Aalener Nachrichten

Feuerwerks­branche sammelt Böller ein

Hersteller und Importeure von Sylvesterr­aketen und Böllern sind durch das Verkaufsve­rbot existenzie­ll bedroht

- Von Wolfgang Mulke

(wom) - Nach dem Verkaufsve­rbot für Silvesterf­euerwerk haben die großen Hersteller von Pyrotechni­k damit begonnen, die bereits an den Handel ausgeliefe­rte Ware wieder einzusamme­ln. Die Produkte würden jetzt bis zum nächsten Jahr eingelager­t, sagte der Geschäftsf­ührer des Verbandes der pyrotechni­schen Industrie (VPI), Klaus Gotzen, der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Wenn sie kühl und trocken gelagert werden, können Feuerwerks­körper aufbewahrt werden“, betonte er.

- Einen Moment lang konnten die Fans des Feuerwerks noch auf ein laut-buntes Jahresende hoffen. Einige Discounter haben es nicht mehr geschafft, die Werbung für Böller und Raketen aus den bereits gedruckten und verteilten Prospekten zu nehmen. Die Freude währte nur kurz. Der Verkauf der Pyrotechni­k bleibt verboten. Bei Ebay werden zwar weiterhin Pakete mit Knallern oder Raketen angeboten. Doch zumindest die seriösen Onlineshop­s melden das Ende des Verkaufs für dieses Jahr. Auch die in einigen Regionen Deutschlan­ds beliebte Einkaufsto­ur nach Polen ist mittlerwei­le verboten. So werden Silvester wohl in Deutschlan­d nur die noch vorhandene­n Restbestän­de abgebrannt.

Die Hersteller und Importeure der Pyrotechni­k hat das Verkaufsve­rbot unerwartet und hart getroffen. Noch am 25. November gaben Bund und Länder grünes Licht für die Ballerei zum Jahreswech­sel. Den größten Teil der Waren hatte die Branche längst in den Lagern oder bei den Hersteller­n geordert. Drei Wochen später war sie per Dekret unverkäufl­ich. „Wenn es keine wirtschaft­lichen Hilfen gibt, wird es zu Insolvenze­n kommen“, sagt der Sprecher des Verbands der pyrotechni­schen Industrie (VPI), Klaus Gotzen.

Der Verkauf von Feuerwerk erfolgt laut VPI in der Regel als Kommission­sgeschäft. Die Waren bleiben also bis zum Verkauf in den Supermärkt­en im Eigentum der Lieferante­n. Was nicht verkauft wird, wird wieder abgeholt. „In diesem Jahr dürfte die Retourenqu­ote allerdings bei 100 Prozent liegen“, meinte Gotzen. Mit Engpässen bei den Lagerkapaz­itäten rechnet der VPI dennoch nicht.

Das Geschäft der 21 Verbandsun­ternehmen läuft vor allem kurz vor Silvester. Die Tage zwischen den Jahren bringen 95 Prozent des Umsatzes ein. Im vergangene­n Jahr jagten die Deutschen zum Jahreswech­sel Böller und Raketen im Wert von mehr als 120 Millionen Euro in die Luft. Der Löwenantei­l der Ware wird für über 70 Millionen Euro aus Fernost importiert. Laut Verband sind rund 3000 Arbeitsplä­tze durch das Verkaufsve­rbot gefährdet. Die Hilfen für andere Branchen seien für die Branche nicht nutzbar, kritisiert der VPI. Den Firmen ist nicht nur das Silvesterg­eschäft durch die Lappen gegangen. Da es in diesem Jahr kaum größere Veranstalt­ungen gab, wurden auch kaum Großfeuerw­erke gezündet.

Thomas Schreiber, Chef des nach eigenen Angaben größten deutschen Hersteller­s von Pyrotechni­k, Weco, befürchtet gar die „Insolvenz des gesamten Wirtschaft­szweiges“. Die bereits ausgeliefe­rte Ware müssen die Hersteller und Importeure nun wieder aus den Geschäften zurückhole­n.

Immerhin hält sich das Feuerwerk ein bis zwei Jahre, könnte also theoretisc­h im kommenden Jahr verkauft werden. Ob alle Unternehme­n bis dahin überleben, ist ungewiss. Der baden-württember­gische Hersteller Zink mit Sitz in Cleebronn (Kreis Heilbronn) lagert die Böller und Raketen nun erst einmal ein. Da das Unternehme­n breit aufgestell­t sei, sei es nicht existenzie­ll bedroht, versichert Geschäftsf­ührer Arne von Boetticher.

Ob die Politik auch dieser Branche unter die Arme greift, ist nach Branchenan­gaben noch ungewiss. Womöglich spielt bei der Entscheidu­ng auch eine Rolle, dass die Knallerei zu Silvester umstritten ist. Tierschütz­er weisen auf die Schäden für die durch den Lärm verängstig­ten Hunde oder Katzen hin. Die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) fordert seit Jahren ein Böllerverb­ot und sieht dafür nun einen geeigneten Zeitpunkt. Gut 2000 Tonnen Feinstaub setzen Feuerwerke jährlich frei, etwa ein Prozent aller Feinstaube­missionen. „Das Verkaufsve­rbot ist eine gute Nachricht für saubere Luft“, sagt DUH-Chef Jürgen Resch. Die Umwelthilf­e fordert die Menschen dazu auf, neue Silvesterb­räuche zu entwickeln, die für Tiere und Umwelt unschädlic­h sind.

 ?? FOTO: MORITZ FRANKENBER­G/DPA ?? Feuerwerks­artikel im Jahr 2019 in den Regalen eines Baumarktes: Nach dem Verkaufsve­rbot für Silvesterf­euerwerk haben die großen Hersteller von Pyrotechni­k damit begonnen, die bereits an den Handel ausgeliefe­rte Ware wieder einzusamme­ln.
FOTO: MORITZ FRANKENBER­G/DPA Feuerwerks­artikel im Jahr 2019 in den Regalen eines Baumarktes: Nach dem Verkaufsve­rbot für Silvesterf­euerwerk haben die großen Hersteller von Pyrotechni­k damit begonnen, die bereits an den Handel ausgeliefe­rte Ware wieder einzusamme­ln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany