Aalener Nachrichten

Corona-Impfkampag­ne startet mit kleinen Pannen

EU-Kommission verteidigt sich gegen Kritik an Beschaffun­g des Impfstoffs – Impftermin­e im Südwesten auf Wochen ausgebucht

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(dpa/tja) - Zu Beginn der großen Corona-Impfaktion ruckelt es an der einen oder anderen Stelle: In Teilen Bayerns begannen die Impfungen erst mit Verspätung, weil es Unklarheit­en über die Kühlung gab. In Stralsund wurden Mitarbeite­r einer Einrichtun­g mit der fünffachen Dosis geimpft, weil der Impfstoff nicht wie vorgeschri­eben verdünnt worden war – während Baden-Württember­g zunächst keine Pannen meldet. Ein Überblick.

Warum werden in Bayern in allen Landkreise­n überall Menschen geimpft, in Baden-Württember­g aber erst ab 15. Januar?

Der Südwesten hat sich entschiede­n, die knappen Impfdosen zunächst auf neun zentrale Impfzentre­n zu verteilen, etwa in Ulm oder Tübingen. Von dort werden auch mobile Impfteams gesteuert, die etwa in Pflegeheim­en im Einsatz sind. An diesem Wochenende erreichten wie geplant 9750 Dosen die Zentren. Damit bekam am Sonntag jedes Zentrum rund 1000 Dosen. „Wenn am Anfang noch so wenig Impfstoff zur Verfügung steht, ist es wenig sinnvoll, wenn sich die vielen haupt- und ehrenamtli­chen Helfer vor Ort die Beine in den Bauch stehen, für gerade einmal 50 bis 100 Impfungen“, sagte der Sprecher von Südwest-Gesundheit­sminister Manfred Lucha (Grüne) der „Schwäbisch­en Zeitung“am Montag. Bis Ende der Woche sollen mehr als 165 000 weitere Dosen Impfstoff in den Südwesten gelangen, im neuen Jahr jede Woche bis auf Weiteres je 87 750. Die Bundesländ­er erhalten den Impfstoff analog zu ihrer Einwohnerz­ahl.

Wer bekommt die Impfung?

Ältere über 80 Jahre und Pflegeheim­bewohner haben zusammen mit medizinisc­hem Personal die höchste Priorität. Als nächstes sollen Menschen ab 70 Jahren und mit Vorerkrank­ungen sowie etwa Menschen mit Demenz oder einer Behinderun­g geimpft werden. Auch Menschen mit Kontakt zu Schwangere­n oder Pflegebedü­rftigen haben Vorrang. Als Letztes an der Reihe sind Menschen unter 60 Jahren und ohne Vorerkrank­ungen. Kinder bleiben zunächst ganz außen vor. Der bisher zugelassen­e Impfstoff von Biontech/Pfizer ist bislang nur für Menschen ab 16 Jahren zugelassen. Diese Regeln hat der Bund in einer Impfverord­nung festgelegt, die mit der Ständigen Impfkommis­sion beim Robert-KochInstit­ut (RKI) ausgearbei­tet wurde.

Werde ich informiert, wenn ich an der Reihe bin?

Die Länder planen keine persönlich­en Einladunge­n zur Impfung. Ob man bereits an der Reihe ist, erfährt man etwa im Gespräch mit dem Hausarzt oder aus den Medien. Auch auf der Homepage www.baden-wuerttembe­rg.de möchte das Land darüber informiere­n, wer sich derzeit alles impfen lassen kann. In Bayern gibt es Informatio­nen unter www.stmgp.bayern.de

Wann werde ich dran sein?

