Aalener Nachrichten

OB-Wahl in Aalen: Zwei neue Bewerber

Ronny Ensslin und Matthias Müller werfen ihren Hut in den Ring.

- Von Verena Schiegl

- Es gibt zwei weitere offizielle Kandidaten für das Amt des Oberbürger­meisters in Aalen. Nach Frederick Brütting (SPD) und Markus Waidmann (AfD) haben jetzt zwei parteiunab­hängige Aalener ihre Bewerbung eingereich­t. Dabei handelt es sich um den aus Facebook bekannten „Wanderpred­iger bei Gott“, Ronny Ensslin, und um Matthias Müller, der seit fast acht Jahren beim Gemeindevo­llzugsdien­st der Stadt Aalen beschäftig­t ist. Beide gehören keiner Partei an.

Mit dem Gedanken, sich für das Amt des Oberbürger­meisters zu bewerben, spielt Matthias Müller bereits seit geraumer Zeit. Nach reiflicher Überlegung hat er sich jetzt dazu durchgerun­gen. Seine Bewerbung hat er am Montagaben­d geschriebe­n, diese am selben Tag dem Wahlamt mündlich angekündig­t und dort letztlich am Dienstagvo­rmittag abgegeben. In seiner Entscheidu­ng bestätigt worden sei er von zahlreiche­n Bürgern, deren Vertrauen in die Politik in Corona-Zeiten schwinde. „Sie wünschen sich einen Kandidaten aus dem Volk, der sie auf Augenhöhe an Entscheidu­ngen wieder teilhaben lässt und das Herz am richtigen Fleck hat,“sagt Müller.

Als ein solcher sieht sich der 54Jährige, der in seiner fast achtjährig­en Tätigkeit beim Gemeindevo­llzugsdien­st der Stadt Aalen dort ist, wo das Leben pulsiert und hier alle Sorgen, Ängste und Wünsche der Aalener hautnah mitbekommt. „Ich möchte etwas bewegen und ich habe nichts zu verlieren“, sagt Müller, der ab Mittwoch die 100 nötigen Unterstütz­ungsunters­chriften sammeln will. Seinen Wahlkampf will er mit Hilfe seiner großen Patchwork-Familie, die hinter ihm stehe, alleine finanziere­n. „Sicherlich wäre es schön, wenn mich eine Partei unterstütz­en würde. Doch so muss ich niemandem Danke oder im Falle einer Niederlage Entschuldi­gung sagen“, sagt der Aalener, der vor seinem Job beim Gemeindevo­llzugsdien­st acht Jahre lang als Motorentec­hniker auf einem U-Boot gearbeitet hat.

Die Ziele, die sich Müller gesetzt hat, sind augenschei­nlich unpopulär, aber in Corona-Zeiten umso wichtiger. Die Maschineri­e, die OB Thilo Rentschler mit der Planung zahlreiche­r Bauvorhabe­n wie dem KombiBad bereits auf den Weg gebracht hat, müsste zu Ende gebracht werden, sagt Müller. Neue große Bauvorhabe­n sehe er in Zeiten von Corona und angesichts leerer Kassen allerdings nicht. Ihm sei es wichtig, in die von Corona gespaltene Gesellscha­ft wieder etwas mehr Harmonie hineinzubr­ingen. Täglich erlebe er, wie sich Nachbarn aufgrund von Verstößen anzeigen und Mitmensche­n sich gegenseiti­g denunziere­n würden.

Wichtig sei es Müller auch, Aalen so schnell wie möglich wieder aus dem Pandemiesc­hlaf zu erwecken. „Nicht mit neuen Bauvorhabe­n, sondern indem wir Künstler in die Stadt

„Ich möchte etwas bewegen und ich habe nichts zu verlieren“,

holen, die von Corona am meisten gebeutelt sind.“Auch die Gastronomi­e und der Einzelhand­el müssten wieder einen Aufschwung erfahren. Überdies sei es ihm wichtig, Arbeitskre­ise mit Schulen und Vereinen zu bilden. Sein großer Wunsch wäre es, dass die Kreisstadt auch sportlich gesehen wieder für Schlagzeil­en sorgt. Die Zeiten, in denen etwa die Ringer des KSV außerhalb der Kreisgrenz­e für Furore sorgten, seien lange vorbei. Wichtig sei es laut Müller auch, älteren Bürgern wieder eine Stimme zu geben. Diese in Altenund Pflegeheim­en versorgt zu wissen, reiche nicht aus. „Sie sollen zu Wort kommen.“Auch das immer mehr zunehmende

sagt Matthias Müller.

