Aalener Nachrichten

Unsinnig und gefährlich

- Von Finn Mayer-Kuckuk politik@schwaebisc­he.de

Die Forderung ist deutlich: Es müsse mehr Impfstoff geben – der Staat sollte den Hersteller Biontech zwingen, das Rezept und die Rechte zu seiner Nutzung an andere Anbieter herauszuge­ben. Diese könnten die Substanz parallel herstellen. Diese Idee ist aber unsinnig und gefährlich.

Die erzwungene Rechteüber­tragung ist von HIV-Medikament­en bekannt. Erst die Vergabe von Lizenzen an preiswerte Massenprod­uzenten hat die Versorgung Afrikas ermöglicht. Das war sinnvoll. Doch in der Corona-Pandemie liegt der Fall völlig anders: Der Unterschie­d liegt in der Zeit, die bis zum Produktion­sstart zur Verfügung steht. Die Generika-Hersteller hatten selbst im Fall der gut etablierte­n HIVBlocker monate- und jahrelang Zeit, sich mit den Wirkstoffe­n vertraut zu machen und neue Anlagen einzuricht­en. Die HIV-Epidemie flaut langsam ab. Es kam bei HIV nicht auf ein halbes Jahr mehr oder weniger an.

Im Falle der Corona-Pandemie ist die Ungeduld nun groß, jeder Tag zählt. Doch jeder andere Hersteller, der jetzt eine Lizenz von Biontech erhält, bräuchte mindestens ein Dreivierte­ljahr, um die Produktion vorzuberei­ten. Die Herstellun­g der neuartigen Impfungen hat nur wenig mit traditione­ller Arzneimitt­elprodukti­on zu tun. Ab Sommer kommen ohnehin weitere Impfstoffe auf den Markt – fast alle Pharmahers­teller sind an dem Rennen beteiligt.

Es spricht ethisch nichts dagegen, wenn der Staat eine PharmaFirm­a zwingt, Exklusivre­chte aufzugeben, um Menschenle­ben zu retten. Im Fall des Corona-Impfstoffs würde es jedoch nicht das Geringste nützen. Der Schaden dieses Eingriffs für die Wirtschaft wäre immens. Die Botschaft an forschende Unternehme­n lautet: Der finanziell­e Aufwand und das hohe Risiko lohnen letztlich nicht. Der größte Ansporn etwas Neues zu schaffen, ist das Copyright. Es sollte heilig sein.

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