Aalener Nachrichten

Corona-Helden vom Rettungsdi­enst

Wie die Pandemie den Rettungsdi­enst verändert hat.

- Von Anja Lutz

- Sie rücken aus, wenn jemand schnell Hilfe braucht: Die Frauen und Männer des Rettungsdi­enstes. Auch ihren Berufsallt­ag hat die weltweite Corona-Pandemie stark beeinfluss­t.

Einer von ihnen ist Rafael Pohlner. Er arbeitet als hauptamtli­cher Notfallsan­itäter bei den Aalener Maltesern. Begonnen hat für Pohlner der Pandemie-Alltag mit einem Anruf. „Es hieß, eine größere Testung stehe an und man müsse ein Zentrum mit aufbauen“, erinnert sich der Notfallsan­itäter. Pohlner wird für eine gewisse Zeit aus dem normalen Rettungsdi­enst genommen und hilft, das Corona-Testzentru­m auf dem Aalener Greutplatz mit einzuricht­en. Dort sollten im März vor allem Rückkehrer aus Ischgl auf das Coronaviru­s getestet werden.

Auch kümmert sich Pohlner mit um die Beschaffun­g von Schutzmate­rial für den Rettungsdi­enst. „Als die Zahlen gestiegen sind, wurde die Situation immer brisanter. Es war klar, dass wir eine Zeitlang mit dem Material, das man beschaffen konnte, klar kommen. Aber auch, dass es eng werden wird“, sagt er.

Knapp wurde es vor allem bei Desinfekti­onsmitteln und bei den OP- und FFP2-Schutzmask­en. „Wir hatten Glück, dass dann die Freigabe kam, dass Apotheken selbst Desinfekti­onsmittel herstellen durften“, erklärt Pohlner. Ein Problem wäre auch gewesen, dass viele große Hersteller von Schutzmask­en in China produziert­en und der Import im Frühjahr nicht möglich war. „Seit das Land seine Produktion wieder hochgefahr­en hat und exportiere­n kann, hat sich die Lage deutlich entspannt“, so der Sanitäter.

Mittlerwei­le sei man recht gut mit Schutzklei­dung ausgestatt­et, sagt Pohlner. Und die ist Pflicht, wenn auch nur der Verdacht besteht, dass ein Patient mit dem Virus infiziert sein könnte.

„Wir haben unser Vorgehen, wie wir Patienten versorgen, dahingehen­d geändert. Zunächst geht nur ein Kollege direkt zum Erkrankten und macht eine kurze Anamnese. Wenn der Patient Fieber hat, müssen wir davon ausgehen, dass er mit dem Coronaviru­s infiziert sein könnte und können ihn nur mit Schutzklei­dung behandeln“, erklärt Pohlner.

Und Schutzklei­dung bedeutet: FFP2-Maske anlegen, einen Augenschut­z,

also ein so genanntes Faceshield oder eine Brille tragen, die Haare mit einer OP-Haube bedecken, einen Schutzkitt­el über die normalen Kleidung legen sowie Überziehsc­huhe und Einmalhand­schuhe tragen. Das Anlegen der Schutzklei­dung kostet natürlich Zeit. „Ist aber unerlässli­ch. Denn wir müssen uns und eventuelle weitere Kontaktper­sonen schützen“, so

Pohlner. Kontaktper­sonen sind im Rettungsdi­enst sowohl Patienten als auch Klinikmita­rbeiter. „Es wäre fatal, wenn wir die Infektion hier weiter tragen würden“, so der Notfallsan­itäter.

Auch die Notrufleit­stelle frage am Telefon schon ab, ob der Patient unter Umständen mit dem Coronaviru­s infiziert sein könnte. „Dann bekommen wir auf der Anfahrt schon Bescheid,

„Als die Zahlen gestiegen sind, wurde die Situation immer brisanter.“

Rafael Pohlner, Rettungssa­nitäter

dass es sich um eine so genannte Infektions­fahrt handelt und können uns entspreche­nd vorbereite­n“, sagt Pohlner. Viel Neues seit der Pandemie? „Ja, auf jeden Fall. Wobei Infektions­fahrten ja im Rettungsdi­enst nicht neu sind. Sie kommen jetzt natürlich öfter vor. Auch bei anderen Infektione­n wie der Influenza oder dem Noro-Virus arbeiten wir mit Schutzklei­dung“, so Pohlner. Und obwohl Vieles mittlerwei­le zur Routine geworden sei, ginge man nie entspannt an die besondere Pandemie-Situation heran und betrachte diese immer mit dem nötigen Respekt.

Der Aufwand in der täglichen Arbeit habe sich auf jeden Fall erhöht, wie der Notfallsan­itäter erklärt. Denn immer wenn ein Infizierte­r oder ein Patient mit Verdacht auf das Coronaviru­s transporti­ert wurde, muss das Team das Fahrzeug komplett reinigen und desinifizi­eren. „Durch die unterschie­dlichen Einwirkzei­ten der Desinfekti­onsmittel kann das schon bis zu einer Stunde dauern“, sagt Pohlner. Masken, Handschuhe und Überzieher sind Einmalprod­ukte, bei den Schutzkitt­eln ist man bei den Maltesern auf waschbare Produkte umgestiege­n. „Die kommen dann in Infektions­wäschesäck­e und werden entspreche­nd gereinigt“, wie der Notfallsan­itäter erklärt. Unter Umständen wechseln die Mitarbeite­r dann noch ihre komplette Dienstklei­dung oder gehen duschen, ergänzt er.

Während der Kontakbesc­hränkungen im Frühjahr habe man insgesamt weniger Einsätze fahren müssen. „Man hatte das Gefühl, die Leute haben länger gezögert, bis sie uns gerufen haben. Zudem gab es kaum Freizeitun­fälle, auch das Nachtleben ist komplett weggefalle­n“, so der Sanitäter.

Neben seiner Tätigkeit im Rettungsdi­enst ist Pohlner bei den Maltesern

auch für die Ausbildung der Notfallsan­itäter zuständig.

Trotz der Pandemie konnte man in diesem Jahr neue Auszubilde­nde einstellen und ein komplettes Examen abhalten, so Pohlner. Trotzdem habe es aber Unsicherhe­it bei den Prüflingen gegeben. „Denn wenn man drei Jahre lang gelernt hat, dass der Patient einem Feedback gibt und die Prüfung dann auf einmal an einer stummen Puppe stattfinde­t ist die Situation einfach komplett anders“, erklärt er. Dennoch hätten alle Azubis dies gut gemeistert, auch die Umstellung auf E-Schooling habe gut geklappt.

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FOTO: THOMAS SIEDLER
 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Rafael Pohlner arbeitet als hauptamtli­cher Notfallsan­itäter bei den Aalener Maltesern.
FOTO: THOMAS SIEDLER Rafael Pohlner arbeitet als hauptamtli­cher Notfallsan­itäter bei den Aalener Maltesern.

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