Krankenstand fällt auf Rekordtief
Derzeit fehlen weniger Beschäftigte bei der Arbeit – Gründe bieten Anlass zur Sorge
(epd) - Dank der Abstandsund Hygieneregeln sowie der eingeschränkten Kontakte sind Arbeitnehmer in Corona-Zeiten offenbar seltener krank: Mit 3,8 Prozent ist der Krankenstand der Erwerbstätigen im ersten Quartal 2021 so niedrig wie seit 13 Jahren nicht mehr, wie die Techniker Krankenkasse (TK) am Montag in Hamburg mitteilte. So betrug der Krankenstand im ersten Quartal des vergangenen Jahres 5,1 Prozent, 2019 waren es 4,8 Prozent. Die Diagnose Covid-19 spielte mit einem Anteil von 0,87 Prozent nur eine untergeordnete Rolle. Die Fehltage seien vor allem bei den Erkältungskrankheiten und Grippe zurückgegangen, sagte der TK-Vorstandschef Jens Baas.
(dpa) - Weniger Fahrten in der vollen S-Bahn, Angst vor dem Arztbesuch und auch mal leicht kränklich im Homeoffice arbeiten: Der Krankenstand unter den Beschäftigten ist in der Corona-Pandemie auf ein Rekordtief gesunken. Die Techniker Krankenkasse (TK) meldete für das erste Quartal mit 3,8 Prozent ausgefallener Arbeitszeit den niedrigsten Stand seit 13 Jahren. Insbesondere Erkältungskrankheiten seien stark zurückgegangen. Ausfälle wegen Covid-19-Erkrankungen spielten hingegen kaum eine Rolle. Auch die AOK berichtet von einem Rückgang. Und bei der Barmer Krankenkasse halbierte sich der Anteil der Versicherten fast, die mindestens einen Tag krankgeschrieben waren.
„Es zeigt sich, dass die Abstandsund Hygieneregeln sowie die eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten auch die Verbreitung anderer Infektionserreger verhindern“, sagte TKChef Jens Baas. Die Grippewelle sei ausgeblieben. Sonst sorge sie in der Regel alle zwei Jahre im Februar für mehr Krankschreibungen. In den ersten drei Monaten der Vorjahre hatte der Krankenstand bei der TK noch bei jeweils rund fünf Prozent gelegen. Zuletzt war auch der Absatz von rezeptfreien Erkältungsmitteln eingebrochen. Die Apothekervereinigung ABDA hatte das auf die Corona-Maßnahmen zurückgeführt.
Auch die Krankenkasse AOK verzeichnete in den ersten drei Monaten des Jahres einen deutlichen Rückgang beim Krankenstand ihrer Versicherten. Mit 5,1 Prozent lag der Wert im ersten Quartal 2021 unter dem Wert von 6,6 Prozent im Vorjahreszeitraum. Unter dem Krankenstand versteht man den prozentualen Anteil der Fehltage zur Sollarbeitszeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgrund einer Krankschreibung. Die Barmer nennt einen anderen Wert: Hier waren im ersten Quartal 18 Prozent der Versicherten zwischen 15 und 64 mindestens einen Tag krankgeschrieben – im Vorjahresquartal hatte der Anteil noch bei 30 Prozent gelegen.
„Wir vermuten, dass viele Beschäftigte aus Angst vor Ansteckung auf einen Arztbesuch verzichtet haben“, erläuterte der stellvertretende Geschäftsführer des wissenschaftlichen Instituts der AOK, Helmut
Schröder. Aus Sicht der Barmer steigt damit auch das Risiko, Krankheiten zu verschleppen. „Aufgrund der Corona-Pandemie werden zum Beispiel Tausende Krebserkrankungen in Deutschland zu spät oder gar nicht entdeckt“, erläuterte ein Sprecher. Wer sich krank fühle, solle daher unbedingt zum Arzt gehen.
Hinzu kommt: Wer im Homeoffice arbeitet, setzt sich im Zweifel auch mal leicht angeschlagen an den Laptop. Das belegt eine Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit. Demnach gaben im Februar rund drei Viertel der Befragten im Homeoffice an, auch mal mit leichten Erkältungssymptomen arbeiten zu können – wegen derer sie sich sonst krank melden müssten.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht darin ein Problem. „Weniger Krankmeldungen bedeuten nicht automatisch, dass tatsächlich weniger Beschäftigte krank waren“, sagte Vorstandsmitglied Anja Piel. Bereits vor der Pandemie sei ein Großteil der Beschäftigten zur Arbeit gegangen, obwohl sie sich krank fühlten. Wer jetzt keinen Arbeitsweg mehr habe, sehe sich im Homeoffice eher verpflichtet, trotz leichter Erkrankung
zu arbeiten. Langfristig erhöhe sich dadurch das Risiko chronischer Erkrankungen.
Doch wer sich angesichts des niedrigen Krankenstands nun Hoffnungen auf eine finanzielle Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen oder gar auf niedrigere Kassenbeiträge macht, könnte enttäuscht werden. „Der Rückgang des Krankenstandes alleine ist noch kein verlässlicher Hinweis darauf, dass möglicherweise auch die Ausgaben für Krankenbehandlungen zurückgehen“, sagte der Sprecher des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen, Florian Lanz. Etliche chronisch Erkrankte etwa müssten über Jahrzehnte teure Medikamente nehmen, seien aber nicht krankgeschrieben.
Die Diagnose Covid-19 spielte bei den Krankschreibungen der Erwerbstätigen im Vergleich zu den anderen Diagnosen eine untergeordnete Rolle. Insgesamt verzeichnete die TK im ersten Quartal 1,08 Millionen Krankschreibungen, davon 9381 aufgrund von Covid-19. Und nach Angaben der Betriebskrankenkassen gingen im Monat März lediglich 0,9 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage auf Covid-19 zurück.