„Die nächsten Wochen werden schlimm“
Klinikchef Solzbach erwartet Ende Mai eine Entspannung der Corona-Situation
- „Wir sind gerade in der dritten Welle der Corona-Pandemie. Die nächsten zwei bis drei Wochen werden ganz schlimm. Aber Ende Mai können wir durchatmen.“Dies hat der Vorstandsvorsitzende der Kliniken Ostalb, Professor Ulrich Solzbach, am Dienstag in einer virtuellen Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses des Kreistags gesagt. Der Klinikchef erwartet jedoch keine katastrophale Situation. „Wir haben das bisher immer gut hingekriegt.“Für nicht notwendig hielt er die Einrichtung von zwei Notfallzentren, wie sie die SPD beantragt hatte.
Die Sozialdemokraten hatten am Montag gefordert, die Behelfskrankenhäuser sofort zu reaktivieren, die der Landkreis im vergangenen Jahr bei Beginn der Pandemie bei der Ulrich-Pfeifle-Halle in Aalen und der Schwerzerhalle in Schwäbisch Gmünd eingerichtet, dann aber nicht gebraucht hatte. Vor einem Jahr, blendete Solzbach zurück, hätten zwar Schutzmaterialien, Beatmungsgeräte und Intensivbetten, aber keine Betten an sich gefehlt.
Angesichts der Bilder aus Bergamo mit dem Transport von Särgen durch die Armee und Bildern von hilfesuchenden Patienten vor den Kliniken habe man in Aalen und Schwäbisch Gmünd die beiden Behelfskrankenhäuser mit jeweils 100 Betten eingerichtet. Gebraucht habe man sie aber glücklicherweise nicht, weil die Kliniken in den Notfallmodus gegangen seien. Man habe priorisiert – mit der Konsequenz, dass Operationen, die nicht Folge eines Notfalls waren, verschoben worden seien, Leistenbrüche etwa.
Dadurch habe man zehn bis 20 Prozent mehr Intensivplätze geschaffen und Fachkräfte aus den Operationsbereichen dafür rekrutiert. „So sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen.“
Aus der zweiten Welle habe man gelernt, sagte Solzbach weiter, dass man bei Patienten an den Beatmungsgeräten zu früh intubiert habe, weswegen viele gestorben seien. Nun habe man es mit einem mutierten Virus zu tun, der eine ganz andere Dynamik entwickle. Der Mediziner: „Dessen Wucht erfahren wir gerade seit drei bis vier Wochen.“Betroffen seien nun viel jüngere Leute, die Intensivstationen seien zu mehr als der Hälfte mit Covid-Patienten belegt und diese müssten länger bleiben.
Durch das Herunterfahren des normalen Betriebs habe man nun alle Kräfte gebündelt. Zugute komme den Kliniken, sagte Solzbach weiter, dass etwa 70 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geimpft und damit geschützt seien. „Das ist sehr gut und auf sie kann man sich verlassen.“
Man hätte aber kein Personal für die Behelfskrankenhäuser, so der Klinikchef weiter. „Diese sind also nicht das, was wir gerade brauchen. Wir bräuchten Intensivpersonal, und das ist nicht da.“Den Pool der 35 Intensivbetten könne man maximal auf 45 erhöhen, indem Patienten zügig entlassen werden. Auch eine steigende Impfquote helfe. Jetzt sei die Situation sehr angespannt, die Nerven lägen blank, aber Ende Mai könne man durchatmen.
Bernhard Richter (SPD) sorgte sich um die Menschen, die sich eigentlich operieren lassen müssten, sich aber nicht in die Kliniken trauten und deswegen stürben. Er fürchte daher eine Art Kollateralschäden. Deswegen dringe sein Fraktionskollege Peter Gangl auf die Behelfskrankenhäuser. Zumal sich im vergangenen Jahr gezeigt habe, dass viele Menschen bereit gewesen wären, hier auszuhelfen. „Uns treibt die
Sorge um, ob die Kliniken das alles leisten können.“Diesen Hinweis verband der Redner mit einem Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kliniken, die Richter zufolge Bewundernswertes leisten.
Bislang seien die Intensivstationen jeweils zur Hälfte mit Notfallpatienten und mit Patienten nach geplanten Operationen belegt gewesen, sagte Solzbach. Das verschiebe sich nun und man müsse gut abwägen, was dringlich sei. „Das haben wir bisher aber gut hingekriegt und es sind durchaus noch Betten frei.“
Man habe bisher keine Notfälle abweisen müssen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kliniken auf
Anfrage von Josef Bühler (Freie Wähler). Die Kliniken seien erst seit dieser Woche wieder im Notfallmodus. Er rechne nicht mit einer so katastrophalen Situation wie in anderen europäischen Ländern.
Landrat Joachim Bläse wandte sich mit einem dringenden Appell an die Bevölkerung, sich an die Regeln zu halten. Es gehe darum, wieder auf Inzidenzen unter 200 und 100 zu kommen, damit der Alltag wieder normal funktioniere. Es gehe darum, durch das eigene Verhalten neue Fälle zu verhindern. Dazu werde auch der Kreistag seinen Beitrag leisten: Er tage am kommenden Dienstag virtuell.