Corona-Helden vom Rettungsdienst
Wie die Pandemie den Rettungsdienst verändert hat.
- Sie rücken aus, wenn jemand schnell Hilfe braucht: Die Frauen und Männer des Rettungsdienstes. Auch ihren Berufsalltag hat die weltweite Corona-Pandemie stark beeinflusst.
Einer von ihnen ist Rafael Pohlner. Er arbeitet als hauptamtlicher Notfallsanitäter bei den Aalener Maltesern. Begonnen hat für Pohlner der Pandemie-Alltag mit einem Anruf. „Es hieß, eine größere Testung stehe an und man müsse ein Zentrum mit aufbauen“, erinnert sich der Notfallsanitäter. Pohlner wird für eine gewisse Zeit aus dem normalen Rettungsdienst genommen und hilft, das Corona-Testzentrum auf dem Aalener Greutplatz mit einzurichten. Dort sollten im März vor allem Rückkehrer aus Ischgl auf das Coronavirus getestet werden.
Auch kümmert sich Pohlner mit um die Beschaffung von Schutzmaterial für den Rettungsdienst. „Als die Zahlen gestiegen sind, wurde die Situation immer brisanter. Es war klar, dass wir eine Zeitlang mit dem Material, das man beschaffen konnte, klar kommen. Aber auch, dass es eng werden wird“, sagt er.
Knapp wurde es vor allem bei Desinfektionsmitteln und bei den OP- und FFP2-Schutzmasken. „Wir hatten Glück, dass dann die Freigabe kam, dass Apotheken selbst Desinfektionsmittel herstellen durften“, erklärt Pohlner. Ein Problem wäre auch gewesen, dass viele große Hersteller von Schutzmasken in China produzierten und der Import im Frühjahr nicht möglich war. „Seit das Land seine Produktion wieder hochgefahren hat und exportieren kann, hat sich die Lage deutlich entspannt“, so der Sanitäter.
Mittlerweile sei man recht gut mit Schutzkleidung ausgestattet, sagt Pohlner. Und die ist Pflicht, wenn auch nur der Verdacht besteht, dass ein Patient mit dem Virus infiziert sein könnte.
„Wir haben unser Vorgehen, wie wir Patienten versorgen, dahingehend geändert. Zunächst geht nur ein Kollege direkt zum Erkrankten und macht eine kurze Anamnese. Wenn der Patient Fieber hat, müssen wir davon ausgehen, dass er mit dem Coronavirus infiziert sein könnte und können ihn nur mit Schutzkleidung behandeln“, erklärt Pohlner.
Und Schutzkleidung bedeutet: FFP2-Maske anlegen, einen Augenschutz,
also ein so genanntes Faceshield oder eine Brille tragen, die Haare mit einer OP-Haube bedecken, einen Schutzkittel über die normalen Kleidung legen sowie Überziehschuhe und Einmalhandschuhe tragen. Das Anlegen der Schutzkleidung kostet natürlich Zeit. „Ist aber unerlässlich. Denn wir müssen uns und eventuelle weitere Kontaktpersonen schützen“, so
Pohlner. Kontaktpersonen sind im Rettungsdienst sowohl Patienten als auch Klinikmitarbeiter. „Es wäre fatal, wenn wir die Infektion hier weiter tragen würden“, so der Notfallsanitäter.
Auch die Notrufleitstelle frage am Telefon schon ab, ob der Patient unter Umständen mit dem Coronavirus infiziert sein könnte. „Dann bekommen wir auf der Anfahrt schon Bescheid,
„Als die Zahlen gestiegen sind, wurde die Situation immer brisanter.“
Rafael Pohlner, Rettungssanitäter
dass es sich um eine so genannte Infektionsfahrt handelt und können uns entsprechend vorbereiten“, sagt Pohlner. Viel Neues seit der Pandemie? „Ja, auf jeden Fall. Wobei Infektionsfahrten ja im Rettungsdienst nicht neu sind. Sie kommen jetzt natürlich öfter vor. Auch bei anderen Infektionen wie der Influenza oder dem Noro-Virus arbeiten wir mit Schutzkleidung“, so Pohlner. Und obwohl Vieles mittlerweile zur Routine geworden sei, ginge man nie entspannt an die besondere Pandemie-Situation heran und betrachte diese immer mit dem nötigen Respekt.
Der Aufwand in der täglichen Arbeit habe sich auf jeden Fall erhöht, wie der Notfallsanitäter erklärt. Denn immer wenn ein Infizierter oder ein Patient mit Verdacht auf das Coronavirus transportiert wurde, muss das Team das Fahrzeug komplett reinigen und desinifizieren. „Durch die unterschiedlichen Einwirkzeiten der Desinfektionsmittel kann das schon bis zu einer Stunde dauern“, sagt Pohlner. Masken, Handschuhe und Überzieher sind Einmalprodukte, bei den Schutzkitteln ist man bei den Maltesern auf waschbare Produkte umgestiegen. „Die kommen dann in Infektionswäschesäcke und werden entsprechend gereinigt“, wie der Notfallsanitäter erklärt. Unter Umständen wechseln die Mitarbeiter dann noch ihre komplette Dienstkleidung oder gehen duschen, ergänzt er.
Während der Kontakbeschränkungen im Frühjahr habe man insgesamt weniger Einsätze fahren müssen. „Man hatte das Gefühl, die Leute haben länger gezögert, bis sie uns gerufen haben. Zudem gab es kaum Freizeitunfälle, auch das Nachtleben ist komplett weggefallen“, so der Sanitäter.
Neben seiner Tätigkeit im Rettungsdienst ist Pohlner bei den Maltesern
auch für die Ausbildung der Notfallsanitäter zuständig.
Trotz der Pandemie konnte man in diesem Jahr neue Auszubildende einstellen und ein komplettes Examen abhalten, so Pohlner. Trotzdem habe es aber Unsicherheit bei den Prüflingen gegeben. „Denn wenn man drei Jahre lang gelernt hat, dass der Patient einem Feedback gibt und die Prüfung dann auf einmal an einer stummen Puppe stattfindet ist die Situation einfach komplett anders“, erklärt er. Dennoch hätten alle Azubis dies gut gemeistert, auch die Umstellung auf E-Schooling habe gut geklappt.