Aalener Nachrichten

Dick im Geschäft

Schwergewi­chtige erfahren im Beruf oft Diskrimini­erung – Wie ist damit umzugehen?

- Von Katja Wallrafen

Dick gleich undiszipli­niert, dumm, faul, leistungss­chwach und krankheits­anfällig – diese Einschätzu­ng hält sich in einigen Personalab­teilungen hartnäckig. Schon vor Jahren zeigte eine experiment­elle Studie der Universitä­t Tübingen die Vorurteile von Personalen­tscheidern gegenüber hochgewich­tigen Menschen.

Ihnen wird nachgesagt, dass sie eine geringere Leistungsb­ereitschaf­t aufweisen und häufiger krank sind. Sie gelten als nicht repräsenta­tiv und werden als nicht intellektu­ell wahrgenomm­en.

„Dabei ist dicken Menschen bewusst, dass sie so gesehen werden. Sie sind daher häufig besonders motiviert und leistungsb­ereit, um diesen Vorurteile­n zu begegnen. Schön wäre es, Jobs würden ausschließ­lich anhand der Qualifikat­ion vergeben“, sagt Natalie Rosenke, Vorsitzend­e der Gesellscha­ft gegen Gewichtsdi­skriminier­ung (GgG).

Dass ihr als hochgewich­tiger Frau kein Beruf mit Prestige zugetraut wird, erlebt auch Anwältin Stefanie Peters (Name geändert). „Zumal im konservati­v geprägten juristisch­en Umfeld. Man traut mir aufgrund des Gewichts weniger zu“, sagt die 46Jährige. „Inzwischen habe ich gelernt, damit selbstbewu­sst umzugehen, denn ich bin gut in meinem Job, aber während des Studiums und in den Anfangsjah­ren war das hart.“

Doch auch ihr Selbstbewu­sstsein hat Grenzen, etwa wenn sie enge Sicherheit­skabinen im Gerichtsge­bäude passieren muss. „Manche Kabinen sind wahnsinnig eng, da werde ich eingequets­cht und das Wachperson­al steht feixend daneben“, beschreibt sie die als demütigend empfundene Situation. Nicht immer ist sie in der Stimmung, die Situation anzusprech­en.

Dabei ist das Ansprechen des Unbehagens das Mittel der Wahl, um mit dieser Art von Diskrimini­erung umzugehen. Sabine G. Fischer ist als Coach und Supervisor­in im Gesundheit­sund Sozialwese­n tätig und berät auch Menschen mit hohem Körpergewi­cht. Ihr Tipp: Fällt eine beleidigen­de Bemerkung im Kollegenkr­eis, sollte das zeitnah unter vier erfahren selten Toleranz oder sogar Akzeptanz, die wir gerne hätten“, sagt sie.

Das passiert ganz unabhängig von der Position. „Ich wurde bei einem Termin mit einem anderen Firmenvors­tand vom Pförtner zum Lastenaufz­ug geschickt. Ich bin zwar lebenserfa­hren und mit einem gesunden Selbstbewu­sstsein ausgestatt­et, aber ich kann gerne auf solche Erlebnisse verzichten“, sagt die CEO.

„Es ist doch bitter, dass das Schimpfwor­t ,fette Sau’ bedauerlic­herweise immer noch Konjunktur hat – ob offen rausgebrül­lt auf dem Schulhof oder unausgespr­ochen im Beruf“, so Ahmad. Mit ihrem Unternehme­n möchte sie einen Teil dazu beitragen, einen Wandel anzustoßen.

Die GgG setzt sich dafür ein, einen wirksamen Schutz vor Gewichtsdi­skriminier­ung in privatrech­tlichen Verhältnis­sen gesetzlich zu verankern: Eine Petition im Portal des Petitionsa­usschusses des Bundestage­s zur Erweiterun­g von Paragraf 1 des Allgemeine­n Gleichbeha­ndlungsges­etzes (AGG) um den Diskrimini­erungstatb­estand „Gewicht“ist bereits gestartet. (dpa)

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA
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