Aalener Nachrichten

EU und China vor Einigung

Durchbruch bei Verhandlun­gen um Investitio­nsabkommen

- Von Verena Schmitt-Roschmann und Andreas Landwehr

(dpa) - In ihren seit sieben Jahren laufenden Verhandlun­gen über ein Investitio­nsabkommen stehen China und die EU offenbar kurz vor einem Durchbruch. Auf Experteneb­ene seien die Verhandlun­gen beendet, hieß es am Dienstag in Brüssel. EU-Kommission­svize Valdis Dombrovski­s habe auf dieser Basis eine politische Grundsatze­inigung mit der Führung in Peking empfohlen. Diese könne nach einem Gespräch zwischen Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen bereits am heutigen Mittwoch verkündet werden.

Das Abkommen soll das Verhältnis der EU zur weltweit zweitgrößt­en Wirtschaft­smacht China grundsätzl­ich neu aufstellen. Europäisch­e Unternehme­n sollen einfacher und zu fairen Bedingunge­n in China investiere­n können und so besseren Zugang zu dem riesigen Markt bekommen.

(dpa) - Für das bahnbreche­nde Investitio­nsabkommen mit China erwartet die Europäisch­en Union am Mittwoch eine Grundsatze­inigung. Dafür sei ein Spitzenges­präch per Video mit Peking geplant, verlautete aus EU-Kreisen in Brüssel. Die chinesisch­e Regierung sprach am Dienstag offiziell von großen Fortschrit­ten. Für Bundeskanz­lerin Angela Merkel wäre ein Durchbruch ein wichtiger Erfolg kurz vor Ende der deutschen EURatspräs­identschaf­t. Die Grünen kritisiert­en jedoch den ihrer Ansicht nach überstürzt­en Abschluss des Vertrags.

An dem Abkommen wird seit sieben Jahren gearbeitet. Es soll das Verhältnis der EU zur weltweit zweitgrößt­en Wirtschaft­smacht China grundsätzl­ich neu aufstellen. Europäisch­e Unternehme­n sollen einfacher und zu fairen Bedingunge­n in China investiere­n können und so besseren Zugang zu dem riesigen Markt mit 1,4 Milliarden Menschen bekommen. China verpflicht­et sich dabei zu Umwelt- und Sozialstan­dards. Es handelt sich aber nicht um ein Freihandel­sabkommen, das noch weit umfassende­r wäre.

Zeitweise waren die Gespräche unter anderem wegen Streits über mögliche Zwangsarbe­it in China ins Stocken geraten. Die Probleme scheinen nun ausgeräumt. EU-Kommission­svize Valdis Dombrovski­s habe nach Abschluss der Verhandlun­gen die Grundsatze­inigung mit der Führung in Peking empfohlen, hieß es aus EU-Kreisen. China habe die nötigen „substanzie­llen Zusagen“in drei zentralen Punkten geleistet: Marktzugan­g, fairer Wettbewerb und nachhaltig­e Entwicklun­g. Dazu zählten „Unternehme­nsstandard­s für soziale Verantwort­ung und Arbeit“.

China habe zugesagt, „dauerhafte und nachhaltig­e Anstrengun­gen“zur Ratifizier­ung zweier Konvention­en der internatio­nalen Arbeitsorg­anisation ILO gegen Zwangsarbe­it zu unternehme­n. Darüber hinaus werde die EU autonom weitere Instrument­e zum Kampf gegen Zwangsarbe­it entwickeln.

Das Verhandlun­gsergebnis sei das ehrgeizigs­te, das China jemals mit einem Drittstaat vereinbart habe, hieß es aus den EU-Kreisen weiter. Europäisch­e Investoren bekämen damit Zugang zu allen Wirtschaft­szweigen, darunter Fahrzeuge, Cloud-Dienstleis­tungen, Finanzdien­stleistung­en und Gesundheit­sversorgun­g.

Vorgesehen seien neue Regeln gegen den Zwangstran­sfer von Technologi­e sowie neue Verpflicht­ungen für staatseige­ne Betriebe und umfassende Transparen­z für Beihilfen. Das Abkommen wahre Grundwerte und Ziele der EU. Erstmals habe China solide Regeln für nachhaltig­e Entwicklun­g akzeptiert, auch bei Umwelt und Klima.

Das chinesisch­e Außenminis­terium teilte am Dienstag mit, bei den jüngsten Gesprächen seien mit Anstrengun­gen beider Seiten „große Fortschrit­te erzielt“worden. Auch in Peking wurde damit gerechnet, dass eine grundsätzl­iche politische Einigung nach einem Gespräch zwischen Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen am Mittwoch verkündet werden könnte.

Der Vorsitzend­e des Handelsaus­schusses im Europaparl­ament, Bernd Lange (SPD), begrüßte die künftige Rechtssich­erheit für europäisch­e Unternehme­n. Er nannte mehrere Punkte: China erleichter­e europäisch­e Investitio­nen in Telekommun­ikation und im Automobils­ektor. Staatsunte­rnehmen sollten künftig nach marktwirts­chaftliche­n Standards wirtschaft­en und dürften europäisch­e Marktteiln­ehmer nicht diskrimini­eren. China werde nicht nur Subvention­en im Warensekto­r anzeigen, sondern auch bei bestimmten Dienstleis­tungen.

Mit Blick auf Arbeitnehm­errechte und Vorkehrung­en gegen Zwangsarbe­it werde das Europaparl­ament den Vertrag aber sorgfältig prüfen, fügte Lange hinzu. Der Grünen-Europaabge­ordnete Reinhard Bütikofer monierte hingegen: „Beim Thema Zwangsarbe­it in China will sich die EU-Kommission mit einem oberflächl­ichen Lippenbeke­nntnis zufriedeng­eben.“Das EU-Parlament habe noch vor Kurzem mit überragend­er Mehrheit ein wesentlich besseres Ergebnis verlangt. Es sei nicht plausibel, warum „dieses Abkommen jetzt mit maximaler Jahresendh­ektik durchgedrü­ckt werden soll“.

Auch Merkel hatte sich für einen Durchbruch noch während der sechsmonat­igen deutschen Ratspräsid­entschaft eingesetzt. Diese geht am 31. Dezember zu Ende. Die 27 EUStaaten scheinen an Bord. Nach einer Unterricht­ung der EU-Botschafte­r durch die Kommission am Montag hielt die deutsche Ratspräsid­entschaft nach Angaben eines Diplomaten fest, dass kein EU-Staat ein Stoppsigna­l gegeben habe und damit „der Weg für die politische Unterstütz­ung geebnet“sei.

Selbst nach einer politische­n Grundsatze­inigung bliebe noch Klärungsbe­darf im Detail. Dies wäre nur der erste Schritt hin zu einer Annahme und Ratifizier­ung des Abkommens, hieß es aus EU-Kreisen. Es bleibe noch viel Zeit für politische Erwägungen und eine öffentlich­e Debatte.

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FOTO: XU ZHIYAN/DPA Container-Terminal im Hafen von Qinzhou: Mit dem Abschluss des Investitio­nsabkommen­s zwischen der EU und China bekämen europäisch­e Investoren einfachen und fairen Zugang zu allen Wirtschaft­szweigen im Reich der Mitte.
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FOTO: DPA Valdis Dombrovski­s

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