„Die Künstler sind neugieriger und flexibler“
Die Planungen für das Poolbar-Festival 2021 sind in vollem Gange – Interessierte können sich über den Generator selbst einbringen
Im Sommer 2020 haben Herwig Bauer und sein Team im österreichischen Feldkirch ein pandemiekonformes Festival durchgezogen. Die Planung für das PoolbarFestival 2021 sind nun im Gange. Da der Mitmach-Charakter einen hohen Stellenwert hat, bekommen seit 2014 Kreative aus unterschiedlichen Fachbereichen Gelegenheit, sich im Rahmen des Poolbar-Generators mit einzubringen. Noch bis 14. Februar können sich Studierende und sonstige Interessierte bewerben. Christiane Wohlhaupter hat nachgefragt, was die Bewerber mitbringen sollten, wie die Vorbereitungen allgemein laufen und wie das Fazit des Sommers 2020 lautet.
Herr Bauer, Sie und Ihr Team haben im Sommer ein pandemiegerechtes Festival durchgezogen. Wie anstrengend war das?
Es war ein Kraftakt. Die große Presseaussendung mit der Bekanntgabe des Lineups war bereit für den Versand, die Architekten vermeldeten die Fertigstellung der Detailplanung – und dann kam der Lockdown. Alles war obsolet. Im Frühjahr war ja über das Virus noch sehr wenig bekannt und es herrschte große Unsicherheit, wie der Sommer würde. Dann kamen rundherum die Absagen fast aller anderen Kulturveranstaltungen. Auch teamintern galt es Überzeugungsarbeit zu leisten, dass ein Poolbar-Festival auch unter CoronaBedingungen großartig werden kann. Und das wurde es dann ja auch – aber es musste alles doppelt und dreifach gemacht werden, denn die gesetzlichen Vorgaben waren ja eher, sagen wir, „dynamisch“.
Wie zufrieden waren Sie mit dem Festival in Zeiten der Pandemie? Bei unserem Sicherheitskonzept haben wir auf Kooperation der Gäste gesetzt, statt auf Zwang. Natürlich gab es da auch Befürchtungen, dass es scheitern könnte. Zum Glück haben sich diese Befürchtungen nach dem ersten Veranstaltungstag in Luft aufgelöst. Und gleichzeitig haben sich die Hoffnungen, dass es ein charmantes Setting werden könnte, mehr als nur bestätigt: Es war ein ausgesprochen idyllisches PoolbarFestival, mit Veranstaltungen, die vielen Gästen lange in Erinnerung bleiben werden. Und ja: Es kamen in sechs Wochen mehr als 10 000 Gäste. Auch wenn das finanzielle Ergebnis noch bang abgewartet werden muss: Wir sind sehr zufrieden.
Was haben Sie aus dem Sommer 2020 gelernt?
Aus dem Zwang, Dinge anders madass chen zu müssen oder auch auf Dinge verzichten zu müssen, kann auch gutes Neues entstehen, wenn man hart daran arbeitet. Uns ist das gelungen. Aber wir hatten auch mehrere günstige Voraussetzungen dafür: Nicht jeder verfügt über ein derart schönes Außengelände direkt am eigentlichen Veranstaltungshaus, nicht jeder erfährt einen derart unmittelbaren – und für die Politiker durchaus mit Risiko verbundenen – Rückhalt durch Stadt und Land in so einer Krise. Und zwei ganz wesentliche Dinge, die ich jetzt noch viel mehr zu schätzen weiß: Wir können durch unsere jährlich neue Gestaltung – von Architektur über Produktdesign, Kunst bis zur Grafik – immer auf aktuelle Entwicklungen reagieren und laufen nicht Gefahr, ineffizient zu werden. Und das Allerwichtigste: Wir haben ein fantastisches Team, das in 27 Jahren noch nie so kompakt, freundschaftlich, harmonisch und doch gleichzeitig professionell, seriös und zielorientiert war.
