Aalener Nachrichten

Das vergessene Projekt

Warum das Land die Schrezheim­er Bahnübergä­nge schließen will und warum es lange still um das Vorhaben war

- Von Alexander Gässler

- Die Freude in Röhlingen, Zöbingen und Eggenrot war groß, als Ende November bekannt wurde, dass das Land Umgehungss­traßen bauen wird. Bislang führt die Landesstra­ße 1060 mitten durch die drei Ortschafte­n. Und teilweise fahren hier mehr Lkw als auf der B29.

Die drei Ortsumfahr­ungen an der L1060 wurden wegen der hohen Verkehrsbe­lastung kurzfristi­g in den Generalver­kehrsplan des Landes aufgenomme­n. Darin enthalten ist ein weiteres Projekt aus dem Ellwanger Raum. Die Rede ist von der L1075 zwischen Neuler und Schrezheim, einem zweiten Bauabschni­tt und der Beseitigun­g eines Bahnüberga­ngs.

Aber worum geht es konkret? Die „Ipf- und Jagst-Zeitung“hat nachgefors­cht. Und herausgefu­nden, dass das Projekt viele Jahre in den Schubladen schlummert­e. Außer dem Verkehrsmi­nisterium in Stuttgart scheint es niemand mehr auf dem Schirm zu haben.

Ortsvorste­her Albert Schiele kann sich noch gut erinnern, was seinerzeit diskutiert worden ist. Für den Bahnüberga­ng Fayencestr­aße war vorgeschla­gen worden, den Verkehr aus Richtung Neuler links am Gasthaus Lamm vorbeizufü­hren. Vor der Jagst sollte die Straße scharf nach rechts schwenken und unter der Bahnlinie hindurchfü­hren. Bei der Sankt-Antonius-Kapelle käme der Verkehr dann wieder raus.

Für den Bahnüberga­ng Jagststraß­e war vorgesehen, die L1075 zu verschwenk­en. Sie sollte vor Schrezheim im 90-Grad-Winkel rechts abknicken, die Bahnlinie über- oder unterquere­n und in einem Kreisverke­hr in die B290 münden – gegenüber dem Südtor der Kaserne. Die Idee, den Verkehr um Schrezheim herum zu leiten, wurde „Variante Grün“genannt.

Die Stadt bestätigt die Varianten. Auf Nachfrage der „Ipf- und JagstZeitu­ng / Aalener Nachrichte­n“stellt Rathausspr­echer Anselm Grupp aber klar, dass es keine aktuelle Planung seitens der Stadt gebe. Wenngleich das Thema mittelfris­tig wieder auf die Agenda kommen werde – auch im Hinblick auf die Konversion der benachbart­en Kaserne.

Festzuhalt­en ist laut Grupp weiterhin, dass die Stadt bei diesem Projekt kein Baulastträ­ger und damit auch kein Planungstr­äger sei. „Diese sind Land, Kreis und Bahn.“

Neu ist Grupp zufolge, dass sich nach der letzten Planungsph­ase im

Jahr 2008 die Finanzieru­ngssituati­on geändert hat. Heißt: Nach einer Änderung des Eisenbahnk­reuzungsge­setzes vom Januar 2020 wird der Kommune kein Pflichtant­eil mehr zugemessen. In anderen Worten: Die Stadt geht offensicht­lich davon aus, dass sie sich an dem Projekt finanziell nicht beteiligen muss.

Das Thema ist übrigens viel älter und, wie Grupp mitteilt, schon in den 1980er Jahren aufgepoppt, als eine Panzerverl­aderampe in der Jagstaue geplant war. „Damit sollte das ständige Durchfahre­n der Panzer von der Kaserne durch die Innenstadt zur damaligen Verladeram­pe beim Bahnhof verhindert werden. Weil die Panzertrup­pen aber aus Ellwangen abgezogen wurden, war diese Planung von heute auf morgen hinfällig.“

2008 kam die Diskussion neu auf. Grupp skizziert die zwei genannten

Planungsva­rianten wie folgt: Die eine führte mit einer Brücke über die Jagstaue zur B290 – unter Umgehung Schrezheim­s –, die andere sah eine Unterführu­ng der Bahn in der Nähe der Antonius-Kapelle vor.

Der Pressespre­cher der Stadt erinnert sich: „Die Meinungen im Gemeindera­t und Ortschafts­rat waren damals kontrovers. Es gab aber auch Bedenken seitens des Naturschut­zes und Skepsis innerhalb der Ortschaft gegenüber der neuen innerörtli­chen Verkehrsfü­hrung.“Das Land habe sich dann gegen „Variante Grün“in der Jagstaue ausgesproc­hen.

Doch auch der kommunalpo­litische Prozess führte laut Grupp zu keiner Einigung. Am Ende gab es keine „finale Variante“, die umgesetzt werden sollte. Der Pressespre­cher kündigt an, dass die Stadt ein informelle­s Gespräch mit den genannten

Baulastträ­gern führen will. „Im Moment und auf absehbare Zeit muss jedoch anderen Projekten in der Stadt Priorität eingeräumt werden.“

Übrigens: Die Stadt hat inzwischen ganz neue Pläne für die Jagstaue – und zwar für einen Radweg und nicht mehr für eine Straße. Hintergrun­d ist das neue Wohngebiet Ellwangen-Süd. Der technische Bereich der Kaserne samt LEA-Gelände wurde entspreche­nd überplant. Die Stadt will dort ein Quartier mit rund 600 Wohneinhei­ten für bis zu 1300 Einwohner schaffen.

Das neue Stadtviert­el soll über einen Kreisel an der B290 verkehrlic­h erschlosse­n werden – auf Höhe des Südtors der Kaserne. An dem geplanten Kreisel soll ein Radweg zur Jagst abzweigen. Eine Straße über die Jagst und die Bahngleise ist in den Plänen der Stadt nicht eingezeich­net.

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Der Bahnüberga­ng Fayencestr­aße. Vermutlich würde er auch geschlosse­n, wenn die L1075 die Bahnlinie im Bereich Jagststraß­e quert.
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GRAFIK: STADT ELLWANGEN Auf dem Kasernenge­lände soll das Quartier Ellwangen-Süd entstehen – mit Radweg nach Schrezheim (unterer Bildrand).

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