100 Tage im Amt
Der Landrat des Ostalbkreises, Joachim Bläse, zieht eine erste Bilanz.
AALEN - Seine ersten 100 Tage hat er sich wahrlich anders vorgestellt. Als Joachim Bläse am 14. September sein Amt als Landrat im Ostalbkreis antrat, dachte er nicht, dass die CoronaPandemie einen solch großen Teil seiner Arbeitstage einnehmen wird. Und nun? Mittlerweile sei das Virus eine inhaltliche Säule geworden. „Deshalb komme ich auch zu spät“, entschuldigt sich Bläse bei den Medienvertretern, die an der virtuellen Pressekonferenz teilnehmen. Eben war er noch in der täglichen CoronaLagebesprechung, jetzt blickt der Landrat auf die vergangenen 100 Tage zurück, die natürlich von der Pandemie gekennzeichnet waren und sind. Schon zu seinem Amtsantritt sprach man über die zweite Welle – „dass man aber nochmal so reinrutscht, hätte ich nicht geglaubt.“
Der Aufbau eines Impfzentrums, die Einbeziehung der Bundeswehr in die Kontaktverfolgung, mobile Teams, Corona-Tests, der Schutz der besonders gefährdeten Bevölkerung. Eine Liste, die sich problemlos fortsetzen ließe. Und dennoch nimmt sich Bläse die Zeit, sich um das zu kümmern, was er als „große Zukunftsthemen für den Ostalbkreis“bezeichnet. „Denn Corona darf nicht wie Mehltau auf uns liegen“, und so greift er sich fünf Themenblöcke heraus, die seine bisherige Amtszeit widerspiegeln, die von einem „tollen Miteinander“geprägt sei. Sowohl im Landratsamt, wo ihn sein Team und die Dezernenten hervorragend aufgenommen hätten, als auch im Kreistag, wo er aus dem Kollegenkreis auf die Regierungsbank gewechselt ist. „Das mach mir richtig Freude, dafür bin ich sehr dankbar.“
Trotz der Corona-Krise die Zukunftsthemen für den Ostalbkreis anzugehen und hier das richtige Maß zu finden, sei derzeit Bläses große Herausforderung. Transformation und Wissenstransfer in Form von Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz, Automatisierung, aber auch Klima und Umwelt sowie Mobilität zählt Bläse auf. „Seit ich im Amt bin, vergeht keine Woche, in der wir nicht an zentralen Mobilitätsthemen arbeiten.“Hinzu kommt die ärztliche und klinische Versorgung im Kreis, was viel Zeit beansprucht habe. Man habe den Zuschlag für ein Primärversorgungszentrum für die Verbesserung der Versorgung chronisch kranker oder mehrfach erkrankter Personen erhalten. Das zeigt: „Wenn Ärzte, Kliniken und Politik zusammenarbeiten, bekommt man auch etwas auf den Weg.“Ebenfalls erwähnt Bläse die Finanzen, um hier das UnionAreal zu nennen. „Ich war dankbar, dass sich der Kreistag zum zweiten Verwaltungsstandort bekannt hat. Richtig und gut war auch, dass man sich die Zeit genommen hat für die Diskussion, was wie gebaut wird.“
Der Ostalbkreis stehe mehrheitlich hinter der Kreis- und Gesundheitspolitik, „dennoch merke ich, dass die Themen Demokratiemüdigkeit, Populismus, in manchen Stellen auch Extremismus und Rassismus da sind“. Gerade in Corona-Zeiten benötige das gesellschaftliche Miteinander mehr Aufmerksamkeit, da sonst „Dinge auseinandergehen“. Unheimlich viel Zuspruch aus der Bevölkerung habe Bläse erhalten, als er sich dazu entschieden hatte, öffentlich anzusprechen, wo Demokratie Grenzen ziehen muss, damit das „gute Konstrukt Deutschland, das gute Konstrukt Baden-Württemberg sensibel bewahrt wird. Das erwartet man auch von einem Landrat, hinzustehen, und eine Demonstration nicht zu genehmigen. Denn das Gut, das ich schützen möchte, ist höherwertig als die Meinung eines Einzelnen“.
Und wie geht es dem Landrat selbst? 100 Tage seien wie im Flug vergangen. Montagmorgens steigt Bläse um 7.10 Uhr ins Auto und macht sich auf den Weg ins Landratsamt. Richtig zu sich kommt er erst am Samstagabend oder Sonntagmorgen, denn die Arbeit binde einen voll und ganz ein. Dennoch: „Ich habe keinen Tag bereut.“Auch, wenn er zunächst dazulernen musste, das ein oder andere Wort zunächst abzuwägen, „denn ich habe das Herz auf der Zunge“. Wenn sich ein Landrat zu etwas äußert, habe das nochmal eine andere Dimension als beim Bürgermeister einer Stadt, was er vorher 18 Jahre lang in Schwäbisch Gmünd war. In dieser langen kommunalpolitischen Zeit habe er sich ein Netzwerk aufgebaut, dass ihn genauso trage wie das Fundament seiner ersten 100 Tage als Landrat. Dazu zählt Bläse die Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, den Kreistag und die Bevölkerung. Doch auch hier kam ihm Corona in die Quere und vereitelte ihm viele Gemeindebesuche im Ellwanger, Aalener, Bopfinger und Neresheimer Raum, wo Bläse Kontakte knüpfen wollte. „Das spüre ich jetzt, wenn ich unterwegs bin. In manchen Bereichen ist der neue Landrat noch nicht so bekannt.“Andernorts wie jüngst in Heubach werde dagegen jede Wanderung zum Bürgergespräch. Was Bläse nicht stört, schließlich will er ein Landrat zum Anfassen sein. Als Teil eines Teams im Landratsamt, Teil einer großen Mannschaft. Einer, der Landrat sein darf, sich bei alledem dennoch als einer von vielen sieht.
„Corona darf nicht wie Mehltau auf uns liegen“,
sagt Landrat Joachim Bläse.
„In manchen Bereichen ist der neue Landrat noch nicht so bekannt“,
sagt Landrat Joachim Bläse. Viele Gemeindebesuche mussten auf Grund der Corona-Pandemie abgesagt werden.