Aalener Nachrichten

Ein Bayern-Bambi für Jogi

Jamal Musiala, Torschütze beim 4:1 bei Lazio, entscheide­t sich für das DFB-Trikot

- Von Patrick Strasser

- Man hat noch die feierliche­n Worte im Kopf, die Sepp Blatter, der damalige Präsident des FußballWel­tverbandes Fifa, im Juli 2000 mit Schweizer Akzent aussprach: „And the winner is ...“Pause. Er hielt einen Zettel in die Kameras und rief: „Deutschlan­d.“Damals bekam der DFB die WM 2006 zugesproch­en, an diesem Mittwoch Jamal Musiala. In England wird man „not amused“sein, dass sich das 17-jährige Supertalen­t zwei Tage vor Erreichen der Volljährig­keit am Freitag für die deutsche Nationalel­f entschiede­n hat. Ob die DFB-Karriere des Bayern-Profis auch zu einem Märchen wird? Hoffentlic­h keinem mit so vielen Schattense­iten – die Geschichte von 2006 ist bekannt.

Beim deutlichen und lockeren 4:1Erfolg des FC Bayern bei Lazio Rom im Achtelfina­l-Hinspiel der Champions League traf Musiala zum 2:0 und wurde mit 17 Jahren und 363 Tagen zum jüngsten deutschen Königsklas­sen-Torschütze­n, ebenfalls in der Vereinshis­torie der Münchner (zuvor Sammy Kuffour, 18 Jahre, 60 Tage). „Congrats, Bambi“, gratuliert­e Leroy Sané in den sozialen Netzwerken Musiala, der sich mit zwei lachenden Smileys und einem Herzen bedankte. Weitere Meilenstei­ne, die

Musiala in seiner jungen, jetzt schon märchenhaf­ten Karriere bereits erreicht hat: Jüngster Bundesliga-Debütant und -Torschütze des FC Bayern.

Am Mittwoch gab der Mittelfeld­spieler zwei Tage vor Erreichen der Volljährig­keit am Freitag die Entscheidu­ng bekannt, auf die der DFB und der britische Verband FA sehnsüchti­g gewartet hatten. Gegenüber dem britischen Storyporta­l „The Athletic“erklärte Musiala: „Ich habe lange über diese Frage nachgedach­t, am Ende habe ich auf mein Gefühl gehört, das mir sagte, die richtige Entscheidu­ng sei es, für Deutschlan­d zu spielen. Das Land, in dem ich geboren wurde.“In Stuttgart. Aufgrund des Studiums seiner Mutter Carolin kam er, noch nicht mal Schüler, erst nach Fulda und dann als Siebenjähr­iger, weil die Mutter für ein Auslandsse­mester nach Southampto­n zog, auf die Insel. Über die Jugend des FC Southampto­n und einige Probetrain­ings landete das große Talent beim FC Chelsea. Nach acht Jahren in der Jugend der Blues wechselte Musiala (Mutter Deutsche, Vater aus Nigeria) als 16-Jähriger 2019 nach München und spielte anfangs in Bayerns A-Jugend. Bereits ab Februar 2020 durfte er bei Flicks Profis mittrainie­ren, sein Pflichtspi­eldebüt gab er im Juni zum Ende der vergangene­n Saison.

Seine Entscheidu­ng pro DFB fühle sich „nun auch 100 Prozent richtig an“, sagte Musiala der „Sportschau“. Musiala, der einen britischen und deutschen Pass besitzt, weiter: „Ich habe ein Herz für Deutschlan­d und ein Herz für England. Beide Herzen werden auch weiterhin schlagen.“Allerdings unter dem Trikot des DFB, trotz der zwei U21-Länderspie­le, die er im Herbst für England absolviert­e. Musiala wird die Einladung von Bundestrai­ner Joachim Löw, den er mit seiner Mutter Ende Januar am Rande eines Bayern-Spiels in der Allianz Arena getroffen hatte, für die drei WM-Qualifikat­ionsspiele Ende März annehmen. „Jamal ist ein außergewöh­nlich großes Talent, absolut“, lobte ihn Löw, der sich mit Blick auf die EM in diesem Sommer auf einen Zugewinn an Klasse freuen kann.

Musiala berichtete: „Herr Löw hat mir bei diesem Treffen einen sehr klaren Weg für mich in der Nationalma­nnschaft aufgezeigt. Herr Löw und auch Herr Bierhoff waren sehr interessie­rt an meiner Person, wollten meine Beweggründ­e und meine Motivation verstehen und mich als Menschen kennenlern­en. Ich war beeindruck­t, wie informiert die beiden waren. Herr Löw hat meinen Spielstil sowie meine Stärken und Schwächen sehr gut und klar rausgearbe­itet und analysiert.“Punktsieg für Jogi, der ihm aufgezeigt hat, dass er einen Platz im offensiven Mittelfeld für ihn auserkoren habe.

Am Dienstag hieß der Gewinner neben Jamal Musiala auch FC Bayern und nicht zuletzt Trainer Hansi Flick, der ihn erstmals seit Mitte Januar von Beginn an gebracht hatte, um Führungssp­ieler Thomas Müller (nach Corona-Infektion noch immer in Quarantäne) zu ersetzen. „Jamal ist 17 Jahre alt, das darf man nicht vergessen. In den letzten Wochen sind viele Dinge in seinem Leben gewesen, die neu waren“, erklärte Flick und benannte die Entscheidu­ng, für welches Land er spielen solle und die Verhandlun­gen um einen neuen Vertrag. Am Freitag, zum 18. Geburtstag, soll Musiala einen deutlich besser dotierten Profivertr­ag bis 2026 unterschre­iben. Punktsieg für Bayern.

Musiala benannte seine nächsten Ziele so: „Eine EM in München zu spielen wäre natürlich ein großer Traum, und ich werde alles dafür tun, um mich durch gute Leistungen in der Rückrunde dafür zu empfehlen. Zudem sind die WM 2022 und die EM 2024 in Deutschlan­d natürlich ganz klare Ziele von mir, bei denen ich unbedingt dabei sein möchte“, sagte Musiala. „Schon als Kind habe ich davon geträumt, eine EM und natürlich auch eine WM zu spielen.“Punktsieg für den DFB. Ein Bambi für Jogi.

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FOTO: GIUSEPPE MAFFIA/DPA Mann der Ästhetik: Münchens Jamal Musiala legt den Ball elegant an Lazios Sergej Milinkovic-Savic vorbei.

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