Alle Jahre wieder
Wenn wir nicht gerade fünf Jahre alt sind, so besteht Weihnachten zum großen Teil aus Wiederholungen: Weihnachtsgans, Weihnachtsplätzchen, Adventskalender, Bescherung, Christbaum, Sissi-Filme, „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“– alle Jahre wieder geschieht mehr oder weniger das Gleiche. Und wehe, es geschieht einmal etwas anderes, dann droht das ganze Fest aus den fest gefügten Fugen seiner Traditionen zu geraten. Und wir sind unglücklich darüber. Denn wenn nicht mal mehr Weihnachten ist, was es immer war, was soll dann bloß aus der Menschheit werden?
Lustig dabei, dass für jeden Menschen diese Rituale ein bisschen anders gehören. Und auch der Blick großer Dichter und Denker auf Weihnachten offenbart, dass dieses Fest für jeden was anderes, aber doch immer was Besonderes bedeutet. Kurt Tucholsky aber notierte nüchtern: „Die meisten Leute feiern Weihnachten, weil die meisten Leute Weihnachten feiern.“Karl Valentin schrieb: „Wenn die stade Zeit vorüber ist, wird’s auch wieder ruhiger.“Und ein Sprichwort unbekannter Herkunft mäkelt: „Weihnachten ist der Orgasmus des Kapitalismus.“
„Liebeläutend Licht durch Kerzenhelle / mild wie Wälderduft die Weihnachtszeit / und ein schlichtes Glück streut auf die Schwelle / schöne Blumen der Vergangenheit“, dichtete Joachim Ringelnatz. Aber überlassen wir in diesem besonderen 2020 das letzte Wort einem Wissenschaftler, Albert Einstein nämlich: „Wenn’s alte Jahr erfolgreich war, dann freue dich aufs neue. / Und war es schlecht, ja dann erst recht.“(nyf)