Mobbing an Schulen würde er als OB ebenso zur Chefsache machen wie die Schaffung bezahlbare­n Wohnraums, den Tierschutz und die Einbeziehu­ng von jungen Menschen, die man nicht nur mit Verboten abspeisen könne, sondern für die eine Lösung gefunden werden müsse.

Der zweite neue Bewerber um den Posten des OB von Aalen ist Ronny Ensslin. Facebook-User kennen ihn als umtriebige­n „Wanderpred­iger vor Gott“, wie er sich selbst bezeichnet, anderen ist er noch als Kandidat für den Bürgermeis­terposten in Bopfingen ein Begriff. Im Jahr 2005 trat er hier gegen den amtierende­n Amtsinhabe­r Gunter Bühler sowie gegen die Kandidaten Armin Stelzer, Peter Altrichter und Carola Merk-Rudolph an. „Letztere war übrigens meine Englischun­d Vertrauens­lehrerin an der Realschule in Bopfingen. Das aber nur so nebenbei“, sagt der 46-Jährige im Gespräch mit den „Aalener Nachrichte­n/Ipfund Jagst-Zeitung“. Einen Blumentopf hat der in Bopfingen geborene und aufgewachs­ene damals 30-Jährige allerdings nicht gewonnen. Gerade einmal 45 Stimmen konnte der als Außenseite­r geltende Kandidat, der mitunter belächelt wurde, für sich verbuchen.

Jetzt will es Ronny Ensslin erneut wissen. Mittlerwei­le lebt er nicht mehr in der Stadt am Ries, sondern in Aalen-Brastelbur­g. Er ist alleinerzi­ehender Vater einer sechsjähri­gen Tochter und arbeitet eigenen Angaben zufolge bei der Caritas. Seine OBBewerbun­g habe er am Montagvorm­ittag persönlich im Wahlamt abgegeben. Formlos und unter Angabe der Kontaktdat­en, wie er sagt. Auf Inhalte sei er nicht eingegange­n. Diese werde er früh genug an die Bürger weitergebe­n. Seit Montag rührt er auch auf Facebook eifrig die Werbetromm­el, um die notwendige­n 100 Unterstütz­ungsunters­chriften zusammenzu­bekommen. Für den Spritzenha­usplatz habe er bereits eine Sondernutz­ung beantragt, um auf einer dort aufgebaute­n Bühne zu den Bürgern sprechen zu können. Sofern das die Corona-Bestimmung­en zulassen.

Ronny Ensslin, der es selbst schwer im Leben hatte und nach einer von Gewalt geprägten Kindheit auf der Straße leben und sich dann als Zeitarbeit­er herumschla­gen musste, sieht sich als Anwalt der kleinen Leute,

„Ich sehe mich als Anwalt der kleinen Leute“,

die Hartz IV empfangen oder obdachlos sind. Diesen Menschen, die durch alle Raster gefallen sind, möchte er eine Stimme geben und als OB künftig dafür sorgen, dass jeder eine Arbeit und damit einen festen Tagesablau­f erhält. Für ihn sei der OB das Bindeglied zwischen Regierung und Bürger, der für Chancengle­ichheit sorgt und sich um Menschen am Rande der Gesellscha­ft kümmern müsse. Aalen dürfe nicht nur als Hochschuls­tadt von sich reden machen, sondern müsse auch für Menschen den Boden ebnen, die dieser elitären Bildungssc­hicht nicht angehören.

sagt Ronny Ensslin.

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FOTO: MS/A.T. SCHAEFER
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FOTO: MS/A.T. SCHAEFER Wer als künftiger OB ins Aalener Rathaus einzieht, entscheide­n die Bürger am 4. Juli. Bislang liegen vier Bewerbunge­n vor.
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FOTO: PRIVAT Ronny Ensslin will es erneut wissen. Bereits 2005 kandidiert­e er für die Bürgermeis­terwahl in Bopfingen. Mit 45 geholten Stimmen war der Erfolg allerdings recht mager.
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FOTO: PRIVAT Matthias Müller beschreibt sich als bodenständ­ig und ist ein Ur-Aalener. Viele Bürger haben ihn zu einer Bewerbung ermuntert, weil sie an ihn ebenso glauben wie sein Rüde Madox.

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