Die Stunde der Wohlstandsmüllentsorger
Nach den Feiertagen wird augenscheinlich, dass das Fest der Liebe auch ein Fest der unliebsamen Dinge ist. Denn wenn wir so lieb sind und unsere Lieben nach Leibes- und Finanzkräften beschenken, bleibt bei diesem Vorgang selbstloser Herzenswärme jede Menge Müll übrig. Und damit beginnt zwischen den Jahren der grimmige Endkampf an den Wertstoffinseln und Wertstoffhöfen.
Zwar kann man nicht unter die Overalls der Mitarbeiter blicken – doch der eine oder andere wird gewiss eine kugelsichere Weste am Leib tragen. Denn der vom extralangen Weihnachtsfest mürbe gemachte Wohlstandsmüllentsorger ist dann besonders reizbar, weil ihm noch die Restsodbrandsäure von all den Plätzchen und Gänsen im Halse gluckst, während er sich in den Stau vor der Müllumladestation einreiht. Denn natürlich sind spätestens seit Mitternacht des 24. die Hausmülltonnen hoffnungslos überfüllt. Was soll man an Heiligabend auch sonst tun als den Müll rausbringen, wenn’s Essig ist mit der Christmette?
Die Kommunen gehen immer mehr dazu über, Kameras an Entsorgungsstationen zu installieren, damit Personen rasch ermittelt und ihrer gerechten Strafe zugeführt werden können, wenn sie etwa eine weiße Flasche in den Behälter für Grünglas werfen. Fest der Liebe hin, Fest der Gnade her – wenn’s um Mülltrennung geht, heißt es Auge um Auge, Zahn um Zahn. Im Angesicht von Joghurtbechern und Verpackungsbergen (bitte die bunten Kunststoffbänder unbedingt in den Gelben Sack!) kann man sich jede Höflichkeiten schenken.