Rummenigge will Vermittler sein
Im Kampf gegen Super League setzt die UEFA auf Rummenigge – Erste Clubs ziehen zurück
(dpa) Karl-Heinz Rummenigge will nach seiner Rückkehr ins UEFA-Exekutivkomitee Schlichter zwischen der Europäischen Fußball-Union und den zwölf Clubs der Super League sein. „Ich war und bin ein Freund des Dialoges und möchte versuchen, als Mediator zwischen der UEFA und den zwölf abtrünnigen Vereinen zu vermitteln“, sagte der 65-jährige Vorstandschef des FC Bayern am Dienstag. Die Münchner wollen nicht Teil der Super League sein.
(dpa) - Nach weniger als 48 Stunden im maximalen Proteststurm des europäischen Fußballs ist die Super League schon wieder kollabiert. Als erster Club bestätigte am späten Dienstagabend der englische Titelaspirant Manchester City in einer dreizeiligen Mitteilung den Rückzug aus dem Milliarden-Projekt. Der FC Chelsea, dessen Fans zuvor lautstark auf der Straße demonstriert hatten, soll laut britischen Medien bald folgen. Auch die Macher des spanischen Nobelclubs FC Barcelona und von Atlético Madrid sollen ähnliche Überlegungen umtreiben.
Der britische Premierminister Boris Johnson schrieb bei Twitter von der „absolut richtigen Entscheidung“. Er hoffe, dass die anderen Initiatoren der Super League dem Beispiel folgen. Aleksander Ceferin, Präsident der Europäischen Fußball-Union (UEFA) und ärgster Widersacher des Konkurrenzwettbewerbs, zeigte sich hocherfreut. Die City-Führung hätte überaus vernünftig gehandelt, „auf die vielen Stimmen, insbesondere der eigenen Fans“zu hören, sagte der Slowene.
Am Dienstagabend hatten bereits etliche Chelsea-Fans vor dem Stadion Stamford Bridge in London gefeiert, wie auf Videos in den sozialen Netzwerken zu sehen war. Eine Stellungnahme der Organisatoren der Super League, die in der Nacht zum Montag angekündigt worden war, gab es zunächst nicht.
Für den europäischen Fußball endeten damit zwei denkwürdige Tage vergangen. Karl-Heinz Rummenigge kehrte urplötzlich als Hoffnungsträger zurück auf die internationalen Funktionärsbühne. Der Vorstandschef des FC Bayern München wurde am Dienstagmittag ins Exekutivkomitee der UEFA berufen, die in Montreux einen Kongress voller Warnungen an die da noch zwölf abtrünnigen Super-League-Clubs abgehalten hatte. Rummenigge wurde in Abwesenheit als Ersatzmann für den als bösen Buben geschassten Juve-Boss Andrea Agnelli und Vermittler im urplötzlichen Riesen-Zoff nach vier Jahren Pause wieder in die Fußball-Kontinentalregierung aufgenommen.
Beim Kongress gingen die Wortgefechte des Vortrags mit RauswurfDrohungen aus Champions League und EM-Turnier gegen die zwölf abtrünigen Clubs weiter. In seinem 15Minuten-Rundumschlag hatte Ceferin für Rummenigge als Gegenpol zu den Super-League-Clubs aus Italien, England und Spanien freundliche Worte parat. „Extrem dankbar“, sei er ihm. „Du bist ein fantastischer Ehrenvorsitzender der European Club Association“, sagte der Slowene. Der FC
Bayern gilt durch sein Nein zur Eliteliga plötzlich als Parade-Verein der Aufrichtigen.
