beim 1:2 ließ Emre Can Marvin Friedrich schmählich im Stich. BVB-Abwehrchef Mats Hummels war danach stinksauer und schlug mit der Faust gegen eine Werbebande. „Es darf nicht passieren, dass der beste Kopfballspieler des Gegners ohne Bewacher bei einer Ecke im Zentrum steht“, wetterte Hummels. „Das ist unverzeihbar. Unbegreiflich, wie das passieren kann. Es hat auch etwas damit zu tun, wie sehr man den Sieg will.“Auch Torhüter Roman Bürki tobte: „Wir haben eine ganz genaue Zuteilung, die auch jeder Spieler kennt. Das hat auch mit Selbstdisziplin zu tun." Sportdirektor Michael Zorc sah es ähnlich: Man habe zum wiederholten Mal „durch zwei billige Eckbälle verloren“, sagte Zorc: „Das ist unprofessionelles Verhalten. Gegen Köln war es bei den Eckbällen genauso grausam. Das ist doch einfach zu verteidigen, das schaffen die anderen gegen uns doch auch. Da fehlt uns die richtige Haltung und Konzentration.“Zorc kritisierte auch die BVB-Offensive, Terzic nahm er dagegen in Schutz: „Bislang hatte Edin kaum die Zeit, mit der Mannschaft zu trainieren.“
Die hatte Eren Dinkci auch nicht, weil aber bei Werder Bremen diverse Offensivkräfte verletzt waren, wurde der 19-jährige Regionalligastürmer vom Aufwärmen der U23 kurzfristig abgezogen und schoss 262 Sekunden nach seiner Einwechslung prompt das goldene Tor zum Sieg beim FSV Mainz – in der Schlussminute. Nach vier Niederlagen in Folge und neun Spielen ohne Sieg war es ein Befreiungsschlag für Werder und Trainer Florian Kohfeldt, der sich bei Assistent Tim Borowski bedankte. „Tim hat mich den ganzen Tag darauf hingewiesen, dass er ein sehr gutes Gefühl bei Eren hat. Deshalb habe ich auf einen ehemaligen Nationalspieler gehört.“