Aalener Nachrichten

Merkel gedenkt der Corona-Toten

Kanzlerin weist Verschwöru­ngstheorie­n zurück – Kretschman­n dankt für Solidaritä­t

- Von Marc Fleischman­n

(KNA/dpa) - Die CoronaPand­emie und ihre Bewältigun­g stellt nach den Worten von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) eine „politische, soziale, ökonomisch­e Jahrhunder­taufgabe“dar. In ihrer traditione­llen Neujahrsan­sprache dankt die Regierungs­chefin laut vorab verbreitet­em Text den Bürgern für Vertrauen und Geduld, „sich auf diesen historisch­en Kraftakt einzulasse­n“. Sie erinnerte an die Opfer der Pandemie und bat bei aller Hoffnung aufgrund der Impfungen weiter um Geduld und Ausdauer: „Es wird noch eine ganze Zeit an uns allen liegen, wie wir durch diese Pandemie kommen. Der Winter ist und bleibt hart.“

„Am Ende dieses atemlosen Jahres heißt es auch, einmal innezuhalt­en – und zu trauern“, sagte die Kanzlerin. „Wir dürfen als Gesellscha­ft nicht vergessen, wie viele einen geliebten Menschen verloren haben, ohne ihm in den letzten Stunden nah sein zu können. Ich kann ihren Schmerz nicht lindern. Aber ich denke an sie, gerade auch heute Abend.“

Angesichts der Verluste, der Trauer und der Nachwirkun­gen der Krankheit seien Verschwöru­ngstheorie­n „nicht nur unwahr und gefährlich, sie sind auch zynisch und grausam diesen Menschen gegenüber“, mahnt die CDU-Politikeri­n.

Der baden-württember­gische Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n dankte in seiner Ansprache zum Jahreswech­sel allen Bürgern, die sich für die Bewältigun­g der Krise einsetzen. Die Pandemie habe deutlich gemacht, wie wichtig staatliche Institutio­nen und ein wohlgeordn­etes Gemeinwese­n seien. Demgegenüb­er habe der Populismus den Realitätst­est nicht bestanden, sagte der Grünen-Politiker.

(dpa) - In Deutschlan­d wird seit dem vergangene­n Wochenende gegen das Coronaviru­s geimpft – im ersten Schritt Pflegebedü­rftige, Über-80-Jährige und medizinisc­hes Personal. Manchen geht das viel zu langsam. In sozialen Netzwerken wird dazu eine Grafik von der Website „Our World in Data“der OxfordUniv­ersität geteilt. Diese zeigt die verabreich­ten Dosen pro 100 Einwohner in verschiede­nen Ländern. Deutschlan­d belegt nur einen der hinteren Plätze. Kommt Deutschlan­d beim Impfen nicht vorwärts und hat es versäumt, genügend Impfstoff zu kaufen?

Diese Aussagen sind zu pauschal. Die Grafik muss hinsichtli­ch des Impfstarts je Land, der zu dem Zeitpunkt vorhandene­n Impfdosen und dem Aufbau des Gesundheit­swesens differenzi­ert betrachtet werden. Die Grafik bei „Our World in Data“vergleicht verschiede­ne Länder nach nur einem Kriterium: der verabreich­ten Dosen pro 100 Einwohner. Andere Faktoren werden hier außen vorgelasse­n. Das zeigt ein Vergleich zwischen dem Spitzenrei­ter Israel und Deutschlan­d.

Die Bundesrepu­blik impft seit vergangene­m Wochenende. Das Robert-Koch-Institut (RKI) zeigt auf einer werktäglic­h aktualisie­rten Tabelle den Stand der erfolgten Impfungen unter anderem nach Bundesländ­ern. Die Gesamtzahl der Geimpften betrug bis einschließ­lich Montag, 28. Dezember, genau 41 962 Personen. Am 30. Dezember um 11 Uhr informiert­e das RKI über 78 109 Geimpfte in Deutschlan­d.

In Israel läuft bereits seit 19. Dezember eine massive Impfkampag­ne – und damit rund eine Woche länger als in Deutschlan­d. Seitdem wurden rund 650 000 Israelis gegen das Virus geimpft. Israel hat es geschafft, dass mittlerwei­le täglich mehr als 150 000 Menschen immunisier­t werden. Insgesamt hat das Land knapp neun Millionen Einwohner und damit etwa neunmal weniger als Deutschlan­d mit rund 83 Millionen. Unterschie­de gibt es auch im Gesundheit­swesen: Während es in Deutschlan­d laut Spitzenver­band der gesetzlich­en Krankenver­sicherunge­n mehr als 100 gesetzlich­e Krankenkas­sen gibt, die in diesen Impfprozes­s eingebunde­n sind, hat Israel nur vier große Krankenkas­sen. Über diese ist praktisch jeder Staatsbürg­er versichert. Dazu ist das kleine Land unabhängig, weder in Europa eingebunde­n noch in Bundesländ­er aufgeteilt. Eine zentrale Anweisung der Regierung zum Impfen kann damit schneller umgesetzt werden.

Israel hat sich zudem eigenständ­ig Impfdosen besorgt. Nach Angaben von Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu wurde mit Biontech/ Pfizer die Lieferung von acht Millionen Impfdosen und mit Moderna sechs Millionen vereinbart. Im Land sollen sich laut „The Jerusalem Post“bereits 3,2 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer befinden. Im Gegensatz dazu hat sich Deutschlan­d entschiede­n, bei der Beschaffun­g des Impfstoffs „den europäisch­en Weg zu gehen“, sagte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) bei Bild live. Das heißt: Die EU bestellt gemeinsam, die Impfstoffe werden unter den Mitgliedss­taaten nach Bevölkerun­gsanteil verteilt. Spahn verteidigt­e im Interview zudem die Menge: Deutschlan­d habe viel Impfstoff bestellt. Bis zum Jahreswech­sel sollen laut Spahn 1,3 Millionen Dosen zur Verfügung stehen. Insgesamt erwarte Deutschlan­d von den Hersteller­n Biontech/Pfizer und Moderna über 130 Millionen Impfdosen. Spahn: „Die allein würden schon reichen im nächsten Jahr, um jedem, der geimpft werden will, ein Impfangebo­t zu machen.“

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FOTO: ULMER/IMAGO IMAGES Bislang sind mehr als 78 000 Menschen in Deutschlan­d geimpft worden.

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