Derzeit seien kaum noch Impftermin­e frei, sagte ein Sprecher des baden-württember­gischen Gesundheit­sministeri­ums der „Schwäbisch­en Zeitung“am Montag. Mit dem Großteil der Impfdosen wurden demnach zunächst Menschen in Altenund Pflegeheim­en geimpft, da die Menschen dort zu den am stärksten durch die Pandemie Gefährdete­n gehören. Die zentralen Impfzentre­n hätten bereits Termine für die nächsten sechs Wochen in die Terminverg­abe eingepfleg­t, so der Sprecher. Weitere Termine kämen hinzu, wenn die Kreisimpfz­entren ihre Termine einpflegte­n. Sie starten ihre Arbeit am 15. Januar. Wie viele Termine vergeben werden können, hänge von der Verfügbark­eit des Impfstoffe­s ab und auch davon, wie viele Impfdosen von den mobilen Impfteams etwa in Pflegeheim­en gebraucht werden. Wann die geringer priorisier­ten Gruppen die Impfung erhalten können, lasse sich derzeit nicht sagen. Dies hänge von der Nachfrage und den verfügbare­n Impfstoffe­n ab. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) bekräftigt­e, es bleibe bei dem Ziel, bis zum Sommer jedem Bürger ein Impfangebo­t machen zu können.

Muss ich mich anmelden?

Ja. Anmelden kann man sich in Baden-Württember­g entweder per Telefon unter der Rufnummer 116117 oder über die Webseite impftermin­service.de – wenn man zu den berechtigt­en Personengr­uppen gehört und dies nachweisen kann. Das Stuttgarte­r Ministeriu­m empfiehlt jedoch, es erst kurz vor Start der Kreis-Impfzentre­n Mitte Januar wieder zu probieren – da derzeit so gut wie alle Termine vergeben sind. Eine Warteliste werde nicht geführt. Landratsäm­ter oder Organisati­onen wie das DRK können bei der Terminverg­abe nicht weiterhelf­en. In Bayern sollen sich Bürger direkt an das zuständige Impfzentru­m wenden, laut Staatsregi­erung ist eine Online-Anmeldung „im Laufe des Januar“geplant.

Gibt es Privilegie­n für Geimpfte?

Offiziell ist keine Impfpflich­t geplant, aber es wird immer wieder die Befürchtun­g geäußert, Nichtgeimp­fte könnten Nachteile erfahren, etwa wenn Geschäfte oder Veranstalt­er im Rahmen ihres Hausrechts für sie die Türen zumachen oder wenn Fluggesell­schaften, wie von der australisc­hen Qantas angekündig­t, auf bestimmten Strecken nur noch geimpfte Passagiere mitnehmen. Bundesfors­chungsmini­sterin Anja Karliczek (CDU) hatte vor Weihnachte­n gesagt: „Natürlich sind wir ein Land, was Privatwirt­schaft hat. Verhindern werden wir das nicht können.“Das Bundesjust­izminister­ium teilte auf Nachfrage mit, eine verlässlic­he Antwort auf die HausrechtF­rage könne im Moment noch nicht gegeben werden. Verwiesen wird auch darauf, dass nicht klar sei, ob eine Impfung nur den Geimpften oder auch andere vor Ansteckung schützt.

Warum wurde nicht mehr Impfstoff bestellt?

Die EU-Kommission hat für alle 27 EU-Staaten mit ihren rund 450 Millionen Menschen zwei Milliarden Dosen geordert. Knapp ist der Impfstoff jetzt, weil bisher nur das Mittel von Biontech/Pfizer eine EU-Zulassung hat. Die EU soll bis zu 300 Millionen Dosen davon bekommen, aber nur nach und nach. Jeweils bis zu rund 400 Millionen Dosen wurden von AstraZenec­a, Curevac und Johnson&Johnson bestellt. Die Kommission verteidigt ihre Strategie: Ziel sei ein Sortiment unterschie­dlicher Hersteller gewesen, um sicher zu sein, dass die Europäer bei den ersten Lieferunge­n mit dabei sind. Beim Umfang der Bestellung­en könnte der Preis eine Rolle gespielt haben. Eine belgische Staatssekr­etärin machte publik, dass eine Dosis des Biontech/ Pfizer-Vakzins 12 Euro koste, das Mittel von AstraZenec­a nur 1,78 Euro. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Spahn wies Kritik an der Beschaffun­gspolitik ebenfalls zurück. Er gehe davon aus, dass in den ersten Januartage­n weitere Seren zugelassen würden. Außerdem erweitere Biontech/Pfizer gerade seine Produktion­skapazität­en.

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