VfR: Wilde Minuten auf Kunstrasen
Mit der besten Saisonleistung erkämpft sich Aalen ein 3:3 gegen Haiger.
- „Vielleicht hat es doch bei dem einen oder anderen Klick gemacht“, meinte VfR-Trainer Roland Seitz nach dem 3:3 (2:0)-Spektakel im Nachholspiel am Mittwochmittag gegen den Tabellenzweiten TSV Steinbach Haiger. Gemeint hat er die Standpauke der Fans vor der Ostalb Arena nach der 1:3-Niederlage am Samstag gegen den SC Freiburg II. Es gehe eben dabei letztlich auch um Arbeitsplätze. Doch wer so spielt, wie gegen den mehr als ambitionierten, da finanzstarken TSV Steinbach Haiger, der sollte eigentlich mindestens in der Regionalliga bleiben.
Von Beginn war die Mannschaft um ihren Kapitän Daniel Bernhardt hellwach in der Partie. Es dauerte keine zwei Minuten bis Steffen Kienle die erste Gelegenheit vergab. Zugegeben aus spitzem Winkel schoss der Stürmer des VfR nach einem langen Ball von Gino Windmüller ans Außennetz. Es sollte mehr als ein Fingerzeig bleiben. Hier geht etwas für den VfR Aalen.
Doch da bleiben ja noch die bekannten individuellen Fehler, die der Mannschaft von Trainer Seitz beinahe in jedem Spiel unterlaufen. „Da spreche ich mich auch nicht von Schuld frei“, sagte Mittelfeldmann Daniel Stanese zur Situation vor dem ersten von drei Gegentoren an diesem Tage. Nach knapp acht Minuten verlor Nikita Marusenko das Leder im Mittelfeld leichtfertig und die Post ging ab. Kevin Lahn und Sascha Marquet spielten sich per Doppelpass schnell vor das Tor von Daniel Bernhardt. Dieser hatte gegen den Abschluss von Lahn keine Abwehrchance
– 1:0. Wieder musste der Tabellen-15., bei dem Alessandro Abruscia aus privaten Gründen im Spieltagskader fehlte, einem Rückstand nachlaufen. Steinbach Haiger, das nun besser wurde, hatte dennoch kein leichtes Spiel. „Wir haben über 90 Minuten eine gute Leistung geboten“, analysierte Seitz nachher treffend. Es dauerte allerdings bis zur 13. Minute, ehe Kienle Fernschuss für Gefahr sorgte. Nach einer Ecke von Marusenko war es schließlich Windmüller, der den Ball über das Gehäuse köpfte (16.).
Und der Tabellenzweite? Der war bemüht, aber ließ die Zielstrebigkeit im Spiel nach vorne vermissen. Die VfR-Abwehr um Marcel Appiah und Windmüller hatte leichtes Spiel, die Bälle des TSV zu verteidigen. Bis eben zur 38. Minute, als der VfR den nächsten groben Fehler machte. Ein Freistoß von Marusenko flog dem VfR um die Ohren. „Hau ihn einfach rein und einer hält den Kopf ran und fertig“, sagte Seitz über die Szene vor dem 0:2 aus Aalener Sicht. Tat der Mann aus der Jugendabteilung von Hannover 96 nicht. Er legte flach und viel zu kurz quer auf Mohamed Morabet. Der konnte den Ball allerdings nicht erreichen und wieder marschierte der TSV auf Bernhardt zu. Die Absicherung mit Tim Grupp und Appiah zu wenig gegen drei Mann. „Die spielen es dann auch gut aus“, sagte Seitz über den Konter, den Ko Sawada zur 2:0-Führung für den Favoriten vollendete.
Es hätte gar noch schlimmer kommen können, doch Sören Eismann konnte die Gelegenheit auf das mögliche 3:0 nicht nutzen. In höchster Not spitzelte der VfR den Ball aus der
Gefahrenzone (40.). So blieb es beim 2:0 für die Heimmannschaft auf dem Kunstrasenplatz in Herborn, einige Kilometer entfernt von Haiger, der eigentlichen Heimat der Mannschaft um TSV-Trainer Adrian Alipour.
Auch der zweite Durchgang begann mit einer Aalener Aktion. Nach drei Minuten war es Appiah, der den Ball über das Gehäuse von TSV-Keeper Raphael Koczor drosch. Voraus ging der Chance ein Freistoß von Marusenko, dem Seitz abzüglich seiner beiden „unglücklichen“Aktionen ein ordentliches Spiel bescherte. Nach einem weiteren Standard war es Stanese, der den Ball in die Arme von Koczor bugsierte. Halbchancen, mehr nicht. In der 61. Minute war es anders. Marusenko spielte sich bis an die Grundlinie durch, flankte nach innen und der Ball war im Netz. Der Kapitän des Zweiten, Benjamin Kirchhoff, drückte die scharfe Hereingabe unglücklich über die Linie.
Es sollte der Beginn verrückter Minuten werden. Nur zwei Minuten später stellte der VfR nämlich sogar auf 2:2. Nach einer Flanke von Morabet war Kienle per Kopf zur Stelle und traf. Eine Minute später marschierte dann Grupp in Richtung Tor der Steinbacher und setzte das Leder letztlich knapp über den Kasten. Das nächste Tor fiel dann aber dennoch und zwar für Steinbach. In Minute 67 flankte Lahn zur Mitte und Marquet durfte einschieben – 3:2 für Steinbach Haiger.
Wer nun dachte die Moral der Aalener wäre gebrochen, der täuschte sich. Denn Aalen hatte noch einem im Köcher und eben Kienle. Der Elchinger war nach einer Flanke von Leon Volz in Minute 72 zur Stelle und drückte den Ball im Fallen aus kurzer Distanz über die Linie – 3:3. Drei Tore gegen Steinbach Haiger, in der Fremde und zweimal zurückgekommen. „Es war eine tolle Moral der Mannschaft“, sagte VfR-Geschäftsführer Giuseppe Lepore und Stanese merkte an: „Wir müssen so weitermachen. Auf diese Leistung und den Punktgewinn können wir aufbauen.“
Der besagte Punkt wurde es, weil Christian März aus der Ferne nur den Querbalken traf (88.) und Bernhardt auch noch den letzten Eckball an diesem Tage der Gastgeber in der zweiten von drei Minuten Nachspielzeit sicher entschärfte. „RiesenRespekt an die Mannschaft. Das zeigt, dass wir ein Team sind“, sagte Doppelpacker Kienle, der verletzt vorzeitig vom Felde musste. Die Schulter machte Probleme. „Ich denke, es ist nichts Schlimmeres“, merkte er an. Für Bayern Alzenau am Samstag (14 Uhr) sollte es reichen. Der VfR würde ihn auch dort auf jeden Fall brauchen.
TSV Steinbach Haiger: Koczor Mihaljevic, Sawada (46. Bytyqi), Struiic, März, Hanke (66. Hoffmann), Marquet, Lahn (75. Bisanovic), Ilhan (66. Heinze), Kirchhoff, Eismann (75. Bichler).
VfR Aalen: Bernhardt - Sakai, Stanese (87. Rümmele), Grupp, Herrmann, Windmüller, Appiah, Morabet, Marusenko (71. Merk), Kienle (90. Knipfer), Volz. Tore: 1:0 Lahn (8.), 2:0 Sawada (38.), 2:1 Kirchhoff (61., ET), 2:2 Kienle (63.), 3:2 Marquet (67.), 3:3 Kienle (72.). Schiedsrichter: Philipp Michels.