Aalener Nachrichten

Mehr Marktzugan­g, mehr Rechtssich­erheit, besseres Wettbewerb­sumfeld

Was das Investitio­nsabkommen zwischen der EU und China bringt und ob der Pakt die hohen Erwartunge­n erfüllt

- Von Ansgar Haase und Andreas Landwehr

(dpa) - China und die EU haben sich grundsätzl­ich auf ein zukunftswe­isendes Investitio­nsabkommen geeinigt. Nach sieben Jahren verkündete­n Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen und chinesisch­e Staatsmedi­en am Mittwoch den Abschluss der Verhandlun­gen, auch wenn die letzten Details noch ausgehande­lt werden müssen. Was bringt das Abkommen und wo bringt es nichts? Fragen und Antworten im Überblick:

Was verspricht sich die EU von dem Investitio­nsabkommen?

Aus Sicht der EU soll es den Zugang europäisch­er Unternehme­n zum chinesisch­en Wachstumsm­arkt verbessern und die Wettbewerb­sbedingung­en angleichen. Dadurch neu geschaffen­e Geschäftsm­öglichkeit­en sollen das Wachstum in der EU und die Erholung von der Pandemie beschleuni­gen.

Wie ist die Situation derzeit?

Es herrscht Ungleichhe­it. Der europäisch­e Markt ist für chinesisch­e Unternehme­n offener als der chinesisch­e Markt für EU-Firmen. Der chinesisch­e Staat greift häufig ein, wodurch europäisch­e Unternehme­n nicht nur in der Volksrepub­lik diskrimini­ert werden, sondern auch Probleme auf Drittmärkt­en und selbst daheim in der EU bekommen. Ursache sind intranspar­ente Industries­ubventione­n, die Bevorzugun­g von Staatsunte­rnehmen oder der Zwang zum Technologi­etransfer.

Welche Bereiche des chinesisch­en Marktes sollen offener werden?

EU-Unternehme­n sollen künftig einen besseren Zugang in den Bereichen Finanzen, Computer, Transportd­ienste zur See oder in der Luft, Forschung und Entwicklun­g, Fahrzeuge mit alternativ­en Antrieben, Telekommun­ikation, Cloud-Dienste und beim Betrieb privater Krankenhäu­ser in ausgesucht­en Orten haben.

Was soll sich sonst noch ändern?

China will bei staatliche­n Subvention­en transparen­ter werden und Investitio­nen vereinfach­en. Europäisch­e Unternehme­n sollen nicht mehr gezwungen werden können, Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit chinesisch­en Partnern zu gründen. Doch weisen Experten darauf hin, dass eine „Negativlis­te“Chinas weiter Beschränku­ngen vorgibt.

Spielen für Chinas Zugeständn­isse politische Überlegung­en eine Rolle?

Für China hat eine Einigung mit den Europäern starke politische Symbolik – besonders vor dem Hintergrun­d des Handelskri­eges mit den USA und der Machtüberg­abe in den USA. Der neue US-Präsident Joe Biden will weiter an den Zusatzzöll­en festhalten. Ein Deal könnte es ihm erschweren, mit den Europäern eine Allianz zu schmieden.

Wozu verpflicht­et sich Pekings Führung bei den Arbeitsrec­hten?

China verspricht, „dauerhafte und nachhaltig­e Anstrengun­gen“zur Ratifizier­ung zweier Konvention­en der Arbeitsorg­anisation ILO gegen Zwangsarbe­it zu unternehme­n. Aber erstens bestreitet Chinas Führung, dass es überhaupt Zwangsarbe­it gibt, und weist solche Vorwürfe vor allem im Umgang mit der muslimisch­en Minderheit der Uiguren als „völlig grundlos“zurück. Und zweitens hat China auch schon früher seinen Ankündigun­gen keine Taten folgen lassen. Wird das Investitio­nsabkommen die Benachteil­igung ausländisc­her Unternehme­n bei der öffentlich­en Beschaffun­g in China ändern? Nein. Dieses alte Streitthem­a wurde ausgenomme­n.

Werden Investitio­nen durch das neue Abkommen geschützt?

Nein. Über den Investitio­nsschutz wird separat verhandelt. Beide Seiten wollen die Verhandlun­gen darüber innerhalb von zwei Jahren nach Unterzeich­nung des Investitio­nsabkommen­s abschließe­n.

Was ist mit der Streitbeil­egung zwischen Unternehme­n?

Das Abkommen sieht einen Mechanismu­s für Konsultati­onen oder auch ein Gremium aus drei unabhängig­en Experten vor, die eine Schlichtun­g versuchen sollen. Jeweils ein Experte wird von jeder Seite von einer vorher bestimmten und regelmäßig aktualisie­rten Liste gewählt, während der Vorsitzend­e per Los ausgesucht wird. Die Experten sollen einen eigens angehängte­n Verhaltens­kodex befolgen. Wann wird das Abkommen fertig sein und wer muss zustimmen? Auf die grundsätzl­iche politische Einigung folgen Verhandlun­gen über juristisch­e Details des Textes. Die EU-Kommission erwartet einen Abschluss erst „Anfang 2022“. Die EUMitglied­er und das Europäisch­e Parlament müssen dem Abkommen zustimmen, um es zu ratifizier­en.

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