Der Minensucher mit dem Kuli-Tick
Früher, als Menschen noch leibhaftige Kollegen im Büro und nicht bloß virtuelle Quasselkasper am Bildschirm hatten, war der Kugelschreiber eine beliebte Trophäe zum Mitgehenlassen. Als zwischenmenschliche Beute im persönlichen Kontakt, den es ja im Homeoffice nicht mehr gibt. Insofern müsste die Kugelschreiberindustrie derzeit darniederliegen, weil niemand mehr seine Bestände auffüllt, wenn kein Mensch mehr Kugelschreiber klaut.
Einer, der kugelschreibertechnisch den Hals nicht vollkriegen kann, ist ein gewisser Gerd Reck. Der Ostfriese hat 150 000 davon in seiner Sammlung. Legal erworben, nicht geklaut. Bilder zeigen einen glücklichen Menschen vor Holzregalen, in denen es vor Kugelschreibern nur so wimmelt. Ein Schreibwarenladen ist nichts dagegen. Ziel sei es, so sagt der seit 27 Jahren sammelnde Kuli-Guru, einen neuen Rekord aufzustellen und sich im Guinnessbuch zu verewigen. Kugelschreiber faszinieren den Minensucher einfach, sagt er in einem Video. Nachbarn, Freunde und inzwischen auch Unbekannte überschütten ihn mit Kugelschreibern, sodass er seinem erklärten Ziel – 300 000 Kulis – stetig näherrückt.
So viele Kulis müssen es für die meisten Kollegen im Büro freilich nicht sein. Zehn bis 20 unauffällig eingesteckte Schreiber reichen völlig aus, um selbst wiederum nach Kräften beklaut werden zu können. Hochqualifizierte Kugelschreiberexperten prophezeien dem Schreibgerät allerdings eine düstere Zukunft: Denn die Digitalisierung braucht keine Kulis. Eine Tragödie für Gerd Reck. Und alle Kollegen.