Welchen Anteil nimmt bei der aktuellen Planung weiterhin das Pandemiegeschehen ein?
Bei der Programmgestaltung gehen wir davon aus, dass wir einen „normalen“Poolbar-Sommer haben werden. Aber natürlich haben wir auch im Hinterkopf, dass Corona nach wie vor Einschränkungen mit sich bringen wird. Für diesen Fall haben wir die Erfahrungen vom Sommer als Supertrumpf im Ärmel. Das Booking ist so ausgelegt, dass wir – egal, ob Corona-Sommer oder nicht – jedes Wochenende ein ruhiges Open Air mit einem großen Headliner veranstalten können. Diese Open Airs waren 2020 schon wahnsinnig schön – die wollen wir jedenfalls beibehalten. Was all das Gestalterische angeht: Den PoolbarGenerator haben wir extra auf Ende März nach hinten verschoben, weil bis dann hoffentlich absehbar ist, welche Regeln im Sommer gelten werden.
Wie gestalten sich die Künstleranfragen im Vergleich zu früheren Jahren?
Sehr unterschiedlich. Es gibt Agenturen und Künstler, bei denen ein Umdenken spürbar ist. Die merken jetzt verstärkt, dass das System „Kultur“nicht ein reines Business ist, das der Profitmaximierung – notfalls auf Kosten anderer – dient. Sie merken, es keinen Sinn macht, überall den letzten Cent aus den Verhandlungspartnern herauszuquetschen. In Zeiten wie diesen müssen alle froh sein, überhaupt noch Verhandlungspartner zu haben. Die Gespräche werden also teilweise respektvoller und menschlicher. Und die Künstler sind neugieriger und flexibler. Aber es gibt natürlich auch solche, die nach wie vor das „alte Spiel“spielen und immer irrere Gagenforderungen abrufen wollen. Und es gibt die besonders vorsichtigen, die ihren Sommer 2021 abgeblasen haben und erst wieder 2022 aktiv werden wollen. In Summe: spannend, aber sehr mühsam. Egal, wir werden uns mit einem fantastischen Poolbar-Sommer 2021 belohnen.
Ob Architektur, Grafik oder Street Art: Seit 2014 wird die Festivalgestaltung durch den Poolbar-Generator mitbestimmt. Was müssen Bewerber unbedingt mitbringen? Gestalterisches Talent, Interesse für Neues, Freude an gemeinschaftlichem Arbeiten – und idealerweise Liebe fürs Poolbar-Festival. Die kommt dann aber ohnehin automatisch spätestens im Sommer nach dem Poolbar-Generator.
Gibt es auch Wiederholungstäter bei den Generator-Teilnehmern? Die gibt es, sie sind aber eher die Ausnahme. Andererseits: Einige Laborleiter haben als „einfache“Teilnehmer begonnen und sind uns jahrelang erhalten geblieben.
Stehen die Ideen oder das Machen beim Generator im Mittelpunkt? Beim Generator stehen zunächst die Ideen im Vordergrund. So weit ist das Ganze einem Entwurfsprojekt an der Uni nicht unähnlich. Nur: Beim Poolbar-Generator wird genreübergreifend gearbeitet – und im Team. Die Architekten helfen also beispielsweise gerne mal den Produktdesignern mit statischen Klärungen. Und der ganz große Unterschied zur Uni ist: Es geht letztlich darum, Dinge nicht für die Schublade oder ein Zeugnis zu entwickeln, sondern für ein einzigartiges Festival, das jährlich 25 000 Gäste begeistert. Was gibt es Cooleres, als sich mit wildfremden Menschen beim Festival über die famose Gestaltung unterhalten zu können, und ganz nebenbei die Info fallen zu lassen, dass das Gegenüber in einem Sessel herumlungert, den man selber entworfen hat?
Infos und Anmeldung unter www.poolbar.at/ generator/2021