FDP-Kandidat Reiger: Innovation braucht es nicht nur im Ballungsraum
Landtagswahlkampf auf der Ostalb – Wie ein 37-jähriger Rechtsanwalt für seine Positionen wirbt
- Er hat den Teil-Lockdown im November kritisiert. Und jetzt den späten Impfstart auf der Ostalb. Manuel Reiger ist im Wahlkampf angekommen. Am 14. März will der 37-Jährige für die FDP in den Landtag einziehen. Was ihn antreibt, erzählt er im digitalen Redaktionsgespräch mit der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichten“.
Reiger ist Jurist und in Neresheim aufgewachsen. Er hat in Stuttgart und Augsburg gelebt, fühlte sich aber immer auf der Ostalb verwurzelt. Der Konflikt zwischen Ballungsgebiet und ländlichem Raum hat ihn 2017 bewogen, als Bürgermeister in Neresheim zu kandidieren. Jetzt sei der Beweggrund ähnlich, sagt er.
Für Reiger ist das Thema aktueller denn je. Schlechtere Straßen, schlechtere medizinische Versorgung, schlechtere Internetverbindung: Das seien die Probleme des ländlichen Raums, sagt er. Das werde in den Ballungsräumen aber nicht kapiert. Ergo: „Man muss für den ländlichen Raum Politik machen.“Bei Glasfaser, 5G und selbstfahrenden Autos dürfe Baden-Württemberg nicht abgehängt werden. Innovation, Digitalisierung, technischer Fortschritt – „das brauchen wir überall“.
Dabei geht es Reiger nicht nur um Mobilität, Handynetz und Schulen, sondern auch um die digitale Infrastruktur an den Gerichten in Aalen und Ellwangen – Stichwort: elektronische Akte. Die Justiz müsse arbeiten können, das sei Aufgabe des Landes.
Eine bessere Politik für den ländlichen Raum und mehr Digitalisierung – damit will jede Partei punkten. Warum also FDP wählen?„Alle sind für Digitalisierung“, antwortet Reiger. „Aber der wirkliche Umsetzungswille fehlt bei den anderen Parteien.“Mit der Wirtschaftskompetenz der FDP sei die Digitalisierung am besten umzusetzen.
Aber wie bringt einer in diesen Zeiten seine politische Botschaft an den Mann und die Frau? Natürlich digital. Reiger hat, wie er sagt, einen Auftritt in allen sozialen Medien. Er hat auf seiner Internetseite eine Online-Umfrage gestartet und möchte wissen, was die Wählerinnen und Wähler über Corona, Bildung, Innovation denken. Dabei bekommt er Rückmeldungen wie diese – dass es manche „klasse“fänden, wenn ein junger Kandidat dabei sei, der sich anstrenge und liberale Politik für die Ostalb machen wolle.
Unter liberaler Politik versteht Reiger, „ohne Wenn und Aber für Freiheitsrechte einzutreten“. Stichwort Corona. Der Anwalt kritisiert, dass weitreichende Grundrechtseinschränkungen ohne das Parlament beschlossen worden sind und dass die Politik sehr lange auf das Infektionsschutzgesetz warten ließ.
Beim Thema Recht ist Reiger in seinem Element. Er findet, dass sich mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch gut arbeiten lässt. Auch zum Schutz vor Datenmissbrauch. Dazu hätte man kein „Monstrum“wie die Datenschutzgrundverordnung erschaffen müssen. Überhaupt müsse die Politik Vorschriften abbauen, wenn sie die Wirtschaftskraft erhalten wolle. Der Handwerker, der Arzt, der Landwirt und viele andere berichten Reiger zufolge alle das gleiche – nämlich: „Wir ersticken in Bürokratie.“
Ein regionales Thema, das ihm am Herzen liegt, ist die SHW-Sammlung. Für Reiger verkörpern die Eisengussteile
Hightech seit Hunderten Jahren. Er möchte sie für die Region erhalten und wirbt für ein neues Museum in Wasseralfingen. Das könnte in Verbindung mit der Kultur und dem Tiefen Stollen die Wirtschaftsgeschichte zeigen, die Begeisterung für Technik wecken und ein weiterer Leuchtpunkt werden.
Reiger ist seit der Kommunalwahl 2019 Mitglied des Kreistags. Als Politiker und Wahlkämpfer ist er traurig, dass er keine Veranstaltungen und keine Vereine besuchen kann. Ihm mache es Spaß, mit den Menschen zu sprechen und zu erfahren, wo sie der Schuh drücke, sagt er. Deshalb will er unter Einhaltung der Regeln mit Infostand auf Märkte gehen.
Seinen Wahlkampf hat Reiger übrigens ganz klassisch eröffnet – auf der Straße. Im Dezember war er in Walxheim unterwegs, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und handgeschriebene Weihnachtskarten zu verteilen. Das sei eine „sehr schöne Geschichte“gewesen. Denn: Wenn es eine liberale Hochburg auf der Ostalb gebe, erläutert Reiger, sei dies tatsächlich Walxheim. Bei der Landtagswahl 2016 haben die Freien Demokraten in dem evangelischen Dorf am Jagstursprung gut 25 Prozent geholt. Bei früheren Wahlen hatten sie aber auch schon Mehrheiten von 75 Prozent. Viel Parteiprominenz kam deshalb nach Walxheim, 1980 sogar Außenminister Hans-Dietrich Genscher.