Rummenigge bekannte: „Es stand nicht mehr in meiner Lebensplanung, noch einmal Mitglied der UEFA-Exekutive zu werden.“In der tiefen Krise wolle er aber das Hilfsgesuch von Ceferin und den ECA-Mitgliedern nicht ablehnen. „Ich liebe den Fußball und fühle mich auch verantwortlich, deshalb ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, dem europäischen Vereinsfußball und der UEFA zu helfen, dass unsere Wettbewerbsstrukturen in Europa erhalten bleiben“, sagte Rummenigge. Er wolle „als Mediator zwischen der UEFA und den zwölf abtrünnigen Vereinen“vermitteln.
Rummenigge rückt nun plötzlich bis ins Frühjahr 2024 und damit noch gut zwei Jahre nach dem Ende seiner Amtszeit in München an der Spitze eines deutschen Trios in den wichtigen internationalen Gremien von FIFA und UEFA. DFB-Vize Rainer Koch wurde sogar in der UEFA-Exekutive bestätigt, sein nationaler Amtskollege Peter Peters rückt ins Council des Weltverbandes auf. „Es ist elementar wichtig, dass unsere Stimme dort angesichts der zahlreichen aktuellen Herausforderungen, vor denen der Fußball steht, gehört wird“, sagte DFB-Präsident Fritz Keller.
Bei der Herausforderung Super
League scheint sich schneller eine Lösung anzubahnen als gedacht. Am Dienstagabend war UEFA-Präsident Ceferin schon wieder erfreut, Manchester City zurück in der „europäischen Fußballfamilie“begrüßen zu dürfen.
Ungewohnte Unterstützung hatte er von FIFA-Präsident Gianni Infantino bekommen. „Wenn einige wählen, ihren eigenen Weg zu gehen, müssen sie mit den Konsequenzen leben“, deutete der Schweizer Sanktionen für die abtrünnigen Clubs an. Diese hatte auch DFB-Boss Keller überraschend deutlich angemahnt. „Das egoistische Verhalten dieser zwölf Vereine hat mit dem Spiel, in das wir uns als Kinder verliebt haben, nichts mehr zu tun. Die Vereine und ihre Nachwuchsmannschaften sollten von allen Wettbewerben ausgeschlossen werden, bis sie wieder an ihre vielen Anhänger denken, die sie erst zu den größten Clubs der Welt gemacht haben – und nicht nur an ihre Geldbeutel.“
Mit dieser Verve reichte Keller an das eindeutige Fan-Votum heran. In Dortmund setzten wütende BVBFans mit einem Banner ein Zeichen. „Klare Worte statt leere Zeilen“, schrieben die Fans in schwarzer Schrift auf ein großes gelbes Plakat, das an einem Zaun gegenüber der Dortmunder Geschäftsstelle hing.
„ESL (European Super League) Absage jetzt und für immer.“
Ähnlich definitiv waren die Reaktionen in England. In der aufgeladenen Stimmung mischten wie gewohnt die verbalradikalen Medien und sogar Königshaus und Politik mit. „The Telegraph“schrieb von der „ZombieApokalypse des Fußballs auf der Suche nach frischem Fleisch“. Ein Verantwortlicher eines anderen SuperLeague-Teilnehmers habe eine Todesdrohung über soziale Netzwerke erhalten, behauptete ein namentlich nicht genannter Vereinsfunktionär bei Sky.
Premierminister Johnson hatte in der „Sun“angekündigt, dem „lächerlichen“Milliardenprojekt die Rote Karte zu zeigen. Sein Sportminister Oliver Dowden stellte im Parlament drastische Ideen vor, um die „Big Six“, die englischen Spitzenvereine, von einer Teilnahme abzuhalten.
Die Debatte über einen sofortigen Champions-League-Rauswurf nahm sofort Fahrt auf. Ob das rechtlich möglich ist, prüft die UEFA. Ob das für die verbleibenden Clubs der Super League noch nötig ist, war am Dienstagabend nicht abzusehen. Laut der Statuten bedarf jeder neue Wettbewerb der Zustimmung des Dachverbandes. Allerdings geht die Frage über Konkurrenzprodukte tief ins EU-Recht.