In Lauerstellung
Karl Geiger meldet sich sprungbereit – Markus Eisenbichler will sein Fluggefühl ausspielen
- Bereits der PCR-Test vergangenen Montag war negativ, die zehn Tage Quarantäne sind nun auch amtlich vorbei, ein Check-up am Samstag brachte keine auffälligen Laborwerte. Routiniert verkündete Karl Geiger aus dem deutschen Teamhotel die Eckpunkte des medizinischen Bulletins in eigener Sache. Routiniert und garniert dann und wann mit einem Lächeln. Der Skiflug-Weltmeister und Neu-Vater hat die CoronaEpisode nach anfänglichem Geschockt-Sein gut überstanden, war stets symptomfrei und wird – nach einem zweiten negativen Testergebnis am Sonntagabend – definitiv bei der 69. Vierschanzentournee dabei sein.
In welcher Rolle? Der Parforceritt von den Schanzen in Oberstdorf, Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen und verlässliche Prognosen – das funktioniert schon zu normalen Zeiten kaum. Genug Geschichten gibt es von abgestürzten Favoriten, von triumphierenden Außenseitern. Wie die von Karl Geiger, 27, geschrieben wird in den kommenden neun Tagen? „Ich persönlich fühl’ mich gut. Natürlich: Die Umstände sind nicht ideal, ich hab’ aber versucht, das Bestmögliche aus der Situation zu machen. Ich glaub’ schon, dass ich gut aufgestellt bin.“Klingt nach: Was Genaues weiß man nicht. Weiß man doch: „Man kann es nicht erzwingen, es muss einfach klappen.“Da wollen die beiden Trainingssprünge zum „wieder Reinkommen“genutzt sein, der Qualifikationssprung auch – zumal am Schattenberg, an der Heimschanze für den Oberstdorfer ohne wirklichen Heimvorteil: Nicht einfach sei die Anlage, eher „speziell. Man kann sich brutal die Zähne ausbeißen an ihr, sie kann aber auch unglaublich Spaß machen.“
Siehe 29. Dezember 2019. Zweiter in Oberstdorf damals: Karl Geiger. Bilder für den Hinterkopf? Womöglich. Bundestrainer Stefan Horngacher allerdings sieht da ein ungleich aktuelleres Polster positiver Gedanken, die tragen könnten: „Der Karl wird unaufgeregt in die Vierschanzentournee reingehen. Er ist extrem froh, dass er wieder dabei ist. Er ist extrem froh, dass sein Kind auf die Welt gekommen ist und alles gesund ist. Er ist extrem froh, dass er Skiflug-Weltmeister geworden ist. Und alles, was jetzt kommt, ist eigentlich für ihn nur eine Zugabe.“Was die Akribie keinesfalls mindere, mit der Karl Geiger seine neunte Tournee angehe. Stefan Horngacher: „Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass er für sich schon einen Mentalplan gemacht hat. Den wird der Karl einfach durchhämmern bis Bischofshofen, und dann wird man sehen, ob’s gut oder schlecht ausgeht.“Tendenz: eher gut. Nochmals der Bundestrainer: „Dem Karl ist immer alles zuzutrauen; nur aus der Favoritenrolle, glaub’ ich, ist er raus.“
In der mag sein, wer will – Karl Geigers Doppelzimmer-Partner in Nicht-Pandemiezeiten ist das herzlich egal. Markus Eisenbichler, zwei Weltcup-Siege heuer, Skiflug-WMBronze und Zweiter des Saisonklassements, kennt kein links, kein rechts gerade. Auch keinen Halvor Egner Granerud, keinen norwegischen Seriensieger: „Im Endeffekt muss ich schauen, dass ich einfach meinen normalen Sprung rüberbring’, dann weiß ich, dass ich vor ihm sein kann und vor ihm sein werde. Ich muss so wenig Fehler wie möglich machen und meinen Fluss, mein Fluggefühl ausspielen.“Auf einer „Schanz’“zunächst, die Markus Eisenbichler ganz vorbehaltlos „einfach mog“.
Der Flug – für Stefan Horngacher „definitiv eine der großen Stärken vom Markus; er ist ein Flugkünstler eigentlich. Wenn er seinen Absprung halbwegs im Griff hat, dann kommt er fast immer ins Segeln. Und dann geht es eigentlich nur darum, ob er ganz runtersegelt oder halt nicht ganz runtersegelt.“Der Kurzlehrgang vor Weihnachten hat den Bundestrainer da ziemlich optimistisch gestimmt. „Die letzten Sprünge, die Markus hier gemacht hat in Oberstdorf, die geben schon sehr, sehr große Hoffnung. Die waren die besten, die ich seit Langem gesehen hab’ von ihm im Winter. Die waren wirklich an der Schnur gezogen.“Wiederholung erwünscht. Und nicht unbedingt unwahrscheinlich: Weniger sensibel für Störungen sei der „Instinktspringer“Eisenbichler diesen Winter, „wesentlich sortierter. Da hat er sich weiterentwickelt.“
Heißt in Prognosen? In belastbaren? „Wir sind in Lauerstellung!“
für Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen: Moritz Baer (SF Gmund-Dürnbach), Markus Eisenbichler (TSV Siegsdorf), Richard Freitag (SG Nickelhütte Aue), Severin Freund (WSV DJK Rastbüchl), Karl Geiger (SC Oberstdorf), Martin Hamann (SG Nickelhütte Aue), Kilian Märkl (SC Partenkirchen), Pius Paschke (WSV Kiefersfelden), Luca Roth (SV Meßstetten), David Siegel (SV Baiersbronn), Constantin Schmid (WSV Oberaudorf), Andreas Wellinger (SC Ruhpolding). Vor den Springen in Innsbruck und Bischofshofen muss Bundestrainer Horngacher seinen Kader auf sechs Springer reduzieren.